Heather Nova - Other shores

Saltwater / H'Art
VÖ: 22.08.2022
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Tränen lügen nicht

Coverversionen spielten in Heather Novas langer Karriere schon immer eine besondere Rolle. So erinnern sich vielleicht die Älteren noch an ihre herzzrerreißende Version von Springsteens "I'm on fire", die in den 90er-Jahren fester Bestandteil ihrer Setlists war. Es ist daher durchaus nachvollziehbar, dass im Jahr 2022 mit "Other shores" ein Album erschienen ist, das ausschließlich aus Neuintepretationen besteht. Bei Werken dieser Art wird gerne, frei nach Gerhard Polt, die Frage "Braucht's das?" in den Raum geworfen. Im Hinblick auf "Other shores" fällt eine eindeutige Antwort schwer.

Nova kann noch immer wunderschön singen, ihre einzigartige Stimme hat nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Seit jeher entfaltete sie gerade in Balladen ihre ganze Strahlkraft. Gleichzeitig stand spätestens seit "Southt" der Vorwurf im Raum, dass die Sängerin es ein wenig zu betulich zugehen lässt. Man könnte das auch "Heatherfizierung" nennen. Hier eine Akustikgitarre, dort ein Klavier, rechts hinten noch ein Cello, weil das bekanntlich für Gefühle sorgt. Und in der Mitte eben Heather Nova, verhuscht und verhaucht wie eh und je.

In manchen Fällen funktioniert diese Herangehensweise hervorragend, so gelingt Nova eine erhabene Neueinspielung von Lennons "Jealous guy". Auch der Journey-Klassiker "Don't stop believin'" glänzt im akustischen Gewand immergrün dahin. Ob es jetzt aber eine Heather-Version von "Stayin' alive" gebraucht hat, sei mindestens dahingestellt. Es macht schon Spaß, wenn sie "Ah, ah, ah, stayin' alive!" stöhnt, allerdings lässt sich ein gewisses Unwohlsein nicht verdrängen. Und in Sachen Dance-Moves hatten sowohl die Bee Gees als auch John Travolta ganz klar die Nasen vorn.

Aber bei einem Heather-Nova-Album geht es sicher nicht darum, das Tanzbein zu schwingen. Stattdessen brennt das Feuer im Kamin, während es nach Gewürzwein riecht. Böse ausgedrückt: Willkommen im postmodernen Biedermeier. Was Nova geritten hat, ausgerechnet "Never gonna give you up" zu covern, will sich trotzdem nicht erschließen. Genauso wie Rickrolling fühlt sich das Prinzip, bekannte Songs mittels Unplugged-Version aufs Nötigste zu reduzieren, ziemlich aus der Zeit gefallen an. Daran ändert auch Novas beseelter Gesang nichts. Aber es soll ja Leute geben, die Langeweile mögen.

Und es gibt sie doch, die vereinzelten Höhepunkte. Stings "Fragile", das ohnehin schon eine sehr minimalistische Komposition ist, wird von Heather noch weiter entschlackt. Am Ende bleiben nur eine zärtlich gezupfte Gitarre und ihre Stimme übrig. Leider muss man diese positiven Momente doch eher mit der Lupe suchen. Dass Nova am Ende tatsächlich das unkaputtbare "Sailing" ganz allein in die Finsternis hineinseufzt, bringt das Fass zum Überlaufen. Man kann das sicher total berührend finden. Aber eingedenk der Tatsache, wozu Nova als Songwriterin und Interpretin eigentlich in der Lage ist, fasst man sich ans Hirn und vergießt eine Träne. Vielleicht liegt das aber auch am Gewürzwein und dem rauchenden Kamin.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Jealous guy
  • Don't stop believin'
  • Fragile

Tracklist

  1. Waiting for a girl like you
  2. Jealous guy
  3. Stayin' alive
  4. Fireproof
  5. Never gonna give you up
  6. Don't stop believin'
  7. Here comes your man
  8. Fragile
  9. Like a hurricane
  10. Cold little heart
  11. Ever fallen in love
  12. Message personnel
  13. Sailing
Gesamtspielzeit: 46:18 min

Im Forum kommentieren

Armin

2023-01-02 23:51:24

Wie gerne ich Oyster auf Vinyl hätte! Leider unbezahlbar.

Ich habe den 2017er-Rerelease zum regulären Preis gekauft. Wenn ich mich recht erinnere, möglicherweise sogar bei einer "3 für 2"-Aktion. Schon erstaunlich, wie die gestiegen ist.

nörtz

2023-01-02 17:43:43

"Storm" kam nach "South" raus.

Ja. Ich war nur zu faul, das noch einmal besser zu formulieren. :D

Pearl muss ich mir dann wohl mal anhören.

Christopher

2023-01-02 17:41:50

"Storm" kam nach "South" raus.

"South" markiert für mich den Punkt, an dem es wirklich bergab ging. "Siren" war auch schon überzuckert, aber da waren die Songs noch richtig stark. Auf "South" klingt dann vieles beliebig, ganz schlimm sind diese merkwürdigen RnB-Anleihen, die v.a. durch die billigen Beats erkennbar werden.

Ihr bestes Album nach 2000 ist "Pearl", da sind nochmal richtig schöne Tracks drauf, die z.T. sogar an die 90er erinnern. (Den Titel "Pearl" hat sie sicher nicht zufällig gewählt.)

VelvetCell

2023-01-02 17:40:10

Wie gerne ich Oyster auf Vinyl hätte! Leider unbezahlbar.

VelvetCell

2023-01-02 17:39:38

Da geht es mir wie dir, nörtz. Aber man muss sie trotzdem einfach liebhaben.

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