Melanie De Biasio - Il viaggio

Le Label / [PIAS] / Rough Trade
VÖ: 13.10.2023
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Zu den Wurzeln

Melanie De Biasio hat sich auf Reisen begeben. Das Ziel: Italien. Die Bedeutung: Heimat. Entstanden ist so "Il viaggio", ein Album, das eher als Soundtrack denn als konventioneller Release zu verstehen ist. De Biasio richtet den Blick auf vertraute Landschaften – und nach innen. Die Musik auf "Il viaggio" changiert zwischen kaum wahrnehmbar und gerade richtig, man muss allerdings in der passenden Stimmung sein, um sich auf die weitschweifigen Kompositionen einlassen zu können. Denn einfach macht De Biasio es dem Publikum nicht. Wer sich nach jazzigem Pop sehnt, wird auf "Il viaggio" nur selten fündig werden. Stattdessen gibt es viel Hall, große Gesten und einige Momente umwerfender Schönheit.

Doch bis man zu diesen vordringt, vergehen einige Minuten. In "Lay your ear to the rail" geht es zunächst darum, die Rahmenbedingungen festzulegen. Jede Reise beginnt mit einem Wunsch. Langsam tastet sich De Biasio in den Vordergrund, ihre einzigartige Stimme hat nichts von ihrem Reiz eingebüßt. Noch immer genügen ihr wenige gehauchte Töne, um Gänsehaut hervorzurufen. Die Musik fällt diesmal jedoch noch zurückhaltender als sonst aus: Wenn etwa in "Nonnarina" nur ein paar versprengte Akkorde aus den Lautsprechern tröpfeln, stört jedes noch so kleine Nebengeräusch.

Immer wieder verlässt De Biasio konventionelle Fahrwasser und sucht das Experimentelle. So ist "Chiesa" eine mit weichen Klängen unterlegte Zugfahrt ohne besondere Vorkommnisse. Vielleicht ist der Track aber gerade deshalb so einnehmend. Leise rattert das Fahrwerk über die Gleise, während vor dem inneren Auge grüne Hügellandschaften vorbeiziehen. Noch radikaler in diese Richtung geht es auf der zweiten CD, welche aus zwei Longtracks namens "The chaos azure" und "Alba" besteht. Hier passiert wenig bis überhaupt nichts, doch dieses Fehlen besonderer Vorkommnisse ist pure Absicht. Weniger ist tatsächlich mehr.

Doch es gibt auch Momente konventioneller Schönheit: Einer der absoluten Höhepunkte ist das hymnische "Now is narrow", das andeutet, wohin die muskalische Reise in Zukunft führen könnte. Die englischen Texte des Albums enstanden in Kollaboration mit dem Dichter Gil Helmick, seine Verse sind von entwaffnender Einfachheit und passen vorzüglich zur reduzierten Musik De Biasios. Bei dieser griff ihr wieder einmal Pascal Paulus unter die Arme, er wirkte bereits auf früheren Releases der Musikerin mit. Fest steht: So radikal wie auf "Il viaggio" hat Melanie De Biasio vielleicht noch nie agiert. Dass sie damit so manchen verschrecken dürfte, wird ihr egal sein. Es geht hier nicht um uns.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Chiesa
  • Now is narrow
  • The chaos azure

Tracklist

  1. Lay your ear to the rail
  2. Nonnarina
  3. Il vento
  4. We never kneel to pray
  5. I'm looking for
  6. Mi ricordo di te
  7. Chiesa
  8. Now is narrow
  9. San Liberatore
  10. The chaos azure
  11. Alba
Gesamtspielzeit: 82:00 min

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NeoMath

2023-12-02 10:27:44

Hm, ich habe erst zwei Durchläufe hinter mir und bin doch schon stark enttäuscht. Die zweite Rotation habe ich mir Hängen und Würgen durchgehalten.

Ja, die Musik hat an manchen Stellen was schönes (das kann man sich jedoch auch immer einreden bzw schönreden), aber auch was extreeem langweiliges. Mag sein, dass sie diese Klang-Visionen hatte, als sie mit dem Auto durch die Landschaft gefahren ist, aber wir Hörer können dies lediglich bedingt nachvollziehen.

Mir ist das Album zu nischenhaft und musikalisch insgesamt viel zu uninteressant gestaltet. Auch im Ambient kann man was bewegen, außerhalb monotoner Klanglandschaften.
Nope, Melanie, das war nix! Ich bin da leider raus.

Ich brauche kein Album, das ich zwei Mal im Leben auflege, nur weil ihr Name drauf steht, es dewegen doch nur gut sein kann ich deshalb einen erneuten Versuch starten muss.... Nein! Dazu gibt es genügend andere Musik, die es anzuchecken gilt.

Armin

2023-11-01 20:54:57- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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