Foxing - Foxing

Grand Paradise
VÖ: 13.09.2024
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Disco/Pogo

"They pissed on your dreams, didn't they?" Conor Murphy holt die nach "Draw down the moon" selig gen Pop-Himmel entschwundene Hörer*innenschaft unsanft auf den harten Boden den Tatsachen zurück. Der Falsettkünstler und Foxing-Kopf stachelt an, predigt nihilistische Weisheiten und ist auch sonst hörbar auf Krawall aus. Der Rest der Band zieht mit, legt Schönklang und Anschmiegsamkeit ad acta und tritt stattdessen auf die Fuzz-Pedale. Nehmt Euch in Acht! Foxing machen jetzt Screamo. Und das mit Vorliebe in der noisigen, existenziellen Variante – was sie aber nicht dazu bringt, ihr charmant-nerdiges Chaotentum abzulegen. Das fünfte, selbstbetitelte Werk der Post-Emo-Truppe ist sozusagen ihr "Daisy". Wo andere Bands, die unterwegs dem Pop verfielen, ihrer Hardcore-Vergangenheit längst abgeschworen haben, holen Foxing ihre ungestüme Jugendzeit im fortgeschrittenen Alter nach – zumindest auf der Hälfte des vorliegenden, zerrissenen Longplayer-Biests.

Zunächst Feinfühliges wie "Kentucky McDonald's" endet hier also nicht selten in ultrabrutalem Geknüppel – noch nicht ganz Emoviolence, aber die Richtung stimmt. "Hell 99" hält es bis auf sein sphärisches Outro besonders schlicht mit feinstem Punk-Spirit und hochkomplexem Text: "Fuck, fuck, fuuuck!" Foxing sind mit Spaß bei der Sache. Der neue Haudrauf-Ansatz bedeutet allerdings nicht, dass Konfetti gleich gänzlich verboten wäre: Aus glitzernden 80s-Synths und quietschenden Licks baut das Quartett in der Vorab-Single "Greyhound" ein achtminütiges Monster, das sich auf leisen Pfoten anschleicht, nur um dann die Krallen auszufahren und seine Beute genüsslich schmatzend in Stücke zu reißen. Derart eingegroovt pendelt die Band sich zunehmend ein – im Folgenden wird recht ausgewogen gebolzt und unter der Discokugel geschwoft.

Der funkelnde Indie-Rock von "Barking" lässt dann sogar Eingängigkeit zu, aber nicht annähernd so geschmeidig wie noch auf so manchem R'n'B-infizierten Stück von "Nearer my God". Nein, den Pop, den alten Verführer, haben Foxing windelweich geprügelt und dann zum langsamen Dahinsiechen in der Garage zurückgelassen. Schon die bekloppte On-and-off-Struktur des eingangs zitierten Openers "Secret history" macht klar, dass die Musiker anstrengen und herausfordern wollen. Ergebnis dieses schelmischen Plans ist dann zum Beispiel der grandiose Spannungsbogen von "Looks like nothing", der bei Radiohead-artigem Faxgerät anfängt und in einem gazigen Gewitter sondergleichen endet. Das muss man sich erst mal trauen. Es folgt: Ein disruptives Elektro-Intro, bevor "Gratitude" sich später in verstörendem, undurchdringlichem Gewimmel selbst zerlegt. "Take my body and my brain!" Kunstwillen bis zur Selbstauflösung.

"Foxing" ist gleichermaßen im Pit wie in der Rollerskating-Halle zuhause und zeigt sich beidenorts von seiner Schokoladenseite. Zwar ist so einiges wild neben der Spur, das Album reiht sich aber nahtlos in die bockstarke Diskografie der Amerikaner ein und hat möglicherweise noch ein paar mehr Twists im Ärmel, als man es bislang von ihnen gewohnt war. "Spit" sammelt in diesem Sinne die "Nearer my God"-Fans noch einmal ein und verdrischt sie dann; das kulturpessimistische "Dead internet" schichtet zum "final reckoning" Shouts und Noise übereinander, bis es kracht. Und Murphy? Der kramt in "Hall of frozen heads" dann doch noch seinen inneren Matt Berninger hervor, begräbt ihn aber schnell wieder unter Math-Gitarren, Chören und pompösem Gefrickel. Man macht sich beinahe Sorgen: Denn wer hätte ernsthaft damit gerechnet, dass die Band aus Missouri noch abgedrehter werden kann? "Cry baby" relativiert diese Aussicht aber vielleicht auch schon wieder: "It's been fun / But I'll change everything."

