Scooter - God save the rave

Sheffield / Kontor

VÖ: 16.04.2021
Unsere Bewertung: 1/10
1/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Scooter will never die, but you will


Man kann dem Trio um H.P. Baxxter so manches vorwerfen. Zuallererst seine enervierende Musik. Aber auch, dass Hans Peter Geerdes, geboren Mitte der Sechzigerjahre im niedersächsischen Leer, im norddeutschen Nirgendwo unweit der Grenze zu den Niederlanden, sich allen Ernstes H.P. Baxxter nennt. Was man hingegen anerkennen muss, ist das Durchhaltevermögen, das Scooter an den Tag legen. Man könnte auch sagen: ihre Renitenz. Seit gefühlt drei Dekaden und auf geschätzt zwei Dutzend Alben wiederholen die fidelen Techno-Nudeln im Grunde ziemlich genau eine Songidee in leicht variierender Ausführung und raven, bis das Hirn gegen die Schädeldecke klatscht. Dass sie damit neben Rammstein und den Scorpions so etwas wie der Inbegriff von international erfolgreicher Popmusik made in Germany sind, sagt viel aus, aber nichts Gutes. Nun hat Klaus Meine immerhin die Sowjetunion niedergepfiffen und Till Lindemann … ist eben Till Lindemann. Jedenfalls: Hans Peter – pardon! – H.P. Baxxter hat vor einigen Jahren mal Erzählungen von Thomas Bernhard eingelesen, die dann sogar auf CD veröffentlicht wurden. Das beweist nicht nur eine gewisse Selbstironie, sondern passt auch deshalb, weil die in unmittelbarer Nachbarschaft zum Dadaismus gebauten Songtexte von Scooter ja tatsächlich eine gewisse lyrische Qualität aufweisen – wertfrei ausgedrückt.

Das jüngste Erzeugnis wurde auf den Namen "God save the rave" getauft und hätte wohl schon Monate eher auf dem Markt kommen sollen. Aufgrund von Corona wurde das Release allerdings verschoben. Doch nun: Halleluja! Das Warten hat sich gelohnt, wie es im Promo-Jargon der Plattenfirmen so schön heißt, denn das neue Album vereint alles, was Scooter auszeichnet und erfolgreich macht. Die treuen Fans dürften voll und ganz auf ihre Kosten kommen. Wer mit dem Scooterschen Schaffen hingegen weniger vertraut ist, wird sich eventuell die Frage stellen, ob sie oder er es nicht in Wahrheit mit einem Best-of zu tun hat und wieso dieser "döp-döp-döp-dödödöp-döp-döp"-Song plötzlich eine leicht abgewandelte Melodie hat und "We love hardcore" heißt. Natürlich könnte man das auch wohlwollender formulieren: Scooter sind eben Scooter – unverkennbar und einzigartig. Und sie bleiben auch dann ganz bei sich selbst, wenn sie sich illustre Gäste dazu holen. Wie etwa Timmy Trumpet, einen DJ und Produzenten, der sich vor einiger Zeit an "Mad world" von Tears For Fears vergriffen hat. Die Kollaboration "Paul is dead" – Gott sei Dank kein Fehlfarben-Cover! – spult dann aber doch nur das allseits bekannte Scooter-Programm ab.

Ein bisschen Abwechslung und frischen Wind in die Chose bringen immerhin der Gastpart von Rapper Finch Asozial sowie die beiden Tracks "Анастасия" und "These days", die den Trance der Neunziger zitieren. Der Vollständigkeit halber zu erwähnen ist außerdem ein schauriges Cover des Lee-Marvin-Evergreens "Wan'd'rin star", bei dem H.P. Baxxter sich als Sänger versucht. Das ist schlimm, sehr schlimm sogar, aber das war's dann auch schon an nennenswerten Vorkommnissen. Insgesamt frönen Scooter auf "God save the rave" wieder einmal so ausgiebig dem Selbstplagiat, dass es auch wurscht ist, dass sieben Tracks bereits vorab als Singles erschienen, der Titeltrack schon 2019. Denn Scooter sind zeitlos, erschaffen Musik für die Ewigkeit, und selbst eine Pandemie kann sie auf ihrem Weg nicht stoppen. "FCK 2020" war laut Spiegel "möglicherweise der Song des Jahres" – aber es war eben auch ein, mit Verlaub scheiß Jahr. Ob 2021 besser wird? Egal, Scooter machen weiter, immer weiter, und kein Ende ist in Sicht. "Runnin' 'cause we know we're unstoppable" heißt es im eben erwähnten Track, "we never stop" in "Which light switch is which?" und – besonders originell – "you can never stop the show" in "Never stop the show". Werden Scooter uns mit Gottes Hilfe und Beistand womöglich alle überleben? Es erscheint nicht ausgeschlossen. Ob das ein tröstender Gedanke ist, sei dahin gestellt.

(Markus Huber)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • -

Tracklist

  1. Futurum est nostrum
  2. God save the rave feat. Harris & Ford
  3. Never stop the show
  4. We love hardcore feat. Vegas & Like Mike
  5. Paul is dead feat. Timmy Trumpet
  6. Bassdrum feat. Finch Asozial
  7. Which light switch is which?
  8. FCK 2020
  9. Groundhog day
  10. Hang the DJ
  11. Rave teacher (somebody like me) feat. Xillions
  12. Анастасия
  13. Devil's symphony
  14. These days
  15. Wand'rin' star

Gesamtspielzeit: 52:22 min

Im Forum kommentieren

hos

2021-04-25 22:12:41

weniger geht technisch halt nicht.

ListigerLurch

2021-04-25 22:11:50

Ein Punkt? Ernsthaft?

Peacetrail

2021-04-22 16:54:10

For sure, I got my plan, don't really give a damn
On my own mission, I fight like a man

(HP Baxxter, aus: J'adore hardcore)

Felix H

2021-04-22 16:45:00

Diese Aussagen sind für manch einen (oder einINNEN?) vielleicht überraschender als die Tatsache, dass Scooter Alben Scheisse sind ;D

Auch diese Aussagen sind in den entsprechenden Threads völlig erwartbar und regelmäßig vorhanden. ^^

Peacetrail

2021-04-22 15:43:47

"Which light switch is which?"

Die Songtitel sind mal wieder Weltklasse.

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum