Ava Max - Diamonds & dancefloors

Atlantic / Warner
VÖ: 27.01.2023
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Tanz im Windschatten

Es kann schon ziemlich frustrierend sein, wenn die Steilvorlage da ist, aber der Abschluss aus verschiedensten Gründen nicht so recht gelingen mag. Okay, abgedroschene Fußball-Metapher, schon klar. Im Falle der amerikanischen Sängerin Ava Max aber gar nicht so unpassend, denn: Die 28-Jährige war in den letzten Jahren seit ihrem 2020er-Debüt "Heaven & hell" ein wenig im Pop-Limbo gefangen. Da war bereits 2019 der Überhit "Sweet but psycho" und ebenjener grundsolide Erstling, der eigentlich alle Weichen auf Erfolg gestellt hätte. Nur waren da eben auch eine Pandemie, Dua Lipas "Future nostalgia" oder auch Lady Gagas "Chromatica", die zur selben Zeit noch signifikanter in die Popkultur einschlugen. Ava Max ist nun keineswegs eine erfolglose Eintagsfliege – aber trotzdem nie so recht im ganz großen Konsens angekommen. Zum zweiten Studioalbum "Diamonds & dancefloors" gibt es nun einen optischen Imagewechsel – und vielleicht auch eine aussagekräftige Bewerbung für den Pop-Thron?

Betrachtet man die Eröffnungs-Hitsalve auf "Diamonds & dancefloors", ist man geneigt, ein schallendes "Ja!" zu rufen. Zum Einstieg liefert Ava Max lupenreinen, mitreißenden Pop ab, der ihren Kolleg*innen in nichts nachsteht. Da wäre das tolle "Sleepwalker", das einen futuristischen Roadtrip-Sound mit einem frischen, fiesen Ohrwurm-Refrain krönt und dabei auch die stimmlichen Stärken der Sängerin voll ausnutzt. Auch der Opener "Million dollar baby" gönnt sich ein sehr Drive-betontes Arrangement. immer an der Grenze zum Overkill, aber nie darüber hinaus. "In the dark of the night / She got danger on her mind" sinniert die Frau, die bürgerlich Amanda Ava Koci heißt, während der Refrain ganz ungeniert ein Callback zu "Can‘t fight the moonlight" von LeAnn Rimes einfädelt. Hommage an einen beinahe schon vergessenen Hit der frühen 2000er? Kann man mal bringen. Überhaupt ist es auch dem Produktionsteam anzurechnen, dass sich hier so viele Knaller versammeln: Natürlich klingt alles fett, wuchtig und glatt – aber hier und da finden sich eben doch kleine Spielereien und spaßige Twists, die für Abwechslung und frischen Wind sorgen. Da macht es auch nichts, dass sich ein Song wie "Maybe you‘re the problem" recht großzügig bei Dua Lipas "Physical" bedient oder "Ghost" die Eurodance-Eskapaden von "Chromatica" wieder aufleben lässt.

Denn die Probleme von "Diamonds & dancefloors" liegen woanders: Es scheint, als ließe Ava Max zur Albummitte sämtliche Ansprüche, sämtliche Inspiration fallen. Plötzlich ist kaum ein Song länger als zweieinhalb Minuten, die Arrangements werden simpler und weniger packend – alles fühlt sich etwas halbgar an. Da helfen auch ein paar Daft-Punk-Robotersounds in "Hold up (Wait a minute)" oder gut gemeinte Textzeilen wie "Stop using your words as weapons" herzlich wenig. Was anfangs noch an Substanz und Raffinesse vorhanden war, geht im weiteren Verlauf mehr oder weniger vollständig flöten. Einzig das launige "Cold as ice" mit seinem zerstückelten Refrain kann noch ein paar Akzente setzen. Was genau der Grund für diese plötzliche Abkehr vom wirklich guten Einstieg ist, wissen vermutlich nur Sängerin und Produzent*innenteam selbst. Allerdings zeigt "Diamonds & dancefloors" gerade deswegen, warum es noch nicht ganz für die oberste Pop-Liga reicht. Die Songs sind da, das Talent ebenso – aber die Konstanz fehlt schlichtweg. Bleibt zu hoffen, dass der dritte Streich etwas mehr auf die Substanz schielt, denn Ava Max meint es bitterernst. "I'm an obsession / Not just a game."

(Hendrik Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Million dollar baby
  • Sleepwalker
  • Maybe you're the problem

Tracklist

  1. Million dollar baby
  2. Sleepwalker
  3. Maybe you're the problem
  4. Ghost
  5. Hold up (Wait a minute)
  6. Weapons
  7. Diamonds & dancefloors
  8. In the dark
  9. Turn off the lights
  10. One uf us
  11. Get outta my heart
  12. Cold as ice
  13. Last night on Earth
  14. Dancing's done
Gesamtspielzeit: 39:39 min

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