(Ralf Hoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Greyhound
  • Barking
  • Looks like nothing
  • Dead internet

Tracklist

  1. Secret history
  2. Hell 99
  3. Spit
  4. Greyhound
  5. Cleaning
  6. Barking
  7. Kentucky McDonald's
  8. Looks like nothing
  9. Gratitude
  10. Dead cat
  11. Dead internet
  12. Hall of frozen heads
  13. Cry baby
Gesamtspielzeit: 56:07 min

Im Forum kommentieren

Leech85

2025-01-14 21:30:30

Naja es sind doch immerhin 13 Songs. Und 2 von den 6ern sind eher Interludemässig.
Hätte da auch keine Wertung geben können.

6 ist immerhin etwas über dem Mittelmass und zieht den Schnitt auf 13 Songs gesehen nicht massiv runter.

Gomes21

2025-01-14 19:35:12

Ein Album mit vier Songs Im 6er Bereich wäre für mich glaube ich nicht „grandios“. Interessant dass das auf zwei meiner Highlights zutrifft, gratitude und barking. Aber in der Bewertung stimme ich dir zu, tolles Album und live so was von hin :-)

Leech85

2025-01-13 20:16:57

Das Album ist ja sowas von grossartig! Meine Güte!
Klar ist Nearer My God schon toll aber das hier stellt vieles vieles in den Schatten.

Der krasse Beginn mit Secret History ein Song der hinten raus von der Brachialität nochmals zulegt aber dennoch melodisch bleibt. 10/10

Hell 99: Ein Hit mit krassem Tempo der aber auch hinten raus sich nochmals ganz anders entwickelt. 9/10

Spit: Der Song beginnt eher durchschnittlich wird dann aber nach 3min richtig brachial und gut!
8/10

Greyhound:
Für mich der bisher beste Foxing Song aller Zeiten. Das ist ein Meisterwerk für die Ewigkeit 10/10

Cleaning:
Gut zum mal durchatmen.
6/10

Barking: Der Song klingt sehr nach 80er fûr mich und hat irgendwas an sich. Denke der wächst noch. 6/10

Kentucky McDonalds:
Tolles Ding das leider etwas kurz ist. 7.5/10

Looks like Nothing:
Dieser Song ist ganz gross. Der ruhige Beginn und dann diese Atmosphäre die aufgebaut wird. Grossartig. Und dann die Explosion am Ende. 10/10

Gratitude:
Der Song ist voll in Ordnung gehört aber zu den schwächeren. 6/10

Deadcat:
Wieder etwas durchatmen vor dem Schluss. 6/10

Dead Internet:
Wieder ein Song der ganz ganz gross ist. Sehr eingängig aber auch brachial. Vom Drive her die beste Single. 9/10

Hall of Frozen Heads:
Nochmals ein Epos jedoch ein ruhiges. Finde den Song der gut, denke aber auch dass er noch wachsen wird.
8/10

Cry Baby:
Super Abschluss!
8/10

Alles in allem ein grandioses Album. Für mich ein Meilenstein der Bandgeschichte.
Das Konzert im Mai wird aber sowas von besucht!

Gomes21

2024-12-17 11:34:31

Werde mir das im Juni in Köln auf jeden Fall geben, das aktuelle Album ist eine meiner meistgehörten neuen Platten 2024

zeckezichter

2024-12-16 19:56:49

Ich hab sie zweimal gesehen, 2017 (müsste es gewesen sein) in kleiner Location in Wiesbaden. Kann mich Ralph nur anschließen, es war einfach traumhaft. Kurz vor Corona habe ich sie dann in London in einem mittelgroßen Club gesehen. Das Konzert war ganz anders als mein erstes, viel tanzbarer, zählt zu den besten Konzerten, die ich erleben durfte. Ich bin super gespannt, wie es diesmal wird, da sich das neue Album doch schon ziemlich durch seine Härte vom Rest unterscheidet. Aber ich freue mich riesig drauf sie zu sehen, selbst wenn es eine Hardcore-Show werden sollte. :)

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