Art Brut - A record collection, reduced to a mixtape

Alcopop!
VÖ: 05.07.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Die Bestesten

Art Brut – nie waren sie so wertvoll wie heute. Oder anno 2005, als es hieß: "We're gonna be the band that writes the song / That makes Israel and Palestine get along." Aber nicht nur der Weltfrieden braucht diese Gruppe, sondern auch alle, die ihren Punk mit einem "Art" oder "Post" davor mögen und sich statt unflätigen Gepöbels lieber schnippische Beziehungs-Abrechnungen, nerdige Popkultur-Monologe und schöne Katastrophen vom Kampfstern Alltag anhören. Wenn's sein muss, auch zum wiederholten Male, denn "A record collection, reduced to a mixtape" ist schon die zweite Best Of von Eddie Argos und Gefolge. Nennen wir es einen besonderen Service für alle, die vor elf Jahren "Top of the pops"verpasst haben, jene All-killer-no-filler-Compilation, deren erster Part so ziemlich alles rund machte, was auf den ersten vier Longplayern der Briten gut und teuer war.

Seitdem folgte lediglich ein weiterer – und obwohl dieser trotz lautmalerischem Verweis auf das deutlich originellere Debüt "Bang bang rock & roll" eher qualitativen Mittelfeld zu finden war, ist "Wham! Bang! Pow! Let's rock out!" mit gleich vier Stücken vertreten. So weit, so vollständig, doch das bläserstrotzende "Hooray!" oder das beleidigt entliebte "I hope you're very happy together" ziehen gegen den auf die kratzige Riff-Pauke hauenden Knaller "Good weekend" oder den ruppigen Herzreißer "Emily Kane" zwangsläufig den Kürzeren. Und dass es sich wie so oft bei Art Brut nicht um eine Coverversion handelt – diesmal wären Spiritualized an der Reihe –, ist an "She kissed me (and it felt like a hit)" fast schon das Interessanteste. Kein Vergleich zum Schrummel-Hit "Pump up the volume", der listig die Liebe zur Popmusik gegen das Knutschen ausspielt. First things first.

Und so vermögen auch Tracks aus einem zuweilen verzichtbaren Album den Unterhaltungswert von "A record collection, reduced to a mixtape" nicht zu schmälern. Erst recht nicht, wenn zu Anfang das plärrende Mission Statement "Formed a band" und der zackig bei The Clashs "London calling" wildernde Hit "My little brother" wie eh und je imposant den Lauten machen. Zumal der Wahlberliner Argos so schlau war, die ungelenke deutsche Fassung letzteren Stücks zu unterschlagen und es beim "Punkrock ist nicht tot"-Refrain von "St Pauli" zu belassen. "Sorry if my accent's flawed / I learnt my German from a seven inch record"? Passt schon, Eddie. Genauso wie "Nag nag nag nag" mit charmantem Background-Chor und feiner Melodieführung – vielleicht Art Bruts Songwriting-Meisterstück, dessen Lyrics dieser Zusammenstellung ihren adäquat nasenhaarigen Titel geben.

Doch auch das verdrießliche Liebeslied "Lost weekend", die reumütige Säuferhymne "Alcoholics unanimous" oder "Arizona Bay" mit aufgekratztem Wechselspiel von Stimme und Ätzgitarre haben ein Wiederhören allemal verdient. Ebenfalls köstlich: die überlange Live-Version von "Modern art" inklusive irrlichterndem Spoken-Word-Part, in dem der Sänger entwurzelt durchs Van-Gogh-Museum stapft. Und wer neben 22 Hits am Stück auch Wert auf verpeilte B-Seiten wie "I found this song in the road", rohe Brutleg-Demos oder ein komplettes Konzert aus dem Jahr 2006 legt, kann den ganzen Schnack statt auf Doppelvinyl auch als Compact-Disc-Box "And yes, this is my singing voice!" kaufen. Denn wie wusste Argos einmal in einem Feature für die Österreicher TNT Jackson: "The car stereo ate up my tapes / There ain't nothing like good old CDs." Und irgendwie hat er ja Recht.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • My little brother
  • Good weekend
  • Nag nag nag nag
  • St Pauli
  • Alcoholics unanimous
  • Lost weekend
  • Arizona Bay

Tracklist

  1. Formed a band
  2. My little brother
  3. Emily Kane
  4. Good weekend
  5. Pump up the volume
  6. Nag nag nag nag
  7. St Pauli
  8. Alcoholics unanimous
  9. DC comics and chocolate milkshake
  10. Summer job
  11. Unprofessional wrestling
  12. Axl Rose
  13. Lost weekend
  14. Hooray!
  15. She kissed me (and it felt like a hit)
  16. I hope you're very happy together
  17. Modern art (Berlin live)
  18. Wham! Bang! Pow! Let's rock out!
  19. Arizona Bay
  20. Just desserts
  21. We make pop music
  22. Post soothing out (Berlin live)
Gesamtspielzeit: 76:50 min

Im Forum kommentieren

adri

2024-07-09 17:52:32

Ich kann nur sagen, dass dieses Konzert in Berlin damals einfach großartig war!

Kontermutter

2024-07-07 21:02:52

Okay, ich verstehe es, wenn man als Band nicht auf gewisse Dinge reduziert werden möchte.

Aber so ein Album ohne "Direct Hit" rauszubringen, das ist doch Unsinn. Oder "Rusted Guns of Milan" oder auch "Blame it on the trains"... Bin tatsächlich etwas enttäuscht von dieser Auswahl.

Gilgamesch

2024-07-07 19:50:05

18.000 Lira

Armin

2024-07-07 18:26:14- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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