Foo Fighters - Medicine at midnight

Ariola / Sony
VÖ: 05.02.2021
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Locker aus der neuen Hüfte

Was ist eigentlich "Dad Rock"? Das Urban Dictionary schwafelt was von alten Männern, die geistig in ihrer LP-Kollektion der Sechziger und Siebziger hängengeblieben sind, Pitchfork verteilt die Bezeichnung großzügig an zu zahme Gitarrenexkursionen. Mittlerweile ist der Begriff so etabliert, dass es sogar Compilations dazu gibt. (Wirklich wahr!) Die Foo Fighters sind nicht mal darauf vertreten, aber sie passen in diese Welt. In die Mitte dessen, was man sehr grob als Alternative Rock bezeichnet. Müsste man das Genre durch eine Band ausdrücken, die Truppe um Dave Grohl erfüllt die Position des Jedermann-Beispiels – oder eben des Dad Rocks für die nächste Generation. Entsprechend generisch gerieten zum Großteil die Alben nach der initialen Phase. Das soll sich mit der zehnten Platte "Medicine at midnight" hörbar ändern.

Grohl bezeichnete diese Songsammlung, deren Veröffentlichung aufgrund der Corona-Pandemie um ein gutes halbes Jahr verschoben wurde, als ihr "Let's dance". Nun, ganz so gelenkig wie David Bowies Megaseller sind diese neun Stücke nicht, aber Rhythmus und Groove spielen eine wesentlich größere Rolle als zuvor. Mal versucht das Sextett eine Annäherung an Prince, mal fühlt man sich an den Anfang des Jahrtausends versetzt, als Bands wie The Rapture oder die um drei Ecken befreundeten Eagles Of Death Metal eher auf die Füße als auf die Kopfmatte zielten. Leider ist "Medicine at midnight" in dieser Hinsicht meist nicht konsequent genug. Beispiel "Cloudspotter": Der Schmiss der flotten Strophe wird ertränkt durch ein 08/15-Riff im Refrain und einen ziemlich blöden Text. "Bang, bang, bang / You're so mean / Don't we look good?" Geht so.

Dabei erscheint schon im gefälligen Opener "Making a fire" oder im bissigen "No son of mine" ein halluzinogengeschwängerter, gospelartiger Background-Chor, der in der wirklich famosen Gniedel-Bridge von "Holding poison" zu echten Ehren kommt. Das ist wohl einer der besten Momente in der Band-Geschichte. Die Vorabsingle "Shame shame" irritierte erst mit ihrer Zurückhaltung, ist aber letztlich eine willkommene Abkühlung und überzeugt auch dank des zur schönen Melodie passenden Streichereinsatzes im Refrain. "Waiting on a war" nimmt derweil ganz ohne Tanzeinflüsse die obligatorische Halbballaden-Funktion im Stil von "Times like these" oder "These days" ein und macht die Sache so vorhersehbar wie gut. Den Titeltrack könnte man sich zunächst auch in einem gut abgedunkelten Club vorstellen, auch hier verhindert ein allzu biederer Refrain jedoch wieder Größeres.

Völlig neuartig ist das alles nicht, aber zumindest kann man den Foo Fighters nicht vorwerfen, in ihrem eigenen Kosmos stehengeblieben zu sein. "Medicine at midnight" ist das originellste Album der Band seit langer Zeit und tut zudem gut daran, die Stücke fast exakt zwischen dreieinhalb und viereinhalb Minuten zu halten. So bleibt die Sause kurzweilig und die paar öden Stellen sowie die generell vernachlässigbaren Lyrics werden im Strom einfach mitgezogen. Wer die Foos schon eh seit einer halben Ewigkeit lahm fand, wird hier nicht bekehrt. Der Rest freut sich über zaghafte neue Ansätze und gelungene Songs, die besten seit dem späten Highlight "Wasting light". Die Väter der Welt wollen ja nicht zu sehr aus der Komfortzone gerissen werden.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Shame shame
  • Holding poison

Tracklist

  1. Making a fire
  2. Shame shame
  3. Cloudspotter
  4. Waiting on a war
  5. Medicine at midnight
  6. No son of mine
  7. Holding poison
  8. Chasing birds
  9. Love dies young
Gesamtspielzeit: 36:36 min

Im Forum kommentieren

Menikmati

2022-04-04 10:10:51

Die Konkurrenz der Nominierten betrachtet, absolut zu recht. Ich finde ohnehin, sie machten mit diesem Album wieder einen Leistungssprung nach vorne. Sie klingen recht frisch, den viel zitierten Altherrenrock ist für mich nicht hörbar, jedoch sehbar - na und? Es ist ein Privileg älter zu werden und dabei noch Spass zu haben. Was spricht dagegen? Vlt. Ein Todesfall? Ich glaube nicht, dass die Band so schnell wieder auferstehen wird - trotz dieser Auszeichnung.

Peacetrail

2022-04-04 06:29:34

*räusper*

Grammy für bestes Rock-Album.

fakeboy

2021-11-22 08:49:48

Ich mag den New Order Bass in Loves Die Young

Das Video ist mir dann doch etwas zu eklig am Schluss...

Für mich war das letzte richtig gute Album "Wasting Light". Ausser dem etwas banalen "Miss The Misery" eine sehr gelungene Platte mit sackstarkem Opener und vielen weiteren Perlen (Dear Rosemary, White Limo, Walk)

jo

2021-11-21 20:15:50

@hubschrauberpilot:

Seit There is nothing left to lose haben sie mich leider komplett verloren. :(

Das ist aber schon ziemlich lange her...

Outrun

2021-11-20 02:10:56

1. "Making a Fire" 8
2. "Shame Shame" 5
3. "Cloudspotter" 6
4. "Waiting on a War" 8
5. "Medicine at Midnight" 5
6. "No Son of Mine" 7
7. "Holding Poison" 8
8. "Chasing Birds" 6
9. "Love Dies Young" 6

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