Element Of Crime - Morgens um vier

Vertigo / Universal
VÖ: 07.04.2023
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Vor dem Morgengrauen

"Liebe, Liebe, Liebelei – morgen ist sie vielleicht vorbei!" Auf der winzigen, improvisierten Tanzfläche in der Eckkneipe ist die Stimmung am Siedepunkt angekommen. Das engtanzende Paar hat sich heute Abend erst kennengelernt, aber sich hingebungsvoll in den Abend und ineinander verliebt. Die Welt um sich herum haben sie dabei längst vergessen, während der Zeiger auf vier Uhr umspringt. Das alles nimmt Sven Regener mit dem Rücken zu ihnen gewandt vom Tresen aus zwar wahr, aber er hat diese Geschichte schon hundertfach gesehen, hundertfach selbst erlebt. Er sieht die blaue Stunde kommen und weiß, was nach ihr passieren kann: Auflösungserscheinungen. Und trotzdem hat er das mit der Romantik auch im 38. Jahr des Bandbestehens mit "Morgens um vier" noch nicht aufgegeben.

Das Quartett hat trotz umfassender Lebenserfahrung immer noch nicht alle Antworten auf die wilderen Zeiten. "Wir haben keine Lösungen, wir haben Lieder", heißt es im wippenden Opener "Unscharf mit Katze". Zehn neue Songs haben Regener und Konsorten dieses Mal in der abgeranzten Ledertasche dabei, oder wie auch immer leichtes Gepäck bei den Rockveteranen aussieht. Darin versteckt: Möglichkeiten und Angebote, statt Ratschläge. "Für Liebe gibt's Betten, für die Trennung das Telefon", schulterzuckt Regener im Titelsong. Und im wunderbar ausgedehnten "Ohne Liebe geht es auch" lässt er seine ewig langen Enjambements vereinzelt von weiblichen Backing Vocals anreichern und verhandelt mehr, als dass er sich final entscheidet: "Ohne Liebe geht es auch, doch es ist nicht gesagt, dass dir das dann auch taugt." Kein Wunder, dass er an anderer Stelle kontempliert: "Worte sind Wasser, Schweigen ist Wein." Und deswegen gerne auch mal Gesang gegen Mundharmonika oder Trompete tauscht.

Dem hauseigenen Bluesrock fügen Element Of Crime auf "Morgens um vier" dabei nicht viel Neues hinzu. Gitarre, Bass, Drums: Das Gerüst sieht meistens ähnlich aus und plätschert auch mal. Das angenehme Plätschern natürlich, zu dem man langsamen Schrittes den Bach raufgeht. Oder eben über die Steinplatten im Prenzlauer Berg stapft, ohne dabei die Fugen zu berühren, wie in "Alles in Ordnung" beschrieben. Die Hauptstadt selbst ist auf der neuen Platte nicht so präsent, wie Regener sie gerne mal macht. Dafür ist sie in Form von Tobias Bamborschke von Isolation Berlin anwesend, der im Duett "Dann kommst du wieder" neben Regener am Tresen Platz nimmt. Viel mehr als mäßig interessanten Gesang weiß er dem Stück allerdings nicht hinzuzufügen. Überhaupt haben es sich Element Of Crime etwas zu bequem gemacht. Klar, morgen kann das alles schon wieder vorbei sein, aber zwischendurch darf man gerne auch so richtig brennen – auch wenn es nur eine Liebelei ist.

(Arne Lehrke)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ohne Liebe geht es auch
  • Wieder Sonntag
  • Morgens um vier

Tracklist

  1. Unscharf mit Katze
  2. Ohne Liebe geht es auch
  3. Dann kommst Du wieder
  4. Nur der Anfang
  5. Was mein ist, ist auch Dein
  6. Liebe ist nur ein Wort
  7. Kaltes Herz
  8. Wieder Sonntag
  9. Alles in Ordnung
  10. Morgens um vier
Gesamtspielzeit: 41:25 min

Im Forum kommentieren

musie

2024-09-23 17:32:40

Hast recht, Zeit für Herbstalben! Da sind bei mir bestimmte R.E.M. Alben nie weit weg... und EOC passt natürlich auch wunderbar.

Kalle

2024-09-23 17:28:30

Zum Herbstanfang wieder mal gehört und - ach wie schön!

Obrac

2023-10-30 08:53:09

Habe es auch erst jetzt, zur EoC-Jahreszeit, das erste Mal aufgelegt. Bin noch nicht so weit mit dem Album, aber der Titeltrack ist schonmal groß.

VelvetCell

2023-10-30 08:47:35

Für mich reiht sich das Album in die Reihe sehr guter EoC-Alben ein, ohne herauszuragen. Das große Alterswerk war für mich eher der Vorgänger "Schafe, Monster & Mäuse".

Aber wie gesagt: "Morgen um vier" ist ein sehr gutes Album.

dreckskerl

2023-10-29 17:08:21

Inzwischen Spätherbst und das Album ist endlich bei mir angekommen.
So sehr, wie seit mindestens "Psycho" nicht mehr.

Die besten Trompetenparts seit Anfangstagen...kein medioker Song dabei, wie auf den letzten Alben. Großes Alterswerk.



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