D:A:D - Everything glows
Medley / EMIVÖ: 30.06.2000
Dänen lügen nicht
Der dänische Nationaltrainer wäre gut beraten gewesen, die vier Mannen von D:A:D als Maskottchen mit zur Fußball-EM zu nehmen. Dann wäre sein Team vielleicht nicht ohne Punkt und mit 0:8 Toren noch sang- und klangloser als die Deutschen in der Vorrunde ausgeschieden. Schließlich werden Jacob Binzer, Stig Pedersen, Jesper Binzer und Laust Sonne in ihrer Heimat als Nationalhelden bewundert und verehrt. Mit ihrer neuen Platte "Everything glows" haben die Jungs zudem ein höchst melodisches Hardrock-Werk am Start, das überall wo zu Beginn des Sommers noch keine gute Laune ist, unweigerlich eine solche macht. In Dänemark, wo "Everything glows" bereits im April veröffentlicht wurde, hat die Scheibe nicht nur innerhalb kürzester Zeit Soul-Küken Macy Gray von der Spitze der Charts verdrängt, sondern auch wenig später Platinstatus erreicht. Der Albumtitel ist dabei reine Untertreibung, denn die neue Platte glüht nicht nur - sie funkelt und sprüht vor guten Ideen, Spielfreude und durchdachtem Songwriting. D:A:D verstehen die Kunst, sich verschiedener Musikgenres wie Rock, Pop, Blues oder Country zu bedienen, ohne sich mit dem Resultat auf allzu abgewetzten Bahnen zu bewegen.
Wer die Skandinavier, die früher unter "Disneyland After Dark" bekannt waren, sich nach Querelen mit dem Disney Konzern aber für eine Verkürzung des Bandnamens entschieden haben, noch nicht kennt, könnte beim ersten Durchlauf leicht in Versuchung kommen, sie als zweitklassigen Bon-Jovi-Abklatsch abzutun. Nicht nur die Uptempo-Stücke, auch die Stimme von Sänger Jesper Binzer, erinnert an Schmalzlocke Jon Bon Jovi und seine Kuschelrock-Crew. Doch bereits beim zweiten Durchhören erschließen sich unter dem polierten Lack enorme Unterschiede. Denn "Everything glows" enthält elf packende Songs, die geschickt das Gleichgewicht zwischen druckvoller Härte und melodischer Intensität halten. Die besten Beispiele dafür sind der starke Titeltrack oder "A kiss between the legs", bei dem santaneske Latin-Rhythmen mit scharfen Riffs und einem Ohrwurm-Refrain zwischen die Beine geworfen werden. Auch die Balladen wie "I'm not the same" oder "Something good" wissen restlos zu überzeugen. Bei letzterer entgleiten einer Akustik-Gitarre wunderschöne Töne und Jesper Binzer läßt mit seiner Stimme verstaubte Landstraßen und die Weiten der Prärie auferstehen. Wild-West-Romantik pur, bevor es mit dem letzten Track "As common as" sogar ein bißchen psychedelisch wird. Die härteren Nummern erreichen leider nicht ganz das Niveau der restlichen Tracks. "Evil twin" oder "Sunstar" beispielsweise zitieren in ihrer ganzen Länge die offensichtlichen musikalischen Knüppelrock-Vorbilder wie AC/DC oder Aerosmith und kommen dabei nicht über Mittelmaß hinaus.
Im Vergleich zu den früheren Alben hat die Band das Songmaterial mit einer gehörigen Prise Pop-Appeal gewürzt. Dazu tragen vor allem die eingängigen Refrains und der verstärkte Einsatz von Keyboards bei. Aber D:A:D wären nicht D:A:D, würden sie nicht auch ein wenig experimentieren - eine Unart, die schon manchem ihrer Alben zum Verhängnis wurde. Auch diesmal haben sie wieder ein bißchen herum probiert und lassen schon mal ein Xylophon die Melodie trällern oder einen Drum-Computer den Beat stampfen. Das sorgt nicht nur für Abwechslung, sondern zeigt, wie stark sich eine Band, die mit ungestümem Punk-and-ride-Rock angefangen hat, weiterentwickeln kann. Die Läuterung kommt "Everything glows" nur zugute, da das dänische Quartett noch nie so kompakte und mitreißende Songs geschrieben hat wie hier. Dem Durchbruch in Resteuropa dürfte D:A:D nun auf ihre alten Tage nicht mehr viel im Wege stehen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Everything glows
- Something good
- A kiss between the legs
Tracklist
- Everything glows
- Nineteenhundredandyesterday
- The road below me
- Something good
- Sunstar
- Evil twin
- Candybar
- A kiss between the legs
- I'm not the same
- Summerme soon
- As common as