Will Varley - The hole around my head

Yellow Cake / Rough Trade
VÖ: 15.10.2021
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Zu Hause ist auch ganz schön

Will Varleys Leben bestand seit seinem Debüt "Advert soundtracks" im Juni 2011 zu einem großen Teil aus Touren. Eine folgte auf die andere. Es wirkte fast, als wäre er ein Vagabund, ein Heimatloser, wie er beinahe pausenlos umherzog mit seiner Gitarre und seiner Stimme. Von Stadt zu Stadt, um in Cafés, Bars und kleinen Clubs seine Geschichte zu erzählen. Später erweiterte er seine Tourausstattung um Percussions, Bass und eine weitere Gitarre, spielte Festivals und die ein oder andere größere Location und war im Anschluss dennoch zeitweise wieder ganz allein mit seiner Gitarre unterwegs. Irgendwie schaffte er es in dieser Zeit aber auch, weitere Studioalben zu produzieren. Sein bisher letztes "Spirit of Minnie" erschien im Februar 2018. Anschließend gab es wieder ausgedehnte Touren. Und dann kam 2020. Das Touren blieb aus. Und Varley nistete sich den Winter über in seinem provisorischen Studio in Kent an der Küste im Südosten Englands ein und schrieb und tüftelte. Nun präsentiert er sein sechstes Studioalbum "The hole around my head".

Dass man sich, wenn man aus diesem ständigen On-the-road-Modus herausgerissen wird, erst einmal sortieren muss, klingt plausibel. Dass man, wenn man viel Zeit zum Nachdenken hat, hier und da etwas melancholisch wird und ab und an im eigenen Kopf auf eine große Frage trifft, liegt nahe. Das nämlich schwingt mit und kommt einem direkt in den Sinn, wenn man den ersten Song "Somers Town" hört. Die charakteristische Gitarre lässt er dabei erstmal stecken und singt auf einem Sound-Teppich aus atmosphärischen Synthies und Keyboard. Ab Song zwei ist die akustische Gitarre dann wieder dabei und bildet bis zum Ende der Platte die gewohnte Symbiose. Was neben der Gitarre ebenfalls nicht mehr verschwindet, sind Melancholie und eine angenehm sphärische Stimmung. Sie treibt mit von Song zu Song, mal klagend, mal zweifelnd und mal hoffnungslos. So beklagt Varley im Titelsong: "The days come out like bullets / And weight me down like lead / I've been struggling with the lonliness / And the hole around my head." Er hat zu knacken an den Gegebenheiten dieser Zeit. An der Dunkelheit, der Kälte, der Isolation. Das wird immer wieder deutlich. Und auch in "Pushing against us" hadert er. Mit der selbstzerstörerischen Art der Menschen, mit dem Versuch, die Kontrolle zu behalten in aussichtslosen Dingen. "It's in your blood / It's in your bones", beginnt er und kommt zum Ende nach lauter Aufzählungen von Verfehlungen und falscher Priorisierung zu einer ernüchternden Prognose: "All the wood will turn to ash / All the rocks will turn to sand / All the walls will turn to rubble in the end."

Will Varley hatte wirklich jede Menge Zeit, nachzudenken und auch jede Menge Zeit, auszuprobieren. Zu sagen, dass ihm diese gutgetan hätte, wäre irgendwie falsch. Und das nicht, weil das Album besser, schlechter oder großartig anders ist. Es ist immer noch roher Folk, es sind immer noch seine Stimme und die akustische Gitarre, die wesentlich sind. Zu sagen, es seien Nuancen, die geändert oder hinzugekommen sind, das wäre hingegen wohl zu wenig. Er schafft es einfach erneut, authentische Stücke zu kreieren, die von einer Atmosphäre leben und das vermitteln, was dieser Winter für ihn ausgemacht hat. Der 34-Jährige hat ein Album produziert, das sich qualitativ zweifelsohne nahtlos an seine zu beachtenden Vorgänger reiht und auf jeden Fall ein Album, welches ihm durch den letzten Winter geholfen hat und vielleicht auch allen Hörern durch den kommenden.

