Enslaved - Utgard

Nuclear Blast / Warner
VÖ: 02.10.2020
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Traditionell und progressiv

Enslaved dürften wohl zu den wenigen Pagan-Bands aus dem Dunstkreis des Black Metal gehören, deren musikalische Ergüsse nicht in einer gewaltigen Portion klischeehafter Peinlichkeiten und Fremdschäm-Ausrutscher ertrinken. Ganz im Gegenteil: In Sachen thematischer Ernsthaftigkeit in Kombination mit traditionellen Black-Metal-Trademarks kann wohl nur Wikingerpionier Quorthon (Bathory) den Norwegern die Stirn bieten.

Wenig verwunderlich also, dass sich niemand Geringerer als Black-Metal-Pate Euronymous den Odinsöhnen annahm, um sie auf dem hauseigenen Label Deathlike Silence Productions unter Vertrag zu nehmen. Ein kurzes Gastspiel. Euronymous' Ermordung zwang Enslaved aber nicht nur zu neuen Vertriebswegen, sondern setzte auch den Markstein für eine stilistische Neukalibrierung. Für Enslaved galt als einzig logische Konsequenz, den Black Metal in all seinen Facetten zu erschließen: Zu scheppernden Schlagzeuggewittern, eisigen Riffstürmen und dunklen Krächzvocals gesellten sich heroengleiche Männerchöre und skandinavische Folklore. Auf zu neuen Ufern, so die Devise. Diese Kursänderung behalten Enslaved bis heute bei – und besegeln damit seit jeher erfolgreich das wohl dunkelste Metal-Subgenre. So auch auf ihrem neusten Output "Utgard".

Anders als manch einer ihrer norwegischen Kollegen biedern sich Enslaved aber nicht einem ruhigeren Klangbild zu Gunsten einem größeren Publikum an. Wenn's mal ruhiger wird, dann aus Gründen atmosphärischer Vielfalt. Ein seichtes Intro auf "Fires in the dark" mit choralem Säbelrasseln holt so zum nordisch-klanggewaltigen Rundumschlag aus. Håkon Vinje (Keyboards) und Iver Sandøy (Schlagzeug) geben sich als eindringliche Clean-Vocalisten. Grutle Kjellson holt zu eisigen Krächzlauten aus, die selbst den Raben des Göttervaters nicht besser gelungen wären.

Deutlich traditioneller geben sich die Bergener hingegen über weite Passagen auf dem Folgetitel "Jettegryta". Hier kommen die klassischen Black-Metal-Trademarks der schwarzen Wikinger zusammen. Ohne Ruhe vor dem Sturm kommt aber auch der Song nicht aus. Enslaved wissen auf "Utgard" vielleicht noch ein Stückchen versierter als sonst Pagan- und Prog-Elemente von ruhig bis rasend in gewohnter Detailverliebtheit zusammenzuführen. Davon zeugt nicht zuletzt der Rausschmeißer "Distant seasons". Vor allem aber mit dem epischen "Homebound" (Achtung: Riff- und Klargesang-Ohrwurmgarantie!) und das pathetisch vorgetragene "Flight of thought and memory" bringen krachend-heroisch die Trademarks der Truppe auf den Punkt, atmosphärisches Gitarrenflirren inklusive.

Ganz anders als mit der kriegerischen Ruppigkeit und den romantisierten Trinkgelagen anderer Wikinger-Kapellen gehen Enslaved zu Werk. Mit "Utgard" gelingt den Norwegern ganz wie erwartet erneut ein absolutes Meisterwerk, das sich hervorragend in ihre bestehende Diskografie aus paganistischen Wutausbrüchen und getragenen Ruhepausen einfügt. Die jüngsten Neubesetzungen innerhalb der Band tun dem akribischen Perfektionsdrang absolut keinen Abbruch. Kurzum: "Utgard" ist wahrlich ein Album für die Götter – zumindest für die nordischen!

(Tom Lubowski)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Fires in the dark
  • Jettegryta
  • Flight of thought and memory
  • Distant seasons

Tracklist

  1. Fires in the dark
  2. Jettegryta
  3. Sequence
  4. Homebound
  5. Utgardr
  6. Urjotun
  7. Flight of thought and memory
  8. Storms of Utgard
  9. Distant seasons
Gesamtspielzeit: 44:33 min

Im Forum kommentieren

whitenoise

2020-10-17 01:50:37

Bin mir noch nicht so sicher. Atmosphärisch funktioniert das schon immer noch gut, dieser Mix aus Prog und ernst gemeintem Viking Metal. Ich habe aber nicht mehr das Gefühl, dass Enslaved nach so vielen Alben noch etwas neues bieten können oder jetzt noch mal einen Meilenstein rausgehauen haben. Ist halt so Komfort-Prog-Metal für mich mit sehr eigenständigem Sound aber im Vergleich zum Rest der Diskografie nix besonderes mehr.

wilson

2020-10-16 22:32:32

okay, mach' ich...melde mich dann morgen nochmal...gute nacht.

VelvetCell

2020-10-16 22:20:39

Denk noch mal drüber nach!

wilson

2020-10-16 21:56:07

nein - ich nicht.

VelvetCell

2020-10-16 20:47:50

Ja – das werde ich mir kaufen.

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