
A.A. Williams - Songs from isolation
Bella Union / [PIAS] Cooperative / Rough TradeVÖ: 12.02.2021
In Grenzen
Tja, gar nicht so leicht, die Sache mit der Innovation. Die Britin A.A. Williams hat ein Cover-Album aufgenommen, kennt man ja von vielen Künstlern. Ihre Fans durften Vorschläge einreichen, was denn neu bearbeitet werden sollte. Ob das so eine clevere Idee war, muss jedoch bezweifelt werden, die Tracklist liest sich nämlich wie die Standard-Playlist der Großraum-Disco, wenn diese mal einen Indie-Abend veranstaltet. Überraschendes findet man da gar wenig. "Creep" von Radiohead, Pixies' "Where is my mind", The Cure mit "Lovesong", da hätte man sich direkt bei der Auswahl etwas Spezielleres, Ausgefallenes gewünscht. Dass dieses im Lockdown entstandene Album dann relativ uninspiriert "Songs from isolation" genannt wird, ist auch nicht gerade ein Indiz für einen künstlerisch spannenden Zeitvertreib. Da liegt die Hoffnung einzig auf der Umsetzung: Schließlich gibt es genug Cover-Versionen, die über das Original hinausreichen, ihm ganz neue Seiten abgewinnen.
Doch auch auf dieser Ebene tritt erst einmal Ernüchterung ein. Denn das Konzept schien einfach zu sein, aus all den Vorlagen handzahme Klavier-Miniaturen zu machen. Nicht falsch verstehen, The Cures "Lovesong" funktioniert auch wunderbar als schleppende Ballade, nur ist die Umsetzung absolut vorhersehbar, quasi das Nummer-Sicher-Rezept für einen solchen Song. Auch "Where is my mind" berührt durchaus, der anschmiegsame Gesang, die verirrten Piano-Tupfer, man kann nicht sagen, dass es an Geschmackssicherheit mangelt. Allerdings überzeugt diese Nummer nur deshalb, weil das Original eine solch brillante Melodik aufweist, ein Mehrwert entsteht nicht wirklich. Ähnliches lässt sich über Gordon Lightfoots "If you could read my mind" sagen: hübsch aufbereitet, ein Paradoxon nüchterner Sehnsucht im Gesang, lieb und nett, aber eben auch harm- bis belanglos.
Da ist die Umsetzung von "Creep" schon spannender, da Williams hier den Pathos des Originals merklich reduziert, das Klavier eher abgewrackt als leidenschaftlich daherkommt. Auch "Into my arms" von Nick Cave geht klar, ist aber natürlich bis auf die Stimmfärbung nah am Ursprung. Warum Williams jedoch ausgerechnet bei Deftones' "Be quiet and drive" auf Gitarren zurückgreift und damit die Distanz zum Original arg verkürzt, ist zumindest, abgesehen von den hohen atmosphärischen Qualitäten, fraglich. "Every day is exactly the same", ursprünglich von Nine Inch Nails, gelingt es dann jedoch wieder, trotz des wenig spannenden Ansatzes einer Piano-Nummer über die Mischung aus spooky Stimmung und hellerer Akzente im Refrain zu fesseln. "Songs from Isolation" leidet zweifelsfrei unter seiner recht fantasielosen Instrumentierung und der sehr erwartbaren Songauswahl. Überraschungen gibt es dadurch wenige bis keine – einige berührende Momente entstehen jedoch durchaus.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Creep
- Every day is exactly the same
Tracklist
- Lovesong
- Where is my mind
- If you could read my mind
- Creep
- Nights in white satin
- Be quiet and drive
- Every day is exactly the same
- Into my arms
- Porcelina of the vast ocean
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James Bondage
2022-01-06 19:30:48
ich vermute mal, der martin Mokolies wird es nicht (mehr) lesen, aber ich finde seinen Test zu dieser Platte wirklich unaufgeregt sympathisch, treffend und richtig gut. Weiter so :)
Armin
2021-02-03 20:07:26- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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