Wovenhand - Silver sash

Glitterhouse / Indigo
VÖ: 04.02.2022
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Der unablässige Blick nach oben

David Eugene Edwards ist gleichsam eine Institution und ein Kuriosum in der weiten Musikwelt. Bald 30 Jahre geht das nun so: Einerseits spielt er beim Hellfest, andererseits vertont er tiefreligiöse Themen. Er tritt in Kreisen auf, in denen Götter unerwünscht sind und wird frenetisch gefeiert, wenn er dabei Zeilen wie "Sinnerman where will you run to?" predigt. Er holt Künstler wie Jacob Bannon, Alexander Hacke, Ben Chisholm, Carpenter Brut oder Chuck French ins Boot beziehungsweise in seine Arche. Wie kommt das? Vielleicht, weil all die Gottesfurcht, all die Klagelieder erst einmal eine Art Eigendialog darstellen. Edwards kasteit sich von jeher selbst, betet um Vergebung für die kaputte Menschheit, und das Publikum ist teilhabender Zeuge. Natürlich hat der Erfolg auch mit zwei Dingen zu tun: zum einen mit dieser wahnsinnigen Stimme, zum aneren mit dem komplett eigentümlichen Soundgewand, das sich wie ein roter Faden durch sein Werk zieht – sei es mit Sixteen Horsepower, Wovenhand oder zuletzt gemeinsam mit Alexander Hacke auf "Risha".

Vier Jahre sind seit diesem letzten Werk vergangen – ungewöhnlich viel mehr als sonst, denn üblicherweise wurden alle zwei Jahre die Testamente zitiert. "Silver sash" entstand nun in Kooperation mit genanntem Chuck French, der sonst unter anderem bei Planes Mistaken For Stars aktiv ist, aber auch schon etwa auf "The laughing stalk" oder "Refractory obdurate" seine Finger im Spiel hatte. Vier Jahre Pause, die aber sofort vergessen sind, sobald "Temple timber" ansetzt: "Silver sash" orientiert sich an den sehr krachigen Vorgängern. Startete Edwards Wovenhand noch als introvertiertes Singer-Songwriter-Projekt mit "Mosaic" und "Consider the birds" als frühen Schaffenshöhepunkten, scheppert es seit einiger Zeit umso mehr.

Noch immer dabei, wenngleich vereinzelter als einst: das Banjo, mit dem Sixteen Horsepower loszogen, um im Alleingang einen Genrebegriff zu schaffen, der immer wieder bemüht wird, um Edwards greifen zu können – Gothic Country. So richtig und doch falsch angesichts des textlichen Schwerpunktes. Was Wovenhand nun sind, wird mit jedem neuen Werk unklarer: "Silver sash" entfaltet gewaltige Wucht, tanzt einen groovenden "Dead dead beat", balanciert in "Omaha" auf knarzenden Saiten, fährt in vollem Tempo durch einen Sound, den es so kein zweites Mal gibt.

Der achte von neun, bezeichnenderweise "8 of 9" betitelte Track wiederum versammelt derart viele Eindrücke, dass zig Durchgänge nötig sind, zu erfassen, was oder wer hier gerade den Ton angibt. Das hallende Percussion-Gedonner? Die spindeldürren Banjomelodien, doch das Gitarrenmotto oder eben Prediger Edwards himself, der einen dann doch wieder einfängt? Zumindest singt er derart melodiös in kryptischen Gotteszitaten, dass sich Teile davon so in den Ohren festkrallen wie die zentralen Lyrics "Teach me what to say" im abschließenden Titelstück. Es könnte einem förmlich Angst machen, in welch kurzer Zeit sich diese Predigten in den Kopf brennen. Und obwohl dies inzwischen bereits unzählige Male der Fall war, ist auch dieses Wovenhand-Album erneut eine Art Offenbarung.

(Klaus Porst)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Duat hawk
  • 8 of 9
  • Silver sash

Tracklist

  1. Temple timber
  2. Acacia
  3. Duat hawk
  4. Dead dead beat
  5. Omaha
  6. Sicagnu
  7. The lash
  8. 8 of 9
  9. Silver sash
Gesamtspielzeit: 32:37 min

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velvet cacoon

2022-02-06 16:37:30

ich gebe auch ne 8/10, richtig gut.

Sloppy-Ray Hasselhoff

2022-02-04 21:18:04

Heftig konstant, der Herr Edwards. Duat Hawk leiht sich was von von the good hand aus, dead dead beat von Denver city. Selbstplagiat ist´s eher nicht, dafür sorgt die alternde Klangfarbe der Stimme. Der Typ veröffentlicht seit Jahren Platten auf speziell hohem Niveau. Das ist eben keine Tagescreme.
Die Rezi steht dem Album in nichts nach. Könnt man durchaus als Addendum ins Booklet packen. Als "Beipackzett´l", wie man hier im Hieb sagen würde. Die Anordnung der Tracks gefällt mir weniger. 8 of 9 kommt zu spät, wär der Splitter.
8 Nachos out of ten für das Album und für die Rezi.

Gomes21

2022-01-26 20:58:15

Schön geschriebene Rezension, klingt aber nach mehr als 7/10. Ich freue mich auf's Album!

Armin

2022-01-26 20:55:51- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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