Birdy - Portraits
WarnerVÖ: 18.08.2023
Ein bisschen anders
Wer schon einmal auf einem Bon-Iver-Konzert war, könnte es ähnlich wahrgenommen haben: Die Gruppe um Justin Vernon liefert berührende Soundgewalten und clever eingesetzten Autotune. Doch am Ende ist der Applaus nach dem vergleichsweise simplen Indie-Folk von "Skinny love" am lautesten. So ähnlich könnte es auch bei Auftritten von Birdy ablaufen. Die Singer-Songwriterin verschaffte dem Stück mit ihrer eigenen, eher pianogeprägten Version 2011 – also rund vier Jahre nach der Erstveröffentlichung durch Bon Iver – neue Aufmerksamkeit. Und offensichtlich auch eine größere, wie zumindest an den Streaming-Zahlen bei Spotify abzulesen ist. Während Bon Ivers "Skinny love" 599 Millionen Aufrufe zählt, kommt Birdys Cover auf 737 Millionen Streams.
Was Birdy aber noch wesentlich interessanter macht als ihr Durchbruch mit einem Cover, ist die Tatsache, dass es nicht nur bei einem Hit geblieben ist. "Portraits" ist das mittlerweile fünfte Album der, wenn man es an Chartpositionen in Europa bemessen will, erfolgreichen Künstlerin. Böse Zungen wiederum könnten behaupten, dass Birdys Musik selbst eben nicht interessant ist. Die in Hampshire, UK geborene Sängerin neigt in ihren Songs zur Dramatik, langgezogenem Gesang und der allgemeinen Romantisierung von Melancholie. Im Mittelpunkt steht für gewöhnlich, wie auch bei ihrem "Skinny love"-Cover, das Klavier. "Portraits" scheint ein guter Anlass, aus diesem Muster auszubrechen, wenn auch nur von kurzer Dauer.
So zeigt der Opener "Paradise calling" eine völlig andere Seite von Birdy. Energiegeladene Synthie-Töne, ebenso dynamische Elektro-Vibes und eine tanzbare Melodie, die gute Laune macht. Die Single siedelt bei einer Mischung aus der Energie von Sigrid und dem Retro-Charme von Dayglow an. Auch die kurzen Ausrufe und der ausgerechnet nicht extrem gefühlvolle Gesang stehen Birdy gut. Ein weiteres Highlight in dieser Richtung ist "Heartbreaker". Dieser Song ist zwar wieder deutlich zurückhaltender, fällt aber noch unter sentimentalen Elektro-Pop. Kraftvolle Drums und Birdys Kopfstimme bieten einen schönen Kontrast, abgerundet wird das durch repetitiven Backgroundgesang, der den Song gewissermaßen einrahmt. Ist Birdy plötzlich Indie-Disco-tauglich?
Leider nicht. Denn so rapide sie aus ihren alten Mustern ausgebrochen ist, so schnell steckt die Songwriterin auch wieder mitten in ihnen. Wer die Herzschmerz-Birdy bevorzugt, kommt auf "Portraits" nämlich definitiv auch auf seine Kosten. "Your arms" ist etwa ein schwermütiges Klavierstück, an dem handwerklich wenig zu bemängeln, das aber schlichtweg zum Gähnen ist. Dabei war die Richtung, die Birdy auf "Portraits" eingeschlagen hat, so erfrischend leicht und fesselnd.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Paradise calling
- Heartbreaker
Tracklist
- Paradise calling
- Raincatchers
- Ruins I
- Your arms
- Heartbreaker
- I wish I was a shooting star
- Portraits
- Ruins II
- Automatic
- Battlefield
- Tears don't fall
Im Forum kommentieren
peter73
2023-09-03 19:13:00
ach, so tragisch sehe ich das nicht... "heartbreaker" ist ja auch noch da ;)
bin nach zwei durchläufen allemal bei einer 7/10, mal sehen wie das in ein paar monaten aussieht.
Edrol
2023-08-20 14:25:19
Die ersten beiden exzellenten Songs überstrahlen leider wirklich ein wenig das restliche Album. Das hätte auch gut und gerne mein Popalbum des Jahres werden kennen, wenn sie diesen euphorischen Synthpop konsequenter durchgezogen hätte.
Armin
2023-08-16 21:00:42- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
Meinungen?
peter73
2023-07-19 11:19:23
keine ahnung warum die hier so unter dem radar fliegt, mir ist sie bzw ihre stimme 100x lieber als swift, eilish und konsorten...
vö war am 14. 7., ich hör da heute abend mal rein - auch ohne euer review :)
Armin
2023-07-13 14:34:08- Newsbeitrag
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Referenzen
Spotify
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