Teenage Fanclub - Endless arcade

Pema / Rough Trade
VÖ: 30.04.2021
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Aufpoppende Resignation

Es mutet ja ein wenig kurios an, dass ausgerechnet Teenage Fanclub ordentlich zu polarisieren scheinen – eine Band, die auf den ersten Blick so unaufgeregt, konstant und, ja, irgendwie freundlich daherkommt. Doch auch anhand der schwankenden Bewertungen von Plattentests.de lässt sich nachvollziehen, wie die Schotten ganz unterschiedliche Reaktionen auslösen können: Zwischen der Wertschätzung für ihre feinsinnige Eingängigkeit und dem Vorwurf beliebiger Banalität klafft einiges auf. Zum Mythos der "Bellshill Beach Boys", wie sie nach ihrer Herkunft aus dem Glasgower Vorort bisweilen liebevoll alliterierend genannt werden, gehören aber auch äußerst prominente Laudatoren. So soll der einstige Tourkollege Kurt Cobain sie mal zur besten Band der Welt ausgerufen haben und für Liam Gallagher waren sie zumindest die zweitbeste – wer auf Platz eins liegt, versteht sich von selbst. Sei's drum, ab Mitte der Neunziger-Jahre wurden vermehrt ruhigere Töne angeschlagen, der Akzent auf euphorisierend sommerliche Harmonien und zeitlosen Gitarrenpop gelegt: Teenage Fanclub sind der Inbegriff einer Band, deren Summe größer als die einzelnen Teile ist. Und ganz nebenbei eine der wenigen, die nicht schwächer wurde, nachdem sie sich gesetzter präsentierte.

Der Reiz von Großtaten wie "Bandwagonesque", "Songs from Northern Britain" oder dem Geheimtipp "Howdy!" liegt auch darin, dass dort drei einigermaßen gleichberechtigte Songwriter am Werk sind und die Platten doch wie aus einem Guss wirken. Nach dem Ausstieg von Gerard Love ist es auf "Endless arcade" damit nun vorbei, übrig bleiben Norman Blake und Raymond McGinley. An andere ältere Bandtraditionen wird aber angeknüpft, die der ausladenden Opener zum Beispiel: Das siebenminütige "Home" zeichnet die gedankenverlorene Suche nach dem Zuhause musikalisch nach, bis die wiederholten Refrains und das vorsichtige, dabei scheinbar endlose Gitarrensolo McGinleys auch den Hörer abschweifen lassen. Wieder und wieder zeigt sich auf "Endless arcade" die typische Handschrift der Band: Subtile Arrangements und bittersüße Akkordfolgen versetzen in eine reflexive Trance, in der die vordergründige Schlichtheit der Texte dann an Gewicht zulegt. Abseits jeden Spektakels blicken sie auf ein gereiftes Leben, in dem viele Türen bereits unweigerlich zugeschnappt sind. Songs wie "Everything is falling apart" oder die angenehm nach den Beatles klingende Ballade "The sun won't shine on me" deuten schon im Titel eine Resignation an, die erst langsam durch den flirrenden Blütenwirbel der Gitarren glimmt. "I have lost any sense of belonging", seufzt McGinley, während Dave McGowan zum Ausgleich dezent-lyrische Bassläufe spendiert.

Mit gekonnter Zurückhaltung lösen die Stücke einander ab, mal wird es etwas schwerer und psychedelischer ("In our dreams"), dann wieder catchy ("I'm more inclined") oder getragener ("The future"). Konstant bleibt die kontemplative Grundstimmung, die sich im nostalgischen "Back in the day" als wunderschöner Refrain abrollt: "With each new passing day / I see that old world fading away". Natürlich wird "Endless arcade" niemanden abholen können, der die Band schon vorher nicht spannend genug fand. Für alle anderen wartet Blake gegen Ende aber noch einmal mit einem Song auf, wie ihn kaum ein anderer schafft: "Living with you" zelebriert seine melancholische Melodieseligkeit und verpackt dabei mühelos die Komplexität auseinanderstrebender Emotionen in einen dreiminütigen Popsong. Ein weiteres Highlight in einer Diskographie, die lieber zwischen den schummrigen Straßenlaternen als unterm gleißenden Flutlicht leuchtet. Um es mit einem wiederkehrenden Motiv der Band zu sagen: whatever takes you home.

(Viktor Fritzenkötter)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The sun won't shine on me
  • Back in the day
  • Living with you

Tracklist

  1. Home
  2. Endless arcade
  3. Warm embrace
  4. Everything is falling apart
  5. The sun won't shine on me
  6. Come with me
  7. In our dreams
  8. I'm more inclined
  9. Back in the day
  10. The future
  11. Living with you
  12. Silent song
Gesamtspielzeit: 44:26 min

Im Forum kommentieren

cargo

2021-04-30 17:05:14

"Home" ist ja wieder ein wahnsinnig guter Opener. Das Solo könnte von mir aus ewig dauern.

jo

2021-04-29 12:32:02

Nach "Shadows" endlich mal wieder ne Bewertung, die die Band verdient hat :). Und schön auch, dass das wirklich gute "Howdy!" in der Rezension erwähnt wird.

Armin

2021-04-28 21:40:41- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

2021-04-13 19:37:12- Newsbeitrag

Die Schotten veröffentlichen mit "In Our Dreams" die letzte Vorabsingle zum neuen Album. "Endless Arcade" erscheint am 30.04.!

Liebe Freund*innen, liebe Medienpartner*innen,

nachdem das neue Teenage Fanclub-Album "Endless Arcade" einige Wochen nach hinten geschoben wurde, ist es in zwei Wochen nun so weit. Am 30. April wird das mit Spannung erwartete neue Album der schottischen Indie-Urgesteine erscheinen.

Um die Vorfreude der wartenden Fans noch ein bisschen anzufachen, erscheint heute mit "In Our Dreams" die letzte Vorabsingle von "Endless Arcade".

Dazu gibt es ein sehr schönes Video, was die Herren in der Motherwell Concert Hall gedreht haben. Für die Umsetzung war einmal mehr Donald Milne verantwortlich, der bereits in der Vergangenheit oft mit der Band arbeitete.

Hier gibt es das Video zu sehen.

Der Song beschwört eine Erkundungsreise nach innen herauf und spiegelt die melancholischen und doch auch erhellenden Themen wider, die sich durch den Rest des Albums ziehen.

Geschrieben wurde "In Our Dreams" von Raymond McGinley. Dieser sagt über den Song: “To rephrase an aphorism most famously used by John Lennon, existence is what happens while the human race is busy making other plans. This song is kinda about that, but like all our songs, we write them intuitively and only think about what to say about them afterwards.”




jo

2021-03-15 20:03:59

Dann bitte die Medienpartner anschreiben ;).

Wieso gingen die Singles (außer "Everything Is...") bisher so an mir vorbei? Freue mich!

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