
Rina Sawayama - Hold the girl
Dirty HitVÖ: 16.09.2022
Come to mama
Rina Sawayama ist gekommen, um zu bleiben: Den Kickstart ihrer Karriere hat so ein bisschen die Pandemie ausgebremst, nichtdestotrotz ist die britisch-japanische Künstlerin mit schrägen Zweitausender-Hartwurst-Referenzen in ihrem Mainstream-Pop aufgefallen. Seit "Sawayama" hat sie u. a. mit Elton John und Lady Gaga zusammengearbeitet, und gerade Letztere scheint für das Zweitwerk "Hold the girl" nun mehr als nur eine Schwester im Geiste zu sein. Nicht nur stimmlich, auch in ihrer fehlenden Bescheidenheit: Sawayama legt ein gigantisches Pop-Album vor, mehr Madonna als J-Rock, mehr "A star is born" denn Crossover. "Catch me in the air" kommt zwar noch leichtfüßig auf sympathischem "1979"-Beat daher, nimmt die Alternative-Fraktion also trotzdem noch mit, insgesamt aber werden die Gitarren eingemottet. Und lassen der Songwriterin die nötige Luft zum Atmen, um sich an breiten Melodiebögen und Superstar-Ambitionen zu versuchen. Im Großen und Ganzen gelingt das Experiment.
Reduziertes wie "Comme des garçons" befindet sich nicht länger im Repertoire: Der Titeltrack zum Beispiel unterlegt seine moderne EDM erst schüchtern mit Akustikgitarre und plustert sie dann unverfroren mit Chipmunk-Sounds und Konservenstreichern auf. Die Ohrwurm-Single "This hell" stellt sich geschickter an und macht einen auf Katy Perry in gut, während Sawayama Referenzen an unvorteilhafte Britney-Spears-Schnappschüsse droppt und vom gemeinsamen Ableben mit dem Herzblatt schwärmt. "Got my invitation to eternal damnation!" Überzeugender als ihre Tanzflur-Ausflüge gelingen der Künstlerin aber seit jeher ihre Balladen: Das verspielte "Forgiveness" ist kraftvoll gesungen und dosiert seine Epik im richtigen Maße. Und "Send my love to John" könnte sich im Namen beinahe vertan und eigentlich "Joanne" gemeint haben.
Eine weitere Facette eint Rina Sawayama mit Mama Germanotta: Sie weiß ihre steigende Popularität zu nutzen. Die Musikerin spricht offen über ihre geistige Gesundheit und nonkonforme Sexualität und bietet damit vielen, gerade jüngeren Hörer*innen eine Identifikationsperson. Bis zum abgedrehten, basslastigen "Frankenstein" und dem Adult-Contemporary-Hit "Hurricanes" jedoch, der altehrwürdigen Ikonen wie Liz Phair oder Alanis Morissette alle Ehre macht, lässt sich "Hold the girl" im Mittelteil leider etwas hängen. Mit "To be alive" zwischen ABBA-Hook und treibendem Eurotrash hingegen ließe sich zum Schluss noch heute jeder Eurovision Song Contest gewinnen (während "Holy" im Vorentscheid knapp rausflöge). Als Ganzes ist der Sound von Rina Sawayama nicht amerikanisch, nicht europäisch und ganz besonders nicht japanisch, aber von allem ein bisschen. Und auch wenn der Genre-Clash nun zugunsten einer eher ausladenden und weniger experimentellen Pop-Vision in den Hintergrund tritt, lässt sich das Talent der Londonerin nicht leugnen. Die alten Korn-Platten hört sie im Nightliner halt wohl nur noch heimlich.
Highlights & Tracklist
Highlights
- This hell
- Forgiveness
- Frankenstein
- Hurricanes
Tracklist
- Minor feelings
- Hold the girl
- This hell
- Catch me in the air
- Forgiveness
- Holy (Till you let me go)
- Your age
- Imagining
- Frankenstein
- Hurricanes
- Send my love to John
- Phantom
- To be alive
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Grizzly Adams
2023-02-19 08:02:32
Mal wieder so ein Album, bei dem ich nicht sagen kann, warum ich beim Random-Stöbern ausgerechnet hier reingetappt bin. Und dann noch entdeckt, dass PT die junge Frau sogar rezensiert hat. Das passt im Grunde alles, was da steht. Bis auf die Wertung. Ich selbst würde tatsächlich 7/10 geben. Weil ich die Referenz zu Lady Gaga ebenfalls am auffälligsten finde und ihre Stimme für meine Ohren auch über dem Durchschnitt anderer Künstlerinnen liegt, die in den letzten 10 Jahren oder so mit dieser Art Pop die Charts und Playlists dominierten.
Armin
2022-09-14 21:23:01- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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