Wavves - Hideaway

Fat Possum / Membran
VÖ: 16.07.2021
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Ziemlich beste Feinde

Jeder ist sich selbst der Nächste: eine harte, aber realistische Erkenntnis. Klar, ein Haufen Kumpels ist fein und Hilfsbereitschaft ist sicher nicht die schlechteste Charaktereigenschaft. Trotzdem sollte auf der Zielliste jedes Menschen auf dem Weg zum Erwachsensein stehen, dass man doch um Himmels Willen ein wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten aufbauen sollte. Am Ende des Tages steht man eben im schlimmsten Fall auch mal alleine da. Nathan Williams, Mastermind der kalifornischen Noise-Rocker Wavves, hat diese Weisheit mittlerweile auch verinnerlicht. Auf "Hideaway", dem siebten Album seiner Band, geht es aber um weit mehr: Denn manchmal ist man eben nicht sein eigener bester Freund, sondern eher sein eigener schlimmster Feind.

Es ist ja nun nicht so, dass Williams in der Vergangenheit für seine positiven Lebensbotschaften und fröhlichen Melodien bekannt gewesen wäre. "Hideaway" hebt sich dennoch vom bisherigen Wavves-Output ab, weil seine Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit hier und da auch mal einem gesunden Realismus weicht. Zumindest teilweise – ein bisschen Drama muss ja doch immer sein. Dafür ist Musik eben auch Kunst. Mit der Unterstützung von Produzent Dave Sitek, der mit TV On The Radio auch gern mal wieder ins Studio gehen dürfte, ist so ein Album entstanden, das nur noch in kleinen, feinen Momenten an Frühwerke wie "Wavvves" oder "King of the beach" erinnert. Aber das allemal erneut ein paar Punkte auf dem Sympathie-Konto sammelt.

Nehmen wir etwa die Single "Sinking feeling", die es aufgrund ihres erhöhten Hit-Potenzials natürlich locker in die Sommer-Playlist 2021 von Plattentests.de geschafft hat: So viel poppigen Charme hatten Williams & Co. früher oft nur genau dann, wenn sie es wirklich wollten, hier wirkt das jedoch so lässig aus dem Ärmel geschüttelt, dass man direkt mitsinken, pardon, mitsingen möchte. Und auch der aufstampfende Mitgröl-Titeltrack überzeugt durch seine Kumpeligkeit. Deutlich selbstzerstörerischer wird es hingegen in "Planting a garden", auf dem Williams' früherer pessimistischer Lebensausblick zurückkehrt: "She loves who she thinks that I am / And I hate her for it / I hate her for it / Suzy don't love me."

Manche Altlasten lassen sich eben auch nicht so einfach abschütteln. "Help is on the way", im wahrsten Sinne des Wortes, mit einer grandiosen weiteren Single und klugen Weisheiten: "I gotta get away / From the things that mean to bring me pain." Derweil vereint das rasante "Marine life" die alten und die neuen Wavves miteinander, ein Kunststück, das Williams irgendwie gefühlt auch auf jedem Album vollbringt. Sei es drum: Aus dem einstigen Sorgenkind ist ein erwachsener Mann geworden, mit völlig normalen Sorgen und Problemen, aber nun endlich auch mit den nötigen Werkzeugen, um diese zu lösen. Kein Grund zum Verstecken also.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Help is on the way
  • Sinking feeling
  • Marine life

Tracklist

  1. Thru hell
  2. Hideaway
  3. Help is on the way
  4. Sinking feeling
  5. Honeycomb
  6. The blame
  7. Marine life
  8. Planting garden
  9. Caviar
Gesamtspielzeit: 29:12 min

Im Forum kommentieren

Thanksalot

2021-07-23 10:39:57

Nach dem Lesen des Pressetextes hatte ich ein eher schwermütiges Werk erwartet, aber es ist doch ein typisches Wavves-Album geworden. Eine schöne Platte für den Sommer.
Der Mittelteil von "Help Is On The Way" bis "The Blame" hat es mir besonders angetan und "Honeycomb" höre ich rauf und runter.
7/10 derzeit.

eric

2021-07-22 13:42:28

Find's auch sehr unterhaltsam!

Croefield

2021-07-22 12:14:32

Schöne Rezi, kann ich nur unterschreiben. Witzigerweise für mich auch die exakt gleichen Highlights!

Armin

2021-07-21 21:15:03- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Croefield

2021-07-18 17:08:30

Mir gefällt das neue Album ausgesprochen gut. Allerdings auch ohne besondere Experimente.

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