Laura Marling - Patterns in repeat
Chrysalis / Partisan / Rough TradeVÖ: 25.10.2024
Mama Leisa
So schnell kann aus Theorie Praxis werden. Fragte sich Kollege Marvin Tyczkowski 2020 noch, ob Laura Marling passend zum Titel ihres Albums "Songs for our daughter" Mutter geworden sei, um es dann zu verneinen, sieht die Antwort 2024 anders aus: Die britische Folk-Sängerin hat eine Tochter auf die Welt gebracht. Ein bisschen Angst hatte sie davor, was das für ihre Musik bedeuten würde, weil so ein Kind ja noch mal ein ganz anderes Projekt ist. Nur um dann festzustellen, dass neben dem Alltäglichen tatsächlich noch ganz viel Zeit fürs Sitzen nur mit Gitarre blieb und sie noch dazu das erste Mal jemandem beim Schreiben in die Augen schauen konnte und da sicher ganz viel Liebe und Begeisterung zu spüren war. Die elf Anspielpunkte wurden dann auch noch im hauseigenen Studio aufgenommen, also quasi mit Kind nebenan und nachträglich nur geringfügig mit zusätzlichen Elementen angereichert. Das achte Album von Laura Marling und das erste seit vier Jahren ist deshalb mit Abstand ihr kleinstes, aber auf keinen Fall ihr geringstes.
Doch zunächst zeichnet der Opener "Child of mine" mit Familienmomentaufnahme, Gitarre und engelhaftem Hintergrundgesang den Rahmen, der langsam mit kleinen Klaviertönen und tiefen Streichern das Bild vervollständigt: "Everything you want is in your reach right now / And anything that's not I have to teach somehow." Wesentlich größer wird es auf dem Album, das komplett ohne Percussion auskommt, kaum werden. Das erste Highlight "Patterns" zieht wohlklingende Wörter in die Länge, verlässt sich auf eine einfache Tonfolge und ist die vertraute Umarmung, die sogar das anschließende Flüstern nicht unangenehm macht. Wenn es mal nicht die Gitarre ist, steht in "No one's gonna love you like I can" ein dumpfes Piano im Hintergrund, und ein Rauschen liegt über der Aufnahme. Statt eines Cellos darf eine Violine hier etwas höher streichen.
"Patterns in repeat" ist aber kein Konzeptalbum über das Muttersein. "The shadows" gibt sich beispielsweise programmatisch düsterer und in seiner Sprache nicht zeitgenössisch, passt also eher zu Marlings Frühphase: "Someone was sleeping while she did her leaving / Cowards go in the night." Und auch "Caroline" ist irgendwann in der Vergangenheit verflossen, auch wenn es in der Retrospektive versöhnlich klingt. Hier legt sich die Sängerin mit tieferer Intonation und mehr Überzeugung über ein elegantes Gitarrenmotiv und singt eine längst vergessene Melodie: "La la la, something, something, Caroline." Ein bisschen größer wird es noch mal mit dem Titelsong, in dem es beim Gesang Unterstützung gibt und an dem Marlings Partner George Jephson mitgeschrieben hat. Dann aber wird es Zeit zu gehen, und "Lullaby (Instrumental)" döst auf angenehme Weise weg. Das achte Album der Londonerin ist keins, das vom Hocker reißt, aber das sich wie ein warmes musikalisches Elternhaus anfühlt, in dem etwas Wunderbares wachsen kann.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Patterns
- The shadows
- Caroline
Tracklist
- Child of mine
- Patterns
- Your girl
- No one's gonna love you like I can
- The shadows
- Interlude (Time passages)
- Caroline
- Looking back
- Lullaby
- Patterns in repeat
- Lullaby (Instrumental)
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Unangemeldeter
2025-08-19 15:59:00
paint dots on your wrists to see me in your dreams
Vielleicht kommt die laute Laura ja pünktlich zur Trotzphase wieder zurück. ;-)
Arne L.
2025-08-19 15:46:11
@Unangemeldeter Klingt total plausibel und bis zu einem gewissen Punkt hilft die Empathie natürlich sowieso beim Reinfühlen. Nur der letzte Funke will dann nicht überspringen. Ich hab zum Beispiel "False hope" wegen ihres Songs auf der Hand tätowiert, wegen des nicht Alleinseinkönnens, der Schlaflosigkeit und dem Großstadtgefühl. Ich freu mich wirklich total, dass es ihr offensichtlich besser geht. Aber zumindest musikalisch fehlt mir diese Laura Marling.
Immermusik
2025-08-19 15:27:03
„ Nächstes Album aber bitte einen anderen Ansatz wählen.“
Vielleicht kommt ja bald ein Junge :P
Unangemeldeter
2025-08-19 15:07:21
Haha, ich kann nicht überzeugend leugnen, dass meine persönliche Erfahrung womöglich viel mit der Rezeption des Albums zu tun hat. Ist wahrscheinlich auf ne Art immer so - aber hier besonders intensiv; mein Kind ist glaube ich nahezu gleich alt wie Lauras und die Songs haben sich sehr relevant zu meinem parallelen Erleben angefühlt. Ich hab "Child of mine" z.B. auch oft zum Einschlafen vorgesungen. Kitschig ist das für mich nur auf die Art, wie es intensive Emotionen eben sind - mich rührt das Lied zutiefst. Kann aber gut verstehen, wenn man das Thema nicht spannend findet, wäre bei mir vor ein paar Jahren vielleicht sogar ähnlich gewesen.
Gruselig finde ich die Sätze zu Social Media - ich bleibe dem ja gänzlich fern und kann mir keine Welt vorstellen, in der ich solchen Content von geschätzten Künstler:innen sehen will.
Obrac
2025-08-19 14:19:27
Ich fand das auf "Songs for our daughter" noch ok. Das Album wirkte eher wie ein Konzeptalbum mit einer fiktiven Geschichte und war songwritingtechnisch auch vielschichtiger. Dass die neue Platte zu viel trivialen Wohlklang hat, sehe ich auch so, vor allem auch bei dem hier so oft gelobten "Child of mine". Ich finde den Song einfach wahnsinnig kitschig.
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