Sunset Rubdown - Always happy to explode
Pronounced Kroog / CargoVÖ: 20.09.2024
Wie kein Entenpopo
Ein paar Wegwerfphrasen gefällig? Also außer "Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht", was in Bezug auf Wolf-Parade-Mann Spencer Krug allenfalls für Flachwitz-Freitage taugen würde. Vielleicht eher "Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine neue"? Oder "Fertig ist das Mondgesicht"? Sein Projekt Moonface hatte der Kanadier vor ein paar Jahren nämlich für beendet erklärt – nach dem arg merkwürdigen Doppelalbum "This one's for the dancer & this one's for the dancer's bouquet" nicht die allerschlechteste Entscheidung. Und eine prima Gelegenheit, die bereits 2009 nach "Dragonslayer" auf Eis gelegten Sunset Rubdown zu reaktivieren. Sie wissen schon: das zuweilen maximal wirr musizierende Quartett, bei dem Stücke wie "I'm sorry I sang on your hands that must have been in the grave" ziemlich genau so klangen, wie sie sich lasen. Indie-Rock mit Sockenschuss-Garantie. Und mal ehrlich: Wer denkt beim Titel dieses Comebacks nicht verstohlen an "Meine Ex(plodierte Freundin)" von den Ärzten?
Auch wenn diese Assoziation nicht weiter von der Realität entfernt sein könnte, was der Opener "Losing light" als behutsam eingeklopfte Folk-Köstlichkeit mit somnambuler Keyboard-Harmonie klarstellt. "Hyden lost his mind when he heard the verse for the first time / And he never ever really got it back", schmachtet Krug latent leidend dazu und fragt sich dabei womöglich, ob diese Zeile nicht autobiografisch gemeint sein könnte. Tight wie ein Entenpopo ist das natürlich nicht gerade – doch das hatte von Sunset Rubdown zumindest auf Anhieb auch niemand erwartet. Erst "Candles" leistet sich nicht nur ein fidel hoppelndes Synth-Intro, sondern auch einen wunderbaren Mitmüsser-Groove, bei dem Krugs Tasten fast lauter jubilieren als er selbst. Ein wenigstens im Umfeld von "Always happy to explode" lupenreiner Pop-Hit, auf den mit dem lockeren Shuffle "Reappearing rat" sogar ein zweiter folgt, obwohl der unerwünschte Nager fortwährend den gastlich präparierten Wohnbereich unsicher macht. Ein bisschen Schwund ist nun mal immer.
Gilt auch für den Vierer aus Montreal, der in weniger stichhaltigen Tracks wie "All alright" oder "Snowball" bei aller angenehmen Säuseligkeit ein wenig den Faden zu verlieren droht, sodass der Weckruf "Trumpet, trumpet, toot! Toot!" aus "Random spirit lover" hilfreich gewesen wäre. "Ghoulish hearts" scheint eingangs mit Schlitten-Gebimmel gar die kalte Jahreszeit einzuläuten, entpuppt sich aber bald als um raumgreifende Percussions gebauter, herrlich halluzinogener Kuschelwuschel von einem Song. "Cliché town" hingegen sendet vom Yacht-Rock-Trockendock, ehe Sunset Rubdown den Sechsminüter zum Finale hin psychedelisch eskalieren lassen und die Instrumente Ringelpiez mit Anfassen spielen. Und für alle, die Moonface auch wegen des Piano-Ausflugs "Julia with blue jeans on" die eine oder andere Träne nachweinen, haut Krug bei "Fable killer" noch einmal praktisch solo in die Drahtkommode – der maßvolle Abschluss eines aufgeräumten Albums, dem ein bisschen mehr Sockenschuss vielleicht doch nicht geschadet hätte.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Losing light
- Candles
- Ghoulish hearts
Tracklist
- Losing light
- All alright
- Candles
- Snowball
- Ghoulish hearts
- Reappearing rat
- Cliché town
- Worm
- Fable killer
Im Forum kommentieren
Unangemeldeter
2024-09-24 17:26:48
Jo, schließe mich an. Der Anfang ist noch recht hübsch, aber der Mittelteil hängt arg durch. Sowas wie Ghoulish Hearts ist ja eigentlich ein typischer SR-Song, funktioniert ohne den irren Überschwang und die Dringlichkeit der früheren Sachen aber überhaupt nicht. Nicht schlecht, aber schon ne Enttäuschung. Mal sehen ob's mal noch ne Tour gibt - wenn die die Songs live bisschen rougher spielen, reihen die sich sicher gut ins Oeuvre ein.
Hubble
2024-09-24 06:30:54
Mein erster Eindruck deckt sich 1:1 mit saihttam.
Unangemeldeter
2024-09-23 22:54:20
Oh, die ist schon raus? Gleich morgen mal auschecken. Rezi liest sich als wäre das alles deutlich bräver und weniger verrückt als der bisherige Output - aber man wird ja auch älter. Bin gespannt.
saihttam
2024-09-23 22:20:52
Ich habs jetzt zwei Mal durch und bin ehrlicherweise etwas enttäuscht. Irgendwie fehlt der Punch. Es gibt kaum euphorische Momente und alles wirkt so gedrückt. Dadurch sind für mich bisher eigentlich gar keine Melodien, geschweige denn Songs hängen geblieben. Aber ich bleibe natürlich dran.
Armin
2024-09-23 21:18:43- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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