Ryan Adams - Love is hell, pt. 1

Lost Highway / Mercury / Universal
VÖ: 03.11.2003
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Herzensbrecher

Mancher wird sich erinnern, daß Americana-Held Ryan Adams vor Jahresfrist ein neues Album mit dem Titel "Love is hell" angekündigt hatte. Ein melancholietriefendes Werk aus freilaufenden Emotionen. Was irgendwelchen Anzugträgern bei seinem Label aber zu düster und zu zerbrechlich klang. Weshalb Adams ein nur bedingt zwingendes Album voller Schweißränder und rockistischem Krawall namens "Rock n roll" zusammenschusterte. Und sich - ohrenscheinlich zurecht - beschwerte, man halte einmal mehr sein bestes Material zurück. Das jetzt eben in zwei Teilen nachgereicht wird. Also, raus mit der Sprache: Wer kam denn nun auf die eigentlich nur durch grassierende Taubheit erklärbare Idee, diese ganz und gar formidable Platte zum Nebenwerk, zu einem läppischen Minialbum zu degradieren?

In der zweiten Reihe hat "Love is hell, pt. 1" jedenfalls genau gar nichts verloren. Denn schon die allerersten Töne von "Political scientist" nehmen einem auf genau die gleiche Art und Weise den Atem wie Adams' brillantes Solodebüt "Heartbreaker". Man hört die dunkel schimmernden Gefühle nicht nur, man riecht und schmeckt sie sogar. Wenn Adams zum flirrenden 6/8-Takt Zeilen wie "There's no guarantees" auskostet, stellen sich nicht nur die Nackenhaare in Reih und Glied. Zynismus und Pathos gehen hier Hand in Hand. Und die Melodie stirbt in beklemmender Schönheit.

"Afraid not scared" macht an gleicher Stelle weiter. Von sanften Tasten umschmeichelt holt Adams hier all seine Ängste an die Oberfläche. "Put the guns in the water / They're turning to vodka." Ein Hauch Metaphysik und ganz konkrete Schwächen. How to disappear completely, würden andere fragen, während die Gitarre verhallt. Adams hingegen entblößt lieber weiter seine Seele. Der unsterbliche Romantiker deutet sich in "This house is not for sale" an. Mit einer rührenden Geschichte zweier Liebender, die sich mit dem Gedanken anfreunden müssen, daß jemand in ihr Haus einzieht, weil sie selber den Weg alles Irdischen gegangen sind. Rotz und Wasser.

Ein Auftakt nach Maß, und kein Ausfall in Sicht. Nicht das herzergreifend verlangsamte "Wonderwall", in das sich sogar Noel Gallagher selbst verliebt hat, nicht "World war 24" mit seiner angenehm salzig schmeckenden Melodie, nicht der schunkelnde Bonustrack "Halloween" und erst recht nicht das salbungsvolle Moll von "The shadowlands". Sogar wenn sich Adams in Begleitung von Leona Naess bei "Caterwaul" (ebenfalls eine Beigabe für den europäischen Raum) für einen liebeskranken Kojoten hält oder im Titelstück die etwas muffigen Hemdsärmel von "Rock n roll" herausschauen, traut man sich nicht, ihm dies vorzuwerfen. Zu wirklich, zu ehrlich leidet er hier für seine Kunst. "I could be serious, but I am just kidding around," krächzt er zwar in jenem "Love is hell". Doch das ist natürlich sowas von gelogen.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Political scientist
  • Afraid, not scared
  • This house is not for sale

Tracklist

  1. Political scientist
  2. Afraid not scared
  3. This house is not for sale
  4. Love is hell
  5. Wonderwall
  6. The shadowlands
  7. World war 24
  8. Avalanche
  9. Caterwaul
  10. Halloween
Gesamtspielzeit: 44:23 min

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