Jack White - Entering heaven alive
Third Man / MembranVÖ: 22.07.2022
Ti amo, Piano
Jack White croont wieder. Die zwei Seelen in seiner Brust, die zum einen die wildesten Guitar-Freakouts und zum anderen die melancholischsten Blues-Heuler hervorbringen, existieren immer noch. Im Jahr 2022 hat White sie sauber getrennt: in das verzerrte, weirde (und vom Rezensenten leider gut einen Punkt unterbewertete) "Fear of the dawn" und nun "Entering heaven alive", ein sensibles und größtenteils akustisches Yang zum Yin. Allen voran erinnert es an "Get behind me Satan", den Moment, in welchem The White Stripes plötzlich auf Piano umsattelten und sich zwischen Heimeligkeit und Unheimlichkeit nicht entscheiden konnten. "Entering heaven alive" ist da nur einen Tick gewöhnlicher. Jack White schreibt wieder richtige Songs mit Struktur, die er auf "Boarding house reach" fast völlig und auf "Fear of the dawn" noch zum Teil außer Acht gelassen hatte. Dennoch nehmen diese elf Stücke keinesfalls immer die einfache Abfahrt. Allerlei Merkwürdigkeiten hat der 47-Jährige unter die Kammermusik gemischt.
Das beinahe comichaft hüpfende "Queen of the bees" glöckelt einen sturen Beat entlang und übt sich in seltsamen Liebeserklärungen: "I wanna hold you like a sloth hugs a tree / 'Cause I crave you like a glass needs wine / But I'm worried that I'm wasting your time." Keinesfalls. "A tip from you to me" spielt die Sache straighter, hätte sich auch im Umfeld von "My doorbell" gut gemacht. "Ask yourself if you are happy / And then you cease to be / That's a tip from you to me" – und doch inspiziert White das eigene Glück und Pech in jedem Song hier. "I've got a sailboat with her name painted on it / But I don't know hot to sail", heißt es in der Ballade "Love is selfish". Noch leidenschaftlicher ist das hochmelodische "Help me along", das emotionale Zentrum der Platte. When White "And I'm wanting to show you that I'm willing to share" herausruft, merkt man: Er möchte endlich wieder Emotionen vermitteln.
Während die Mehrheit der Stücke sich zwischen akustischer Gitarre, Klavier und Rhythmussektion bewegt, streut "Entering heaven alive" dennoch immer wieder Akzente ein, die aufhorchen lassen. "I've got you surrounded (with my love)" mag ein sehr jackwhitiger Jack-White-Songtitel sein, die jazzige Lounge-Atmosphäre, in die ausnahmsweise doch eine verzerrte Gitarre hineingrätscht, unterstützt jedoch ein sehr gelungenes Experiment. White zieht sich sogar das Detektiv-Outfit an und wird zum Storyteller in "A madman from Manhattan", das mit hitziger Stimmung und gestreichelten Hi-Hats entfernt an Calexicos staubige Exkursionen erinnert. "Entering heaven alive" wagt sich trotz allem jedoch nicht zu weit raus, bleibt ein schlichtweg sehr gelungenes Werk des Virtuosen. Diesmal eben in einfacheren Farbtönen, die sogar das sonst omnipräsente Blau vom Cover verdrängen.
Am Ende spannt das Album mit der bereits zuvor bekannten "Gently"-Version von "Taking me back" ganz plastisch den Bogen zu "Fear of the dawn". Nicht nur, dass der ursprüngliche Rocker in einen lustig gefieldelten Alternativ-Take überführt wird, der am Ende auch noch extensiv Zeit zum Jammen findet. Die letzten Sekunden schließen außerdem an die ersten des Vorgängers an und stellen so eine weitere Verbindung der beiden konträren Werke her. Dabei steht "Entering heaven alive" doch sowieso ganz stabil auf eigenen Füßen. So sentimental White auch dieses Mal drauf sein mag.
Highlights & Tracklist
Highlights
- A tip from you to me
- Help me along
- I've got you surrounded (with my love)
- A madman from Manhattan
Tracklist
- A tip from you to me
- All along the way
- Help me along
- Love is selfish
- I've got you surrounded (with my love)
- Queen of the bees
- A tree on fire from within
- If I die tomorrow
- Please God, don't tell anyone
- A madman from Manhattan
- Taking me back (Gently)
Im Forum kommentieren
fuzzmyass
2022-08-03 02:39:39
Fantastisches Album! Ich mag ja sein Solowerk sonst auch, aber die anderen Alben sind phasenweise etwas zu angestrengt/verkrampft und weird um der weirdness' Willen (die schrillen Soli, komischen Sprechgesangseinlagen, überdrehter Gesang etc.), während hier endlich mal leichtfüßig und luftig sowie unaufgeregt agiert wird... das wirkt etwas spontaner und lockerer...
Armin
2022-07-28 19:55:10- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
Meinungen?
Sick
2022-07-25 18:54:55
Hm, seit langem mal wieder etwas überzeugendes von Jack White.
Gutes Album. 8/10.
Armin
2022-06-08 19:24:48- Newsbeitrag
JACK WHITE - IF I DIE TOMORROW
Jack White veröffentlicht heute eine neue Single und Musikvideo des am 22. Juli erwarteten neuen Albums „Entering Heaven Alive“. „If I Die Tomorrow“ heißt das neue Stück.
Felix H
2022-03-06 22:38:00- Newsbeitrag
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Jack White - No Name (51 Beiträge / Letzter am 30.08.2024 - 15:49 Uhr)
- Jack White - Entering Heaven alive (7 Beiträge / Letzter am 03.08.2022 - 02:39 Uhr)
- Jack White - Fear of the dawn (8 Beiträge / Letzter am 05.05.2022 - 17:33 Uhr)
- Jack White hört auf (24 Beiträge / Letzter am 27.06.2019 - 12:35 Uhr)
- Jack White - Boarding house reach (32 Beiträge / Letzter am 09.10.2018 - 10:34 Uhr)
- Jack White - Acoustic recordings 1998 - 2016 (8 Beiträge / Letzter am 29.12.2016 - 09:55 Uhr)
- Jack White - Blunderbuss (Soloalbum 2012) (50 Beiträge / Letzter am 23.03.2016 - 12:35 Uhr)
- Finden Frauen Jack White sexy? (13 Beiträge / Letzter am 02.09.2015 - 13:10 Uhr)
- Jack White - Lazaretto (26 Beiträge / Letzter am 12.06.2014 - 08:34 Uhr)
- \"Leck mich im Arsch\" - Jack White & Insane Clown Posse covern Mozart (26 Beiträge / Letzter am 25.09.2012 - 23:59 Uhr)
- Jack White and Alicia Keys - Another way to die (30 Beiträge / Letzter am 30.08.2012 - 02:40 Uhr)
- Jack White muss zum Aggresionsabbautraining. (21 Beiträge / Letzter am 15.06.2005 - 22:31 Uhr)
- Unterwegs nach Cold Mountain / Jack White (22 Beiträge / Letzter am 05.03.2004 - 16:38 Uhr)