Devin Townsend - Lightwork

HevyDevy / InsideOut / Sony
VÖ: 04.11.2022
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

In der Ruhe liegt die Kraft

Es sollte mittlerweile wirklich bekannt sein, dass Devin Townsend eine diebische Freude daran hat, sich jeglichem spontanen Zugriff zu entziehen. Ob nun mit Death Metal in wahrhaft infernalischen Dimensionen, irrwitzigen Science-Fiction-Epen über koffeinabhängige Sockenpuppen aus dem Weltall oder schlicht mit breitwandigem, schwelgerischem Prog – der Kanadier findet immer eine Lücke, um jegliche Erwartungshaltung zu pulverisieren. Die einzig korrekte Vorgehensweise bei einer neuen Platte des hyperaktiven Multitalents ist eben diejenige, sich vorab keinen Plan zurechtzulegen und abzuwarten, was da kommen mag. Wie gesagt, eigentlich weiß man das nur zu gut. Und doch ist die Reaktion nach dem ersten Durchlauf von "Lightwork" eine verwirrte. Weil die Platte nämlich zunächst tatsächlich einfach vorbeizurauschen scheint.

Dabei ist "Moonpeople" ein wunderbarer Opener, wie sich nach dem nächsten Durchlauf herausstellt, gleitet herrlich entspannt dahin, auch wenn im Hintergrund filigrane Gitarrenfiguren ihrer Entdeckung harren. Doch eins ist diesmal anders – gerade, als sich erste Disharmonien einmischen und den Song zu übernehmen drohen, mahnt Townsend kurz: "Stop it!" und sammelt die Strukturen ein, die sich schlussendlich doch in die so geschätzen Breitwandklänge entwickeln können. Das folgende "Lightworker" breitet dann die Arme folgerichtig zum ganz großen Kino aus, beginnt mit triefendem Kitsch, der eigentlich wegen der akuten Diabetes-Gefahr umgehend abstoßend wirken würde, doch im Verlauf seine Botschaft entfaltet. Die Zeiten mögen verwirrend sein, doch irgendwo ist da dieser eine Fixpunkt, der Leuchtturm. Insofern fügt sich das Album in den Kontext seiner Vorgänger ein. Auf "Empath" aus dem Jahr 2019 gab sich Townsend extrovertiert: wild, immer over the top, hart an der Grenze zur Totaleskalation, meist darüber. Und während das zwischendurch eingeschobene, etwas konfus wirkende Multimedia-Projekt "The puzzle" quasi das umgebende Chaos abbildet, ist "Lightwork" eine Art Yang zu diesem Yin, wirkt aus vielen Gründen bodenständiger, kontrollierter.

Nicht ganz unschuldig daran ist Garth Richardson, der am Mischpult die Fäden zusammenhielt – übrigens eine der wenigen Gelegenheiten bisher, bei denen Townsend tatsächlich mit einem externen Produzenten zusammenarbeitete. Wer von den beiden nun die Idee hatte, dem quasi exakt in der Mitte des Albums liegenden "Heartbreaker" diese irrsinnigen Melodien einzupflanzen, bleibt dabei allerdings ungewiss. Doch exakt dieser Reizpunkt fordert plötzlich die volle Aufmerksamkeit, nimmt wieder einmal mit auf musikalische Entdeckungsreise und lässt das ganze Interpretationsgebäude komplett kollabieren. Denn auch wenn "Heartbreaker" nicht so eskaliert wie vieles auf "Empath", zeigt das Stück doch die überschäumende Kreativität des Kanadiers, der über die Jahrzehnte lernen musste, ebendiese zu kanalisieren. So bleibt auch das Riffgewitter "Dimensions" zwar unerbittlich treibend, verzichtet aber auf die ganz wilden Rüpeleien früherer Alben. Dennoch wirkt dieses Songdoppel wie eine Initialzündung für eine wesentlich offenherzigere zweite Albumhälfte, wie ein Weckruf, nach den ersten, sehr ruhigen Songs doch noch deutlich rockiger zu werden.

Zumindest bis "Vacation", das auch nach dem x-ten Durchlauf verwirrt. Meint der das ernst? Wenn ja, warum? Zumindest war bis dato nicht bekannt, dass Townsend auch eine folkige Singer-Songwriter-Seite hat. So bleibt "Vacation" tendenziell unpassend, zumal danach "Children of God" noch einmal das ganz große Besteck hervorholt. Mächtige Chöre, eine Wall Of Sound, die trotz aller Dichte immer noch eher fluffig als massiv wirkt, und immer wieder diese kleinen Spielereien, die um Aufmerksamkeit buhlen, damit sie im Songkontext einen Sinn ergeben. Vielleicht lässt sich "Lightwork" so schwer greifen, weil es sich ganz bewusst nicht für eine der bisher bekannten stilistischen Facetten des Kanadiers entscheiden will. Was der Grund dafür sein mag, dass Townsend selbst dieser Platte zwischendurch überdrüssig war und die Aufnahmen sogar vorzeitig beenden wollte. Gut, dass er es sich anders überlegt hat.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Moonpeople
  • Dimensions
  • Celestial signals
  • Children of God

Tracklist

  1. Moonpeople
  2. Lightworker
  3. Equinox
  4. Call of the void
  5. Heartbreaker
  6. Dimensions
  7. Celestial signals
  8. Heavy burden
  9. Vacation
  10. Children of God
Gesamtspielzeit: 55:58 min

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Armin

2022-11-16 21:00:27- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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