Sufjan Stevens - The ascension

Asthmatic Kitty / Cargo
VÖ: 25.09.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Am Puls der Zeit

Alle lieben Sufjan! Oder? Schon irgendwie. Der Gute bietet ja auch gleich eine ganze Reihe von Gründen an, warum man ihn lieben sollte. Anders lassen sich die Diskussionen im hauseigenen Plattentests.de-Forum und in den Kommentarspalten der geschätzten Konkurrenz jedenfalls kaum erklären: Dort tauschten sich User zuletzt in Anbetracht der bevorstehenden Veröffentlichung von Stevens' neuestem Streich "The ascension" vorwiegend darüber aus, welcher Sufjan ihnen denn nun am liebsten sei. Der elektronische von "The age of adz"? Der harmonische und besonders lyrisch starke von "Illinois"? Oder gar der hochsensible und ebenso offenherzige Sufjan, der mit "Carrie & Lowell" ein Lieblingsalbum für die Ewigkeit geschaffen hat? So oder so: Nach guten Argumenten muss man nie lange suchen.

Je mehr, desto besser – das dachte sich Stevens möglicherweise auch, als er sich für "The ascension" an die Arbeit machte. Das nämlich vereint einfach mal alle drei Sufjans unter einem Dach. Und weil so viel Input natürlich entsprechend viel Platz braucht, breitet sich das achte Studioalbum des Mannes aus Michigan über satte 80 Minuten Spieldauer aus. Rundum glücklich macht diese kaum von der Hand zu weisende Überlänge nicht, wenngleich das damit zumindest zeitlich üppigste reguläre Werk des 45-Jährigen durchaus viele schöne Momente parat hat, die über weiteste Strecken bei Laune halten. Schon allein der bockstarke Opener "Make me an offer I cannot refuse" holt alles aus seiner Startposition raus und verschießt doch nicht gleich sein Pulver: Da singt sich Stevens glatt in ungeahnte Höhen, während The Nationals Bryce Dessner an der Elektrischen in die Saiten haut. So funktioniert ein gelungener Anfang!

Über das ätherisch angehauchte und doch deutlich zurückhaltendere "Run away with me" geht es zum nächsten Highlight des Albums: Die Single "Video game", an der sich in den bereits erwähnten Diskussionen ebenfalls durchaus die Geister schieden, fügt sich wunderbar in den Albumkontext ein und überzeugt mit seiner Mischung aller drei Sufjans. Es folgt mit "Lamentations" ein Stück, das sicher auch die Lager spalten wird: Stevens' Falsettgesang mutet hier beinahe gespenstisch an, dazu wird der Song von Störgeräuschen und wirren Elektro-Elementen durchzogen. Ist das Kunst oder kann das weg? Eine Frage, die sich wohl jeder selbst beantworten muss und wird. Ebenso, ob das nicht nur als Raumtrenner deplatziert wirkende "Gilgamesh" überhaupt unbedingt auf das Album musste – oder wie ausgerechnet eine nervige Fahrradklingel das ansonsten wirklich tolle "Goodbye to all that" um seinen Platz in den Highlights bringen konnte.

Klar ist, dass Stevens kein zweites "Carrie & Lowell" schaffen wollte. Recht hat er natürlich. "The ascension" berührt dementsprechend auf eine andere Weise und passt auch aufgrund seines Umherspringens zwischen Genres und Stimmungen in dieses merkwürdige Jahr. "Ativan" etwa startet als mindestens ruhender, wenn auch nicht ruhiger Alternative-Track, der sich nach und nach als aufmüpfiges Computer-Monster entpuppt, R2D2s vermeintliche Hilferuf-Piepser inklusive. "Ursa Major" versucht sich an Neo-Soul straight outta space, wohin es den Astronauten im gar nicht so fatalen, aber doch unglaublich einnehmenden "Death star" glatt wieder hin verschlägt – leider gemeinsam mit der nervigen Fahrradklingel. "Come on baby, give me some sugar", fordert derweil "Sugar" und wird in seiner Geschmeidigkeit fast ein wenig aufdringlich. Zum Glück! Die große Liebe gibt es dann aber wie im richtigen Leben ganz zum Schluss: Mit dem bereits bekannten Zwölfminüter "America" macht Stevens alles wieder gut. Ein Song wie eine Film-Trilogie mit mehreren Hauptdarstellern, fast also wie der Sänger selbst, in dem auch mehrere Charaktere zu leben scheinen. Egal, ob man sich für den Mann hinter Tor eins, zwei oder drei entscheidet: Mit Sufjan Stevens trifft man einfach immer die richtige Wahl.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Make me an offer I cannot refuse
  • Video game
  • Tell me you love me
  • America

