
Lucy Kruger & The Lost Boys - A human home
Unique / Groove AttackVÖ: 31.05.2024
Ein flüchtiger Spuk
Die südafrikanische Wahlberlinerin Lucy Kruger kennt keinen Stillstand. Unaufhörlich sucht sie nach neuen Mitteln und Wegen, um ihr Innenleben in Musik zu verwandeln – und stößt langsam aber sicher zum Kern der Sache vor. Im Anschluss an das zerfurchte Noise-Drama von "Heaving" findet Kruger ihren Ausdruck nun in maximaler Reduktion und Abstraktion: "A human home" richtet sich sein Zuhause nicht nur namensecht in einer anderen Person ein, sondern auch in den Leerstellen und Auslassungen in seinen Songs. Das zeigt sich an der grundsätzlichen Skizzenhaftigkeit von Stücken wie "Open road", "Sandcastle" oder der lediglich geflüsterten Spoken-Word-Interlude "A drill": "You pray for more interesting thoughts." Kruger sitzt gefühlt direkt neben der Hörerschaft und haucht ihr weise Worte ins Ohr, die Lost Boys geistern dazu durch den Hintergrund wie Schatten. Das sechste Album des Kollektivs befindet sich in einem körperlosen Schwebezustand.
Statt Bratgitarren geben nun öfter dämonische Streicher den Ton an: "Dripping trees" ist reinster Slowcore, in dessen Hintergrund statische E-Gitarren-Spannung brutzelt, der dann aber von jenseitigen Violinen vereinnahmt wird. Rocken soll das nicht mehr. Auch "Instructions for fate" teasert einen entsprechenden Ausbruch an, lässt die Erwartungen aber ins Leere laufen. Im vorab veröffentlichten "Rooms" tröpfeln beinahe verschwindende Ambient-Klänge von der Decke, Sprechgesang verweht im Wind, wieder wischen die Geigen zum Schluss alle Spuren weg. Lucy Kruger & The Lost Boys verschieben den Fokus auf die schon immer unterschwellige Grufti-Attitüde ihrer Musik und auf einen noch experimentelleren, künstlerisch verspielten Ansatz, der auch vor A-cappella-Einlagen und wiegenliedartigen Versmaßen nicht zurückschreckt. "Virtual muse" legt hierzu verschiedene Takes übereinander, Kruger irritiert und fasziniert im Duett mit sich selbst. "Assume / Consume."
Während "Barren stage" sich klassischer im folkigen Stil der "Tapes"-Trilogie gibt, streckt "The whale song" sich nochmals neugierig in Richtung Avantgarde: "Sometimes your love feels like a long goodbye." Kryptische Textschnipsel und fabelartige Erzählpassagen stolpern übereinander, dazu jault eine spooky "Dead man"-Gitarre in tiefstschwarzer Nacht. Der Düster-Folk von "The upside down of sinking" und die Akustik-Fingerübung "Golden moon" beschließen das Album, stellen die einzig wichtige Frage: "Does she love you like I do?" Die neu gefundene Simplizität erlaubt es der Künstlerin, auch in Duo-Besetzung mit kleinerem Besteck aufzutreten – die verpönte Vokabel der Neuerfindung ist hier zur Abwechslung mal gerechtfertigt, die Essenz der Band wird trotzdem bewahrt und potenziert. Kruger ist wie eine nächtliche Erscheinung, "A human home" wie der Widerhall eines unterbewussten Traums – im Nachhinein ist man sich nicht sicher, ob man es wirklich erlebt hat.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Dripping trees
- Virtual muse
- The whale song
Tracklist
- A human home
- Dripping trees
- Open road
- Rooms
- A drill
- Sandcastle
- Virtual muse
- Barren stage
- The whale song
- Instructions for fate
- A pocket full of night
- The upside down of sinking
- Golden moon
Im Forum kommentieren
Randwer
2024-05-30 23:06:42
Ich habe noch nicht reingehört, aber bei dieser Band liegen meine Erwartungen hoch. Wenn die Beschreibungen aus der Rezi zutreffen, dann dürfte mir A Human Home sehr gefallen.
Armin
2024-05-29 21:20:03- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
Meinungen?
Ralph mit F
2024-03-20 12:28:26
VÖ: 31.5. (zumindest laut Amazon, auf ihren eigenen Kanälen bleibt sie noch recht vage)
Es gibt auch eine neue Single namens "Rooms".
https://soundcloud.com/lucykruger/04-rooms-1?in=lucykruger/sets/a-human-home-final-masters//s-8EdSJX57Te4
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Referenzen
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