The Smashing Pumpkins - Atum – Act I

Martha's Music / Thirty Tigers / Membran
VÖ: 15.11.2022
Unsere Bewertung: 3/10
3/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

They don't have no function

"Denken Sie groß" – nichts leichter als das für Billy Corgan. Kaum ist ein Projekt angefangen, schon ist es diverse Nummern zu klein für den Kopf hinter The Smashing Pumpkins. "Teargarden by kaleidyscope" und "Shiny and oh so bright" sind nur Beispiele für solche Zyklen, deren Ende sich die Anhängerschaft bisher selbst dazudenken muss. Nun soll es gar eine "rock opera in three acts" namens "Atum" sein, die nicht weniger als die Geschichte von "Mellon Collie and the infinite sadness" sowie "Machina / The machines of God" weitererzählen soll. Wer erklären kann, welchen konzeptuellen Zusammenhang es zwischen jenen Alben gibt, hebe bitte die Hand. Ansonsten schreiben wir lieber schon mal eine Rezension zum ersten Teil der Trilogie mit elf von 33 Songs – bevor Corgan es sich doch noch anders überlegt und den Rest einstampft oder im Archiv versauern lässt. Gründe genug gäbe es dazu.

"Atum – Act I" ist der bisherige Tiefpunkt von dem, was mittlerweile noch unter dem Namen The Smashing Pumpkins firmiert. Man muss sich gar nicht auf die glorreiche Frühphase bis 2000 zurückbesinnen: Selbst für die Band, die Alben wie "Oceania" oder "Monuments to an elegy" geschaffen hat, ist dieses desaströse Bündel an Songs ein entlarvendes Armutszeugnis, sogar der überlange Synth-Trip "Cyr" hatte noch mehr zu bieten. Größtes Hindernis unter vielen ist die grauenvolle Produktion, die auch noch das letzte Fitzelchen Seele aus den Stücken saugt, was diese hätten besitzen können. Dass wieder ein Tick mehr Gitarren zu hören sind: geschenkt. Corgan nölt wie immer im Vordergrund ins Ohr, die Synthesizer hätten selbst Erasure als zu käsig abgelehnt und warum man Jimmy Chamberlin überhaupt noch Gehalt zahlt, wenn alle Drums wie von einer sturen Maschine eingehackt klingen, ist ein großes Rätsel. "Atum – Act I" führt die Dreiviertel-Reunion inklusive Chamberlin und Gitarrist James Iha noch ein Stück weiter ad absurdum.

Davon abgesehen ist es nicht so, dass große Songwriting-Kunst durch einen schlimmen Mix untergraben werden würde, der wohl symbolisiert, was Corgan unter "zeitgenössisch" versteht. Vielmehr schreibt dieser seine banalsten und vergessenswertesten Songs überhaupt. Die rockigen "The good in goodbye" und "Steps in time" funktionieren dabei noch am unschlechtesten, obwohl sie genauso wenig nach einer gemeinsam spielenden Band klingen wie alles andere. Corgans Vorliebe für einfallslose Gniedel-Solos stößt dabei trotzdem immer wieder unangenehm auf. Das überzuckerte "Butterfly suite" prägt sich dank einer Hook zumindest halbwegs ein, auch wenn neben Zeilen wie "Good morning to you, sun / Don't ever set on our love / As our love has begun" selbst das Frohlocken von Zwans "Honestly" daneben wie "Zero" klingt. Mit der netten Ballade "Where rain must fall" sind aber bereits alle hauchdünn positiven Ansätze aufgezählt. Links und rechts davon warten Abgründe, die teils nur noch blankes Entsetzen hervorrufen.

Schon das instrumentale Intro ist als Titeltrack bereits Warnung genug. Was Epik vermitteln soll, ist einfach esoterischer Keyboard-Käse mit idiotischem Gitarrengequirle obendrauf. "Wouuuu, wouuuu, wouuuu, hooligan", lässt Corgan später verlauten und man fragt sich, ob das "whole again" heißen soll oder einfach eine saublöde Metapher ist, bevor die ekelhaften Billig-Synths das Trommelfell perforieren. "What could go wrong?", fragt Corgan selbst und beantwortet das mit dem unfassbaren "Hooray!" – wahlweise der zementierte Tiefpunkt oder der unfreiwillige humoristische Höhepunkt dieses Aktes. Verabredet mit Dredgs "Where I'll end up" im Fernsehgarten der Liebe schunkelt und galoppiert es sich ein Nachmittagsrodeo zusammen. "Giddy up, giddy up." Man würde dahinter eine Parodie vermuten, wenn Corgan diese ganze pathetische Soße nicht so bitterernst nehmen würde. Da ist man dankbar, dass der Closer "The gold mask" sich "nur" mit totproduzierten Keyboard-Schwaden und ultrasturem Metronom-Beat ins Abseits befördert.

Was von "Act II" (nicht) zu erwarten ist, kann höchstens noch die dort enthaltene Single "Beguiled" verraten, dessen riffiger Ansatz zwar hier im oberen Mittelfeld landen würde, aber ebenso seelenlos und mechanisch bleibt wie alles auf "Act I". Dass Corgan überhaupt versucht, eine Linie von diesem Machwerk zu zwei Bandklassikern zu ziehen, ist ein Hohn sondergleichen und zeigt lediglich, wie wenig Realitätsbezug er noch besitzt – und wie egal den anderen Beteiligten scheinbar wirklich alles an The Smashing Pumpkins ist. Belassen wir es vorerst bei einem Zitat über die Band von Stephen Malkmus, dessen eigene Truppe erst gerade wieder zeigt, wie man ein Erbe ordentlich verwalten kann: "I don't understand what they mean / And I could really give a fuck."

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The good in goodbye
  • Steps in time

Tracklist

  1. Atum
  2. Butterfly suite
  3. The good in goodbye
  4. Embracer
  5. With ado I do
  6. Hooligan
  7. Steps in time
  8. Where rain must fall
  9. Beyond the vale
  10. Hooray!
  11. The gold mask
Gesamtspielzeit: 40:26 min

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