Tori Amos - Tales of a librarian - A Tori Amos collection
Atlantic / Eastwest / WarnerVÖ: 24.11.2003
Zwischen den Zeilen
Sie hat sich wieder etwas einfallen lassen. Unglaublich. So viel Aufwand für einen schnöden Rückblick auf Tori Amos' Schaffen. Das kunstvolle, mit sämtlichen Lyrics und exquisiten Fotos versehene Booklet wurde nach dem System gestaltet, das der Bibliothekar Melvil Dewey vor mehr als hundert Jahren entwickelt hat und das die Welt des gedruckten Wortes in zehn Gruppen und unzählige Untergruppen einteilt. Jeder der Tori Amos-Songs wird im Booklet einem dieser Bereiche zugeordnet. Das bewegende, nur von Tori Amos' nackter Stimme getragene Drama "Me and a gun" findet sich so unter "360 Social problems and social services / 362.8 Act of rape" wieder. Und ihr einziger größerer Hit "Cornflake girl" unter "170 Ethics / 177 Ethics of social relations (Betrayal)".
Mit den vertretenen 20 Songs wird "Tales of a librarian" seinem Untertitel "A Tori Amos collection" vollauf gerecht. Es ist eben keine "Greatest hits"-Zusammenstellung, sonst wäre der Silberling nach weit weniger als 78:40 Minuten zuende. Und es ist ebensowenig eine "Best of"-Kopplung, sonst hätte man es sich nicht leisten können, die gelungenen Konzeptalben "Strange little girls" und "Scarlet's walk" außen vor zu lassen. "Tales of a librarian" ist "nur" eine Kollektion. Für Einsteiger, für Alleskäufer, kurzum: für jeden, der der unglaublich tiefschürfenden Piano-Poesie der Dame folgen kann und möchte.
Der Schwerpunkt von "Tales of a librarian" liegt goldrichtig auf Tori Amos' ersten beiden, meisterhaften Alben. "Little earthquakes" ist mit ganzen sechs Songs vertreten, "Under the pink" mit immerhin drei, die Nachfolgeralben "Boys for Pele", "From the choirgirl hotel" und "To Venus and back" dagegen zu recht nur mit einem oder zwei Beiträgen. Mittendrin findet sich der wummernde Armand van Helden-Remix von "Professional widow", der zwar vor sieben Jahren ein kleiner Hit war, aber zwischen all den so zerbrechlichen Stücken wie ein Fremdkörper wirkt. Weit besser ins Gesamtwerk fügen sich "Angels", "Snow cherries from France", das sakrale "Mary" und das spröde "Sweet dreams" ein, die vier brandneuen Stücke.
Interessant dürfte für Jäger und Sammler zudem sein, daß das komplette Material einer Überarbeitung überzogen wurde: "Remixed and reconditioned by Mark Hawley and Marcel van Limbeek. Mastered by Jon Astley. Produced by Tori Amos", heißt es im Booklet. Was klingt wie die verbotene Antastung unantastbarer Songs, macht durchaus Sinn und wurde so sorgfältig umgesetzt, daß es keinen vor den Kopf stößt und bei manchen Songs nicht einmal wahrzunehmen ist. So erklingt "Crucify" mit zartem Echo und abgeschwächt schlürfendem Loop noch brillanter als das Original, und auch das restliche Material hat an Transparenz gewonnen.
Die Freude, Verzückung und Ergriffenheit über "Tales of a librarian" wird nur vom üblichen Phänomen solcher Kollektionen getrübt: dem Fehlen von so manchem Song, der nicht fehlen dürfte. Wenn schon das halbe Debüt "Little earthquake" abgedeckt wird, dann doch bitte auch samt Titelsong. Vom Nachfolger wäre "Past the mision" unverzichtbar gewesen. Und die großartigen "Pretty good year" und "Putting the damage on" sind mit drei weiteren Songs nur als Video auf einer DVD vertreten, die es mit der CD optional als (etwas teurere) Box zu erstehen gibt. Irgendetwas wird Tori Amos wohl auch damit bezweckt haben. "There're pieces of me you've never seen", verspricht sie. Und ist uns wie immer um mindestens einen Gedanken voraus.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Silent all these years
- Cornflake girl
- Winter
- Crucify
Tracklist
- Precious things
- Angels
- Silent all these years
- Cornflake girl
- Mary
- God
- Winter
- Spark
- Way down
- Professional widow
- Mr. Zebra
- Crucify
- Me and a gun
- Bliss
- Playboy mommy
- Baker baker
- Tear in your hand
- Sweet dreams
- Jackie's strength
- Snow cherries from France
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