Tracklist

  1. Make me an offer I cannot refuse
  2. Run away with me
  3. Video game
  4. Lamentations
  5. Tell me you love me
  6. Die happy
  7. Ativan
  8. Ursa Major
  9. Landslide
  10. Gilgamesh
  11. Death star
  12. Goodbye to all that
  13. Sugar
  14. The ascension
  15. America
Gesamtspielzeit: 80:48 min

Im Forum kommentieren

simple

2021-02-11 19:38:24

Schon ein sehr schöner Track. My Rajneesh bleibt aber mein geheimer (nicht)Albumfavorit.

Armin

2021-02-11 18:39:52- Newsbeitrag

SUFJAN STEVENS


präsentiert neues Video zur Single „Tell Me You Love Me“ unter der Regie von
Luca Guadagnino

„The Ascension“ ist bereits bei Asthmatic Kitty erschienen


Knapp vier Jahre nach Call Me By Your Name (2017) knüpft SUFJAN STEVENS heute erneut an die Zusammenarbeit mit dem gefeierten italienischen Regisseur Luca Guadagnino für sein Video zu „Tell Me You Love Me“ an. Der in Palermo geborene Drehbuchautor, Regisseur und Produzent wuchs in Äthiopien auf und lebt heute in Mailand. Das queere Liebesdrama Call Me By Your Name gilt als sein bekanntestes Film. STEVENS steuerte damals mit „Visions Of Gideon“ und „Mystery Of Love“ zwei neue Songs zum Soundtrack bei. Letzterer erhielt eine Nominierung als bester Filmsong bei den Oscars.

Im Gegenzug dafür durfte Guadagnino jetzt das Video zu „Tell Me You Love Me“ inszenieren. „Tell Me You Love Me“ ist die bereits vierte Auskopplung aus „The Ascension“. SUFJAN STEVENS' achtes Soloalbum, das von vielen Kritikern als sein Opus magnum bezeichnet wird, ist letzten Herbst bei Asthmatic Kitty erschienen .



GUADAGINO über das Video zum Track:

“The aching feeling of loving and wanting to be loved, the mystery of bodies that clash, the uncanny aspects of nature, the sublime music poetry and voice of Sufjan—all this went into this video that I am proud to have made with the collaboration of two more great artists, Alessio Bolzoni and Celia Hempton.”

Old Nobody

2021-01-08 23:42:06

Ich hatte das Album in meinen Top 5 des Jahres. Nimmt sich zwar seine Pausen hat aber insgesamt eine tolle Stimmung und einige grandiose Songs wie den Opener, Tell me you love me, Die happy, Sugar (mag bei den letzten drei besonders dieses soghaft repetitive) und natürlich America.
Kommt mir insgesamt wie eine Kreuzung vor aus Age of adz und Planetarium. Fand beide auf ihre Art stark,wobei mir letzteres wegen der Atmo besser gefällt

poser

2021-01-08 23:13:07

Rückblickend doch ein gutes Album. Vielleicht sogar sein Bestes seit Illinois (Carrie & Lowell war mir dann doch zu gleichförmig. Großartige Einzelsongs hier und da, aber dann war da doch zu wenig musikalisch Spannendes los.). Mit Ursa Major werde ich wohl nie warm, aber das ist auch ok. Manche Sachen stören mich immer noch, aber nachdem ich nochmal seine gesamte (Haupt)diskographie durchgegagen bin, habe ich das Gefühl, dass ich und wohl auch die Mehrheit dieses Album zu hart bewertet habe. America ist wohl sein am besten strukturiertes Epos und wirklich viele Ausfälle gibt es für mich nicht. Vor allem schafft das Album bei all den unterschiedlichen Klängen eine dichte Atmosphäre.

Glaub auch iwie, dass Sufjan hier eine etwas andersartige Persona aufgebaut hat, auf die ich mich erstmal einlassen musste.

The MACHINA of God

2020-10-31 17:04:34

Wobei 7,5 im Sufjan-Kosmos nicht herausragend ist.

Hab auch nirgends was von "herausragend" geschrieben. :) Allerdings seh ich entgegen den eisten hier acuh nur "Carrie & Lowell" (Studio wie live) über einer 8/10. Die zwei Staaten-Alben find ich gut, aber nicht grandios.

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