Muse - Will of the people

Warner
VÖ: 26.08.2022
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Don't believe the truther

Alles gut, kein Grund zur Aufregung! Matthew Bellamy ist klar im Kopf, nicht auf der Seite der Abgedrehten. Ist ja nicht selbstverständlich, schließlich hatte der Muse-Frontmann durchaus immer ein Faible für Verschwörungstheorien. "With every second, our anger increases / We're gonna smash your nation to pieces", heißt es nun im Song "Will of the people", bevor später sogar ein "sheeple" in den Text geschmuggelt wird. Alles Ironie, so Bellamy im Interview – eine Parodie auf die ganzen Quer- und Leerdenker. Es ist sicher sinnvoll, dass er es noch einmal betont. Schließlich ist der Stiefel der Band einfach so over the top, dass keinerlei Raum für Nuancen und Feinheiten bleibt. Anders gesagt: Wenn es da eine zweite Ebene gibt, ist sie unter Bombast, Pathos und plattester Lyrik begraben. Herzlich Willkommen auf dem neunten Album von Muse.

Jener Song ist also der Titeltrack und Opener von "Will of the people". Er erinnert mit seiner Stampfrhythmik und den aufgebrachten Chören nicht nur an einen Mix aus Marilyn Mansons "The beautiful people" und "Disposable teens", sondern vor allem daran, dass man im Jahr 2022 definitiv nicht an Marilyn Manson erinnert werden möchte. Aber mit Hirn aus und Leber an geht das live wahrscheinlich gut ab. "Compliance" macht eine etwas bessere Figur als obligatorischer Pop-Song mit obligatorisch paranoiden Lyrics. Moment? Hat der Rezensent nicht im Forum höchstselbst diese und andere Singles zuvor als Vollschrott abgetan? Und nun gibt es ganze sechs Punkte? Entfalten die Vorabboten im Kontext denn eine bessere Wirkung oder enthält "Will of the people" abseits davon ungeahnte und unerwartete Perlen? Ja und ja.

Bellamy selbst bezeichnet die Platte als eine Reaktion auf die Forderung einer "Greatest hits"-Compilation seitens Warner – herausgekommen sei auch eine "Greatest hits", nur eben mit neuen Songs. Das ist natürlich höchstens insofern richtig, dass man statt der platten Kopie "Euphoria" gleich "Time is running out" hätte draufpacken können. Ansonsten sind Muse hier eher darauf bedacht, jede ihrer Facetten einmal abzudecken, und zwar stilistisch und qualitativ. Am unteren Ende der Skala warten gleich hintereinander der öde Queen-Verschnitt "Liberation", bei dem man kaum wahrnimmt, dass er mit der kürzeste Track auf den Album ist, oder das ultrapappig produzierte "Won't stand down". Kaum zu glauben, dass es bislang noch keinen Muse-Song mit diesem Namen gab. Trotzdem entwickelt "Will of the people" schon hier einen merkwürdigen Sog, was es vom disparaten Vorgänger "Simulation theory" unterscheidet.

Denn gerade wenn man merkt, dass man bei den eigentlich verhassten Singles doch unbemerkt mitwippt und -nickt, packt das Album erst richtig zu. Zuerst mit "Ghosts (How can I move on)", eine (für Muse-Verhältnisse!) sehr reduzierte Ballade, bei der Bellamy endlich wieder zu einer schönen Melodie am Klavier leidet: "Here's to letting go / But I'm trapped in a void with your ghost and your memories." "You make me feel like it's Halloween" hat mit Falsett, Funk und der Harmonie immer kurz vor ABBA mehr Camp als Lady Gaga, aber macht ganz direkt, ohne jegliche Umwege eine Wagenladung Spaß. Und nachdem "Kill or be killed" endlich neues Riff-Futter für neue "Guitar hero"-Editionen liefert, ist "Verona" das Herzstück der Platte. "Can we kiss with poison on our lips?", fragt Bellamy standesgemäß mit viel Hall auf der Stimme. Wenn er "I neeeeeed you now" herrlich langzieht und das Drama ausbricht, ist man zu Hause.

Dieser Lauf in der hinteren Mitte gehört zum besten der Post-"Black holes and revelations"-Phase und sorgt gleich noch mit für einen angemessenen Spannungsbogen. Abgeschlossen wird dieser durch, ähm, "We are fucking fucked", bei dem es definitiv keine doppelten Böden mehr gibt. Beißend frisst sich das Riff durch die Boxen, dazu gibt es Gift auf den Zähnen: "We're at death's door / Another world war / Wildfires and earthquakes I foresaw / A life in crisis / A deadly virus / Tsunamis of hate are gonna drown us." Der Songtitel wird ins Hirn gehämmert und die Tür zugeworfen. Maximal unsubtil, aber effektiv. Am Ende bleibt Verblüffung, wie rund die Sache doch geworden ist. Fühlt sich so dieses "Stockholm syndrome" an, von dem die Band selbst mal sang? Entziehen Muse einem beim Hören einfach jeglichen Geschmack? Am Ende bleiben eine Handvoll Ohrwürmer und das Gefühl, etwas Schmutziges getan zu haben. Irgendwie gut.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ghosts (How can I move on)
  • You make me feel like it's Halloween
  • Kill or be killed
  • Verona

Tracklist

  1. Will of the people
  2. Compliance
  3. Liberation
  4. Won't stand down
  5. Ghosts (How can I move on)
  6. You make me feel like it's Halloween
  7. Kill or be killed
  8. Verona
  9. Euphoria
  10. We are fucking fucked
Gesamtspielzeit: 37:37 min

Im Forum kommentieren

The MACHINA of God

2024-06-26 01:46:03

Letzte Minute "Won't stand down" ballert alles nieder. Ansonsten noch "Ghosts" und "Verona" sehr schick, "Kill or be killed" unterhaltsam. Rest eher nun ja...

The MACHINA of God

2024-06-26 00:48:51

Auf jeden Fall. Ich liebe den instrumentalen Teil des Songs. Lustig, wie ein User uns beide scheinbar in ne Muse-Phase geballert hat. :D

Affengitarre

2024-06-26 00:39:02

Irgendwie finde ich „Won‘t stand down“ total klasse. Das ist ein katastrophaler und auch kein guter Song, aber der macht gerade mit seinem überdrehten Numetalriffs mega Spaß.

Francois

2023-06-05 17:22:51

Konzert war solide und gut.
Royal Blood auch.
Der Sound war durch das kleine Stadion auch ehr gut.

Aber ansonsten halt eher bescheiden organisiert.
Wartezeit bei den Getränke-Standln mind 30Min... das ist einfach witzlos

HiStaker

2023-06-05 09:25:46

https://www.msn.com/de-at/nachrichten/other/muse-lieferten-perfekt-inszeniertes-rock-spekatel/ar-AA1c6yXc

ich glaub perfekter kann man den Abend nicht zusammenfassen! Auch Royal Blood waren überraschend gut.
Mein persönliches Highlight: "You make me feel like its Halloween".

Das was ich nicht kapiere ist, warum man nach bereits zahlreichen Konzerten in Wr. Neustadt immer noch kein gescheites Parkplatz-Konzept entwickeln konnte. Ich brauchte 1,5 Stunden bis ich wegfahren konnte, weil die Ordner völlig versagten...

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