Volbeat - Servant of the mind

Vertigo / Universal
VÖ: 03.12.2021
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Reumütig mutig

Irgendwie ganz schön blöd gelaufen. Eigentlich war alles angerichtet für Volbeat und den Sturm der internationalen Mainstream-Charts. In brutaler Ehrlichkeit hatten die Dänen jeglichen vermeintlich störenden Metal-Ballast von sich geworfen, um sich die berühmt-berüchtigten neuen Fan-Schichten zu erschließen, hatten sogar einen handfesten Streit mit der heimischen Presse bis zum gegenseitigen Boykott eskalieren lassen, weil diese ignoranten Schreiberlinge doch einfach nicht alles widerspruchslos supidupi finden wollten – und dann sowas. "Rewind, replay, rebound" war nicht nur künstlerisch eine Vollkatastrophe, sondern verkaufte sich auch erheblich zäher als die Vorgänger-Alben und schaffte es noch nicht einmal an die Spitze der dänischen Charts, was bislang nur dem Debüt widerfahren war. Tja, und als dann das Nachfolgealbum endlich fertig war, steckte die Welt mitten in der Pandemie und hatte andere Sorgen als Platten einer Band zu kaufen, für die einst der Begriff "Elvis-Metal" erfunden wurde, so dass "Servant of the mind" erst mit einem knappen Jahr Verspätung versuchen darf zu retten, was an der künstlerischen Integrität noch zu retten ist.

Die im Sommer erschienenen Vorabsingles ließen zunächst allerdings nicht allzuviel erwarten. "Dagen før" ist ein einfach gestricktes Pop-Nümmerchen, während "Wait a minute my love" mit seinem Rockabilly-Flair viel gute Laune versprühte, bis es durch die einschlägigen Radios bis zum Ohrenbluten gedudelt wurde – klarer Fall von Überdosis. Und in genau diese Skepsis hinein ballert der Opener "Temple of Ekur" mit einem tonnenschweren Riff, düsterer Melodien in der Strophe und großer Hook im Refrain. Das sind ... sind das etwa die Metal-Ohrwürmer, die an Volbeat immer so faszinierend waren und die längst vergessen schienen? Es scheint so. Denn plötzlich feuern Volbeat ein wahres Inferno an Riffs ab. Auch wenn Frontmann Michael Poulsen sich ohrenscheinlich bei den Aufnahmen von "The sacred stones" zu Metallica warmgesungen hat-ah!, stampft der Song geradezu doomig voran, zeigt trotz jubilierendem Refrain mehr Candlemass als Elvis.

Headbangen zu Volbeat – wie lange ist das her? "Shotgun blues" mag nicht sonderlich filigran sein, aber hämmert wie selbige Knarre seine Story über ein vermeintliches Spukhaus herunter. Wem das im übrigen immer noch nicht heavy genug ist, der darf sich als Bonustrack noch eine gegrowlte Version mit Dave Matrise von Jungle Rot am Mikrofon zu Gemüte führen. "The devil rages on" haut textlich in eine ähnliche Kerbe, überzeugt aber vor allem – auch das ein Rückgriff auf gute alte Zeiten – durch sein ausgeprägtes Rock'n'Roll-Flair, das fast glauben lässt, Poulsen trüge statt der üblichen Kutte 'nen weißen Glitzeranzug wie der King persönlich.

Erst gegen Ende schleichen sich ein paar kleine Unzulänglichkeiten, die ein oder andere zu sehr kalkulierte Melodieführung ein. "The passenger" wirkt deshalb mitunter etwas zusammengestückelt, und auch beim sonst tollen "Step into light" und dem knüppelharten "Becoming" mögen die Refrains nicht recht zum Rest der ansonsten sehr gelungenen Songs passen. Die echte Überraschung wartet jedoch am Schluss der regulären CD in Form von "Lasse's Birgitta", das sich mit der ersten Hexenverbrennung in Schweden im Jahr 1471 beschäftigt und diese Geschichte in ein mächtiges Stück Epic Metal kleidet, das selbst Größen wie Manilla Road gut zu Gesicht gestanden hätte. Volbeat holen sich also ein gehöriges Stück ihrer Glaubwürdigkeit zurück, indem sie endlich wieder ihrer früheren ungestümen Spielfreude freien Lauf lassen und einfach auf ihre Stärken besinnen. Auch wenn dabei der gute Roy Orbison noch posthum etwas leiden muss, orientieren sich Volbeat bei ihrer Version von "Domino" in den Bonustracks weniger am Original des unvergessenen Altmeisters orientieren, sondern die eh schon reichlich exaltierte Version von The Cramps auf ein neues Level heben. Wenn also "Servant of the mind" die Entschuldigung für seinen schwachen Vorgänger sein soll – die ist hiermit angenommen.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The sacred stones
  • Shotgun blues
  • Lasse's Birgitta

Tracklist

  1. Temple of Ekur
  2. Wait a minute my girl
  3. The sacred stones
  4. Shotgun blues
  5. The devil rages on
  6. Say no more
  7. Heaven's descent
  8. Dagen før (feat. Stine Bramsen)
  9. The passenger
  10. Step into light
  11. Becoming
  12. Mindlock
  13. Lasse's Birgitta
  14. Return to none (Wolfbrigade cover)
  15. Domino (The Cramps / Roy Orbison cover)
  16. Shotgun blues (feat. Dave Matrise from Jungle Rot)
  17. Dagen før (Michael Vox version)
Gesamtspielzeit: 75:23 min

Im Forum kommentieren

Sheesh

2021-12-20 15:15:52

Das dämliche Geblubber des Sängers disqualifiziert einfach alles.
Rockabilly und Metal ist sowieso eine beschissene Mischung, und der Metal, den die Band spielt, ist bis auf ein paar nette treibende Riffs einfach saulangweilig.
Sowas erträgt man höchstens mit 2 Promille auf nem Festival, die Alben sind alle für'n Arsch, bis auf das erste, weil es grad neu war. Die Nickelback des Metal trifft es ganz gut, finde die Band einfach genauso scheiße wie Disturbed aus ähnlichen Gründen.

PS: Grüße an MACHINA.

Francois

2021-12-20 10:19:17


Es gibt NICHTS, was ich an dieser Band mag. Seltsam, dieser Erfolg.

same here... die sind schlimmer, als Nickelback... die haben wenigstens ein paar Hits

regger

2021-12-20 10:02:21

Meine Meinung: Ein paar richtig gute Lieder, Rest fällt für mich stark ab.

Gut:

Temple of Ekur
The Sacred Stones
Shotgun Blues
Lasse’s Birgitta

Ok:
The Devil Rages On
Say No More

Rest find ich relativ mies

horstkevin

2021-12-20 09:39:57

Das Riff von "Say No More" erinnert doch sehr stark an "Eye Of the Beholder" von Metallica...

Grundsätzlich finde ich es lobenswert, dass Volbeat "härtere Songs" geschrieben haben. Klingt gut, bis dann diese unsäglichen "Bubblegum-Refrains" alles zunichte machen...

VelvetCell

2021-12-14 23:22:07

Es gibt NICHTS, was ich an dieser Band mag. Seltsam, dieser Erfolg.

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