Gentleman - Mad world

Urban / Universal
VÖ: 02.12.2022
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10
3/10

Immer positiv bleiben

Im März 2022 wurde Sängerin Ronja Maltzahn wegen ihrer Dreadlocks von einer Fridays-for-Future-Veranstaltung ausgeladen, im Sommer ein Konzert der leidlich bekannten Reggaeband Lauwarm aufgrund ihrer Frisuren und afrikanischer Kleidung abgebrochen. Im Oktober war es Seeed-Kopf Peter Fox, der nach Release seiner Single "Zukunft Pink" Kritik erntete. In allen drei Fällen wurde den weißen Musiker*innen "kulturelle Aneignung" vorgeworfen. Folgerichtig äußerte sich zuletzt auch Gentleman zu dieser Debatte in großen deutschen Medien. Dass das so spät passiert, ist wohl dem Umstand geschuldet, dass nun sein achtes Studioalbum "Mad world" erscheint. Relevant wäre seine Stimme auch schon zu Beginn der Debatte gewesen. Der in Köln aufgewachsene Künstler singt seit Jahren im jamaikanisch-kreolischen Patois und ist für viele Deutsche der Inbegriff des Reggae.

Zuletzt sah es nach einer gründlichen Kurskorrektur aus, als Gentleman 2020 erstmals ein deutschsprachiges Album veröffentlichte. Das Resultat kann man als durchwachsen bezeichnen, Plattentests.de hat damals auf eine Rezension von "Blaue Stunde" verzichtet. Für "Mad world" kehrt er zum bewährten Patois zurück. Darüber und über den teilweise klassischen Sound des neuen Albums dürften sich die langjährigen Anhänger*innen des Sängers freuen. "They don't know" und "Over the hills" sind zurückgelehnte Roots-Reggae-Nummern und erinnern stark an die Songs von Gentlemans ersten Releases "Trodin on" und "Journey to jah". "Fight for no reason" kommt ein bisschen düsterer daher, aber Wut und Aggressivität gibt's bei Gentleman nur sehr dosiert. Seine Tracks betonen meist das Positive.

Oft übertreibt er es mit der Harmonie aber, und es kommen dabei platte Popsongs wie "Things will be greater" raus. Anscheinend ging das gemeinsame Musizieren mit Popstars wie Lena und Joris bei "Sing mein Song" nicht spurlos an dem 48-Jährigen vorbei. Auch "Far from the rage" klingt dank Klavierbegleitung und Fingerschnippen zuckrig-vorweihnachtlich. Für "Can't lock the dance" konnte Gentleman den ghanaischen Künstler Stonebwoy gewinnen, und den beiden gelingt ein passabler Tanz-Song. Der Titeltrack ist keine echte Coverversion, bedient sich aber am Refrain des Songs von Tears For Fears, der dank der Interpretation von Gary Jules im Jahr 2003 ein Comeback erlebte. Gentleman wird mit seiner befremdlichen Version voraussichtlich nicht für eine ähnlich erfolgreiche Wiedergeburt sorgen.

Der Rheinländer hat mittlerweile das kalte Deutschland verlassen und ist mit seiner Familie nach Mallorca ausgewandert. Den erbitterten Debatten um Cancel Culture und Wokeness wird er damit wohl nicht entfliehen. Im ZEITmagazin-Interview erwähnte er die Chance, dass der Diskurs auch zu einem besseren Bewusstsein über die Ursprünge des Reggae führen könnte. Er kann also auch der hitzigen Debatte etwas Positives abgewinnen.

(Andreas Rodach)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Over the hills
  • They don't know

Tracklist

  1. Defining love
  2. Over the hills
  3. Fight for no reason
  4. Can't lock the dance(feat. Stonebwoy)
  5. Things will be greater
  6. What them a go do
  7. They don't know
  8. Mad world
  9. Far from the rage
  10. Stick to the topic
  11. Island Breeze (feat. Etana)
  12. Jah only
Gesamtspielzeit: 33:37 min

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Armin

2022-12-11 18:19:18- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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