(Paul Milde)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Colour TV
  • The hole around my head
  • Candles for the death
  • Pushing against us

Tracklist

  1. Somers Town
  2. Colour TV
  3. Dreamland
  4. Love in the new world
  5. The hole around my head
  6. Must be time for moving on
  7. Candles for the death
  8. Her own private universe
  9. Live again
  10. pushing against us
  11. The lonely & the brave
Gesamtspielzeit: 42:22 min

Im Forum kommentieren

Nummer Neun

2021-11-02 17:02:44

Album gefällt mir bisher richtig gut. Das ist eine nette kleine Überraschung, weil ich Varley eigentlich gar nicht mehr auf dem Schirm hatte.

Kai

2021-10-15 10:40:01

Vierte Single ist Colour TV.

Damit gefallen mir alle 4 Vorabsongs wirklich gut. Freu mich auf nächste Woche.

Kai

2021-10-06 19:43:17

Advert soundtracks ist ein großartiges Album mit einigen 10/10 Songs.
Alles danach war gut aber nicht so... "pur"...

Freue mich dennoch auf die Scheibe. Release wurde heute übrigens um eine Woche nach hinten (auf den 22.) verschoben.

Armin

2021-10-06 19:26:06- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

2021-08-03 17:00:08- Newsbeitrag

NEUES ALBUM "THE HOLE AROUND MY HEAD"
ERSCHEINT AM 15. OKTOBER
(LABEL/VERTRIEB: YELLOW CAKE/ROUGH TRADE)



"The Hole Around My Head" wird das erste Album sein, das auf Yellow Cake veröffentlicht wird, ein brandneues Label, gegründet von Produzent Cameron McVey (bekannt für seine Arbeit mit Massive Attack, Portishead, Sugababes und seiner Frau Neneh Cherry). McVey produzierte Varleys letztes Album, das 2018 erschienene "The Spirit Of Minnie", und die beiden blieben in Kontakt. "Als ich mit dem Schreiben des neuen Albums begann, rief ich Cam an und er erzählte mir, dass er ein Label gründet, und von da an ging es los", erklärt Varley.

Der Singer-Songwriter hat das neue Album während des Winter-Lockdowns in seinem provisorischen Studio an der Küste von Kent selbst produziert und spielte auch die meisten Instrumente selbst ein. Da er noch nie ein Album produziert hatte, stand ihm McVey zur Seite, ermutigte ihn und gab Ratschläge per Videocall von seiner Familie in der schwedischen Wildnis aus.

"Pushing Against Us, und eigentlich das ganze Album, handelt von der Überwindung der Entropie und dem Willen des Menschen, Ordnung und Struktur in den Wahnsinn und das Chaos unserer Existenz zu bringen", kommentiert Varley. "Es geht um unsere Sturheit, unsere Ablenkungen und die Kleinigkeiten unseres täglichen Lebens gegenüber der schieren Weite des Universums um uns herum und unsere erschütternde Unwissenheit."

Nachdem er in den letzten acht Jahren die meiste Zeit on-the-road verbracht hatte, zwang der Lockdown Will dazu, zu entschleunigen. "Zum ersten Mal seit Jahren war ich zu Hause. Also fing ich an zu schreiben und mit alten Mikrofonen und Geräten herumzubasteln, die in meinem Keller verstaubten. Es war ein sehr kathartischer Prozess, das Schreiben und Aufnehmen dieser Platte wurde meine Flucht vor dem täglichen Lesen der Nachrichten."


Als die Schneestürme einsetzten und die Einschränkungen zunahmen, nahm das Album Gestalt an: "Ich arbeitete die ganze Nacht durch, und oft fühlte ich mich wie die einzige wache Person in der ganzen Stadt. In den frühen Morgenstunden schickte ich die Sessions an Cam und er gab mir am nächsten Tag Feedback dazu."
"Will ist für meine Ohren und mein Empfinden der Springsteen seiner Generation", fügt McVey hinzu. "Er ist nicht wirklich ein f**king Folk Sänger, oder?! Diese neue Platte ist eher eine Bestätigung als ein bewusster Richtungswechsel. Die Songs sind roh und die Produktion manchmal fast schmerzhaft zu ehrlich. Will spielt und singt, als stünde sein Studio in Flammen und er müsse fertig werden, bevor es abbrennt."

"The Hole Around My Head" wurde von Howie Weinberg (Nirvana, Tom Waits, Prince) gemastert, einem legendären Mastering-Ingenieur, den der Songwriter Anfang 2020 in LA kennenlernte.

WILL VARLEY
"The HOLE AROUND MY HEAD"
LABEL: YELLOW CAKE
VERTRIEB: ROUGH TRADE
VÖ: 15.10.2021

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