Morcheeba - Blackest blue

Fly Agaric / Indigo
VÖ: 14.05.2021
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Immer mit der Ruhe

Das musikalische Erbe der Neunzigerjahre kann durchaus Anlass zur Verwirrung stiften – oft wird das Jahrzehnt (zu Recht oder eben auch nicht) ob der trashigen Eurodance-Ausflüge geprügelt und geschunden, dennoch füllen viele seiner musikalischen Akteure nach wie vor die Hallen und Stadien des Landes. Dazwischen geraten viele einstige Lieblinge allerdings auch zunehmend in Vergessenheit: Morcheeba führen über 25 Jahre nach der Bandgründung mittlerweile eher ein Schattendasein. Zumindest verglichen mit genrenahen Kollegen wie Portishead oder Massive Attack, deren Klangkosmos die Band um Skye Edwards einst mit ihren persönlichen Soul- und Downbeat-Einflüssen erweiterte. Ein Umstand, der jedoch auch auf Morcheebas zehntem Album "Blackest blue" für das britische Duo und seine treue Fanschar offenbar keinerlei Anlass zu übertriebener Sorge ist. Vielmehr setzt sich die solide, aber letztlich unspektakuläre Spätform, welche schon das 2018er Werk "Blaze away" ausmachte, nahtlos fort.

Welche musikalische Qualität noch immer in Skye Edwards und Ross Godfrey steckt, macht beispielsweise das wundervolle "Sounds of blue" unmissverständlich klar. Verträumte, entfernt hallende Klänge und eine locker-treibende Rhythmusfraktion basteln hier eine fast schon zerbrechliche Atmosphäre, die sich wie ein Ausflug in ein Wasserkönigreich anfühlt und ganz und gar perfekt zu Edwards' klarer Stimme passt. "Breathe as I'm swimming down / Free as I'm sinking down." In "Sulphur soul" darf derweil die instrumentale Fraktion frei aufspielen: Mit verzerrten Bassläufen und metallischen Percussions wähnt man sich hier beinahe auf einer Industrial-Scheibe – die kreischenden Gitarren tun ihr Übriges, um einen großartigen Fokuspunkt zur Albummitte zu kreieren. Auch der Opener "Cut my heart out" lässt musikalisch herzlich wenig anbrennen und nimmt seine Hörerinnen und Hörer mit ausgebreiteten Armen wohlig und geborgen im Morcheeba-Kosmos auf. Dub-Einflüsse, verspielte Gitarrenläufe, hier und da mal ein dezent asynchron akzentuierter Break und ein sehnsüchtiger, von Skye Edwards getragener Refrain runden satte sechs Minuten ohne Längen ab. Neu erfunden wird hier herzlich wenig, das ist aber auch ganz offensichtlich nicht das Ziel – und bei einer so hohen Qualität auch leicht zu verschmerzen.

An anderen Stellen fällt es allerdings schwerer, ein Auge zuzudrücken, und genau hier liegt die Krux von "Blackest blue": Abseits der Highlight-Tracks fällt das Niveau teils spürbar ab, und einzelne Songs drohen, in die Beliebigkeit abzudriften. "Oh oh yeah" beispielsweise plätschert recht ereignislos vor sich hin, im lustlosen Refrain erhält man zudem nicht gerade den Eindruck, als wären Edwards und Godfrey hier beim Songwriting in die Vollen gegangen. Im arg unspektakulären "The edge of the world" bemüht sich Duettpartner Duke Garwood redlich, einen Hauch von Nick Cave zu versprühen, ohne auch nur ansatzweise dessen düstere Intensität zu erreichen. "Say it's over" missfällt derweil als eintönige, unangenehm kitschige Piano-Ballade. Immerhin weiß auf der zweiten Albumhälfte das leicht psychedelische, ansprechend instrumentierte "The moon" gekonnt, das Ruder zumindest ein wenig rumzureißen. Morcheeba liefern dennoch auch auf "Blackest blue" – abseits des einen oder anderen Fehltritts – größtenteils wieder routiniert und manchmal auch richtig gut ab. Dabei steckt sich das Duo bewusst bescheidene musikalische Ziele. Irgendwie ja auch sympathisch.

(Hendrik Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Cut my heart out
  • Sounds of blue
  • The moon

Tracklist

  1. Cut my heart out
  2. Killed our love
  3. Sounds of blue
  4. Say it's over
  5. Sulphur soul
  6. Oh oh yeah
  7. Namaste
  8. The moon
  9. Falling skies
  10. The edge of the world
Gesamtspielzeit: 43:24 min

Im Forum kommentieren

hos

2021-06-10 15:54:39

hört sich an wie immer

musie

2021-06-09 23:12:22

finde das Album sehr gelungen, einige richtig starke Songs. bis auf die beiden Duette, die wirklich abfallen.

ichreitepferd

2021-05-21 08:11:57

richtig stark

Armin

2021-05-12 21:58:52- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

ichreitepferd

2021-04-22 10:08:20

Hab ich Bock drauf, das letzte Album Blaze Away mit gleichnamigen Song mit Roots Manuva drauf war stark

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