Washed Out - Purple noon

Sub Pop / Cargo
VÖ: 07.08.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Vice City stories

Auch wenn er beileibe nicht der durchschaubarste oder gar überraschungsärmste Künstler seiner Generation ist: Manchmal weiß man bei Ernest Greene alias Washed Out einfach, was man zu erwarten hat und letzten Endes auch bekommt. Was das Cover seines vierten Werkes "Purple noon" nämlich ankündigt, zieht der Inhalt dann voll durch. Ein Album wie ein Achtzigerjahre-Videospiel, schon ein bisschen ausgeblichen und doch schön bunt, ein melancholischer Schleier über der Linse, und dazu diese herrlich kitschigen Melodien. Wobei – eigentlich ist Greene in technischer Hinsicht ja viel zu modern aufgestellt, um in der Vergangenheit festzuhängen. Also doch alles nur mit viel Aufwand auf Retro gemacht? Passt auch. Eine Runde "Grand theft auto: Vice City" geht schließlich immer.

Statt in ein nachempfundenes Miami ging es für Greene an die Mittelmeerküste, statt Mafiabosse und Drogenkuriere gibt es auf "Purple noon" lieber Rosenkavaliere und Strandspaziergänger. Hat durchaus seinen Reiz: Passend zum Künstlernamen kommt dieser in der Tat verwaschene Sound mitten im schwül-schwitzigen Sommer 2020 gerade recht. Groovte sich der 2017er-Vorgänger "Mister Mellow" durchs Nachtleben oder blinzelte das rund sechs Jahre zuvor veröffentlichte Debüt "Within and without" noch halbwegs verschlafen am frühen Morgen zwischen den Bettlaken hervor, schaut "Purple noon" der Sonne tagsüber bei ihrem Weg über den Himmel zu. Da streckt sich der Opener "Too late" im Hotelzimmer mit der netten Aussicht gar nicht erst groß, sondern hüpft von der tollen Dusche fast direkt an die Strandpromenade, um das neue schicke neue Outfit in all seiner pastellfarbenen Pracht zu präsentieren. Wie aus dem Ei gepellt lässt auch "Time to walk away" die Hüften kreisen, während andere mit weniger Geschmeidigkeit noch versuchen, beim Gang im warmen Sand nicht über diverse Sonnenschirme und Eimerchen und die dazugehörigen Kinder zu stolpern.

Ordentlich was los also. Distanz und Abstand dürfen gern die anderen wahren, Greene hingegen geht herrlich aufdringlich auf Kuschelkurs. Da hinterlässt das smoothe "Paralyzed" den einen oder anderen feuchten Schmatzer am Hals, während "Game of chance" mal eben den Einsteiger-Taucherkurs überspringt und gleich das tiefe Dunkel sucht. Ganz entspannt trocknet der eben noch nasse Leib "Leave you behind" sei Dank dann an der prallen Sonne, während die Gedanken abschweifen zum alten, zurückgelassenen Leben. Wie war das eigentlich vor der Reise in dieses wunderbare Städtchen? Eigentlich ja egal. Frisch gestärkt verabschiedet "Hide" den Tag und stürzt sich unter die Nachtaktiven, dazu gibts wummernde Beats, die nicht nur auf der Tanzfläche durch Mark und Bein gehen. Sagten wir wummernd? Da hatten wir "Haunt" noch gar nicht auf dem Schirm, das sich leicht alkoholisiert, aber mit prächtiger Laune von einem hübschen Hintern an den nächsten ranmacht, bis es schließlich zu zweit zurück aufs Zimmer mit der netten Aussicht und der tollen Dusche geht. So läuft das halt in Vice City – was für eine Stadt, was für ein Leben.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Time to walk away
  • Paralyzed
  • Haunt

Tracklist

  1. Too late
  2. Face up
  3. Time to walk away
  4. Paralyzed
  5. Reckless desires
  6. Game of chance
  7. Leave you behind
  8. Don't go
  9. Hide
  10. Haunt
Gesamtspielzeit: 42:32 min

Im Forum kommentieren

musie

2020-08-09 21:05:57

einziges Manko: bissl gar kurz mit knapp über 30Min. kaum begonnen und schon ist der Traum wieder vorbei...

musie

2020-08-09 20:26:14

Grossartiges Album. Hab es letzte Woche in Griechenland am Meer jeden Abend gehört, perfekter gehts kaum. Mal schauen, ob es auch in einer etwas weniger perfekten/angestammten Umgebung und im normalen Alltag so gut funktioniert. Am Meer in Griechenland in den Ferien mit Blick auf Süditalien wars eine 9/10.

aleceiffel

2020-08-01 20:39:38

Mochte die ersten beiden Alben von Ernest Greene sehr, konnte mit „Mr. Mellow“ leider überhaupt nix anfangen. Die beiden neuen Vorabsingles haben mich jedoch wieder gepackt. Bin sehr gespannt auf das Album!

Armin

2020-07-31 21:43:08- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

musie

2020-07-01 13:42:34

Das letzte Album war nicht mehr so meins, aber mit den neuen Liedern hat er mich wieder voll. Time to walk away ist grossartig.

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