
Buffalo Tom - Jump rope
Scrawny / BertusVÖ: 31.05.2024
Milde Sorte
Als "Jump rope" in den Startlöchern steht, setzt sich Bill Janovitz in die Interview-Kulisse eines Lokalsenders in Boston. Zwei sehr aufgeregte junge Damen stellen brav zwei bis drei Fragen zum neuen Album, bis sie quiekend zu dem kommen, was sie eigentlich interessiert: Wie war das damals, als Grunge groß wurde? Wie war das mit Nirvana? Janovitz, der die Frage schon tausendmal beantwortet haben dürfte, gibt in seiner netten, zurückhaltenden Art einfach zu Protokoll, dass sie damals plötzlich als kleine Band die mittelgroßen Läden bespielt haben, als Nirvana dann Stadien füllten. Das ist natürlich ein wenig geflunkert, weil Nirvana nie eine Stadionband waren. Und Buffalo Tom nie eine Grunge-Band. Aber die Antwort ist so unverbindlich, dass er das Trio mal wieder aus der Nostalgie-Schusslinie manövriert hat. "Opa erzählt vom Krieg" ist mit Janovitz nicht zu haben. Während Nirvana als T-Shirt-Motiv bei H&M den Kapitalismus im Endstadium befeuern, haben die drei Bostoner ihren Laden erstaunlich gut zusammengehalten.
Und es gäbe so viele andere Fragen, die zu "Jump rope" angebracht wären. Zum Beispiel: Wo ist die Wut und die Wucht geblieben, mit denen "Let me come over" und "Big red letter days" aufwarteten? Dass der Vorgänger "Quiet and peace" eher versöhnliche Töne anschlug und Buffalo Tom sogar Paul Simons verschnarchtes "The only living boy in New York" coverten, konnte man angesichts des Titels noch unter Konzept verbuchen. Doch die vorliegenden 14 neuen Songs entschleunigen den College-Rock der Band wie nie zuvor. "Helmet" und "In the summertime" lassen auf Heavy Rotation von Roy Orbison auf Janovitz' Plattenteller schließen, auch Anleihen an Tom Petty bei "Compromised" und sogar Oasis-Balladen wie "The belle of borderline dismay" sind dabei. Allesamt keine schlechten Referenzen, und wenn es eine Konstante bei Buffalo Tom gibt, dann diejenige, dass die Songs durchgehend von exzellenter Qualität mit Ohrwurmpotenzial sind, sich heimlich anschleichen und ihre volle Wucht erst bei mehrmaligem Hören entfalten. Neu ist, dass dieses Album gemütlich zum Sonntagsfrühstück laufen kann, ohne anzuecken. Diese Tatsache konterkariert die Erwartungen an die Bostoner dermaßen, dass jene neue Gentlemenhaftigkeit zusammen mit dem Schokocroissant erst einmal verdaut werden will.
Diese Stoßrichtung der Band lässt sich immerhin als altersgerechte Hinwendung zum großen amerikanischen Singer-Songwriter-Kanon verstehen, die sich in den letzten Alben bereits ankündigte. Nur müssen Buffalo Tom das diesmal konsequent über alle Songs durchziehen? Vergeblich hofft man nach jedem zweiten Refrain auf den letzten Ausbruch einer Gitarre, die im Feedback-Lärm untergeht. Stattdessen jingle-jangelt sich "Jump rope" in Pastelltönen bis zum Ende. Man würde es ihnen nicht übel nehmen, wenn das durchaus stimmige Album schon immer der Sound der Band gewesen wäre. Doch wir wissen: Sie könnten auch anders, lauter und lebendiger. Aber sie wollen nicht mehr. Das ist schade und zeigt uns: Die Neunziger sind endgültig Geschichte.
Highlights & Tracklist
Highlights
- New girl singing
- Little ghostmaker
- Compromised
- In the summertime
Tracklist
- Helmet
- New girl singing
- Autumn letter
- Recipes
- Pine for you
- Come closer
- Little ghostmaker
- Our poverty
- The belle of borderline dismay
- Compromised
- In the summertime
- Why'd you have to be like that
- Rifled through
- You're on
Im Forum kommentieren
Zwen
2024-06-15 12:45:46
Ich muss ja zugeben, dass ich nach den ersten 1-2 Durchgängen relativ underwhelmed war. Vor allem weil ich finde dass es mit helmet und new girls singing relativ schmissig und hittig losgeht. Und danach halt deutlich verhaltener wird. Aber: ich hab die dann doch mehrmals intensiver gehört und muss sagen: super Album. Ein Album, dass (so finde ich) ein ganz klassisches Album ist der Art: es belohnt den Hörer mit einem gewissen langen Atem. Ich bin natürlich nicht ganz objektiv, da ich finde Buffalo Tom können eh nix falsch machen und sind dauerhaft und konsistent über alle ihrer Karriere-Phasen eine meiner absoluten Lieblingsbands und konstant mit hohen Niveau unterwegs (da ähneln sie meiner Meinung nach übrigens Superchunk, die bei mir irgendwie immer in einem Atemzug genannt werden und deren Karriere irgendwie auch bisschen ähnlich verlaufen ist und die für mich beide mit die konsistentesten [und liebsten] Bands ever sind…).
Ich kann also nur sagen: mehrfaches Hören belohnt hier den geneigten Hörer!
Aber - eine Sache nervt mich schon sehr: was soll der Blödsinn, dass auf Vinyl 2 Songs weniger drauf sind als auf cd / stream??? Muss das sein? Ist jetzt glaube ich nicht so, dass man die Songs nicht auch noch untergebracht bekommen hätte.
oldschool
2024-06-13 11:25:46
Ich kann durchaus damit leben, dass Buffalo Tom ein ruhigeres Album aufgenommen haben und dies über alle Songs auch konsequent durchziehen.Leider finde ich sind nicht alle song auf gleich hohem Niveau. Kommen songs wie Helmet noch recht frisch daher, so wirkt z.B. Recipes schon recht öde und altbacken. Einige langweilige songs haben sich hier schon eingeschlichen. Dahei auch von mir nur eine 6/10
Herr
2024-06-12 16:29:30
Ja ich gehe mit!
Man muss es als gemäßigtes Alterswerk hören (definitiv kein Altherrenrock indes, wie an anderen Stellen hier intoniert).
Sie können noch anders? Egal… ein Sunflower Suit gibt es nicht nochmal. Ebenso auch kein Freak Scene.
Armin
2024-06-12 16:14:15- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
Meinungen?
Zeke
2024-05-29 15:19:28
Album erscheint am Freitag.
Kommt in den Vorabkritiken gut weg.
louderthanwar gibt 4/5 Bomben.
Auch die Visions: 9/12
Freut mich..da mir die erste Auskopplung eher mittelmäßig gefallen hat.
Ist ja ihr Corona-Album.
Eher akustisch aufgenommen.
Freue mich auf das Konzert in Kölle. :-)
https://louderthanwar.com/buffalo-tom-jump-rope-album-review/
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