Auf Der Maur - Auf Der Maur

Capitol / EMI
VÖ: 02.02.2004
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Lady in black

Die Schöne und das Biest. So war das damals doch bei Hole. Während Courtney Love ins Mikro rotzte und rülpste, stand Melissa Auf Der Maur bloß daneben, zuckte mit ihrer sommerbesproßten Schulter und schüttelte den belockten Kopf. Inzwischen gehen sie getrennte Wege, und auch wenn Melissa Auf Der Maur ein kleines Zwischenspiel als einflußlose Quotenfrau bei den Smashing Pumpkins einlegen durfte, kommen sie in gewisser Weise doch wieder zusammen. Mit nur einer Woche Unterschied veröffentlichen die gute Melissa und die böse Courtney ihre Solodebüts. "Zickenduell" nennt sowas die Boulevardpresse wohl.

Und während Courtney standesgemäß die Schlampe heraushängen läßt, spielt Melissa weiter das Spiel der unnahbaren Rock-Elfe. Einer Dame, der man nicht viel entgegenbringen würde, wenn man sie auf der Straße treffen würde. Außer einem "Ja, ähm, wie geht's Dir so?" vielleicht. Klar ist da auch, daß eine wie sie genau die Freunde hat, die einer wie Courtney fehlen. Natürlich kamen sie alle, als Melissa anrief und halfen ihr bei ihrem Solodebüt. Alle wollten sie dabei sein, als Melissa das Studio mit ihrer Anwesenheit erfüllte. Daran teilnehmen, mithelfen. Oder wenigstens zuschauen und in ihrer Nähe sein.

So liest sich die Gästeliste ihres Debüts "Auf Der Maur" (So nebenbei gefragt: Wo ist eigentlich der schöne Vorname abgeblieben? Sind wir hier bei Grönemeyer oder Westernhagen? Anm. der irritierten Redaktion) wie ein Who-Is-Who des Rock: Josh Homme, Nick Oliveri (beide Queens of The Stone Age), Dave Grohl (alles mögliche), James Iha (Smashing Pumpkins / A Perfect Circle), Samantha Maloney (Hole / Mötley Crüe), Paz Lenchantin (A Perfect Circle / Zwan) oder John Stanier (Helmet / Tomahawk) sind nur die größten der großen Namen. Bringt aber eigentlich alles nichts. Wäre sogar eigentlich alles ziemlich völlig egal, wenn der Sound nicht stimmen würde. Aber: der stimmt. Und wie.

Denn auch wenn die rumpelnde Produktion von Chris Goss (Klammern sind leider aufgebraucht) hoffnungslos angestaubt klingt und die stilistischen Eckpunkte in etwa so altmodisch erscheinen wie das Orange auf dem Cover, funktioniert die Mischung aus Grunge, Stonerrock und den Nachbargenres. Und allen, die sich im Vorfeld über die Ausdrucklosigkeit von Melissas Stimme beklagt haben, sei gesagt: Das muß so sein. Und unterstreicht die mysteriöse Aura dieser Melissa Auf der Maur nur noch.

Highlights gibt es jede Menge. Da wären unglaublich düstere Songs wie "Lightning is my girl", "Followed the waves" oder "Head unbound", in denen die beteiligten Queens Of The Stone Age deutlich durchklingen. Da wäre das galoppierende "Skin receiver", mit dem Melissa zu einem schmerzhaften Rodeo-Ritt einlädt. Und da wäre vor allem dieses unglaubliche, unfaßbare, unwiderstehliche "Real a lie". Eine musikalische Offenbarung in jedem einzelnen Ton mit einem wunderbaren Refrain, in dem Melissa die Selbstlüge perfekt macht und zeigt, wie verwundbar sie doch ist. Bevor sie sich wieder den Mantel der Unnahbarkeit überzieht. Ist ja auch ziemlich kalt so ganz ohne. Wer auf der Suche nach dem schnellen Ohrwurm ist, sollte sich allerdings lieber mit dem letzten regulären Hole-Album "Celebrity skin" begnügen. "Auf der Maur" bietet etwas anderes, viel wertvolleres: echte Faszination.

(Armin Linder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Real a lie
  • Taste you
  • Skin receiver

Tracklist

  1. Lighting is my girl
  2. Followed the waves
  3. Real a lie
  4. Head unbound
  5. Taste you
  6. Beast of honor
  7. I'll be anything you want
  8. My foggy notion
  9. Would if I could
  10. Overpower thee
  11. Skin receiver
  12. I need I want I will
Gesamtspielzeit: 50:31 min

Im Forum kommentieren

Arne L.

2025-02-27 17:20:24

Dann waren wir wohl beim selben Auftritt von A Whisper In The Noise!

Die Videos schaue ich später an, vielen Dank!

Klaus

2025-02-27 17:16:56

Die Ecke allgemein total fantastisch. Nahezu direkt daneben ja (immernoch) der Schokoladen, wo es jeden Abend 5-6 € kostete und man immer was sehen konnte. Einiges Hit & Miss, aber so Shows wie Bee & Flower (die Sängerin ist heute Teil von Swans), A Whisper In The Noise oder diverser andere Postrock-Krams. und dann irgendwelche britischen Post-Punk-Sachen im White Trash, die man selbst als groß herauskommend ansah, aber dann leider nie groß herauskamen...

Wegen Melissa:
Es hat sogar jemand gefilmt: https://www.youtube.com/watch?v=z8Mo3Gy-cwI

https://www.youtube.com/watch?v=b1LACWyZHIs

Alter Handysound, yay

Arne L.

2025-02-27 17:08:17

Boah, der Keller des alten White Trash. Das war leider ganz knapp vor meiner Zeit, aber klingt fantastisch und 40 Minuten für die Musik eigentlich auch komplett ausreichend, um verschwitzt rauszugehen! :D

Klaus

2025-02-27 17:05:36

Das war damals auch ein ziemlich merkwürdiges Konzert, einige Zeit nach VÖ. 2010 spielte sie eine Minishow im alten White Trash Fast Food im Keller.

10 €, irgendwie nur 30 - 40 Minuten, es war völlig überfüllt. Aber doch irgendwie so gut, dass es in Erinnerung geblieben ist :)

Arne L.

2025-02-27 16:58:52

Höre seit 20 Jahren alle paar Monate ein paar Tage “Followed The Waves”, aber das ganze Album wollte nie so komplett zünden. Aber jetzt hat es endlich mit uns geklappt. Da sind ja viele tolle Riffs und Gesangsmelodien drauf. Klar, wirklich frisch wirkt das alles heute nicht mehr, aber insgesamt tolles Album!

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