Max Richter - Voices

Deutsche Grammophon / Universal
VÖ: 31.07.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Von der Freiheit

"All human beings are born free and equal in dignity and rights." Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. So steht es geschrieben in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948, die ein Jahr später weltberühmt vorgetragen wurde von Eleanor Roosevelt. Die war zwar damals schon nicht mehr die amtierende First Lady der USA, aber noch immer eine Stimme der Vernunft und der Hoffnung. Kaum verwunderlich also, dass Max Richter genau jene Aufnahme für die Einleitung seines neuen Mammutwerkes "Voices" verwendet hat. Denn Vernunft und Hoffnung sind, ebenso wie Freiheit, Würde und Rechte, mittlerweile gefühlt ein nicht gerade kleiner Luxus, den sich so mancher in der Gesellschaft nicht mehr leisten kann.

"Voices", das über einen Zeitraum von zehn Jahren entstanden sein soll, vereint Richters gewohntes Gespür für atemberaubende Ästhetik mit völlig nahbarer Menschlichkeit. Die Gemeinschaftsarbeit mit der Regisseurin Yulia Mahr, die zu den Kompositionen den passenden Film geschaffen hat, holt außerdem jene eingangs erwähnte Gesellschaft glatt mit ins Boot: Hunderte Menschen aus aller Welt folgten Richters Aufruf, die Allgemeine Erklärung selbst vorzulesen und ihre Aufnahmen einzureichen. Und so hört man auf "Voices" neben der erwarteten Neo-Klassik des Briten auch die Stimmen dieser Leute, die dort nicht nur von der vielgewollten Freiheit träumen, sondern merklich voller Hoffnung sind.

Zuversicht, Optimismus, Motivation – keine Begriffe, die einem derzeit leicht in den Sinn kommen. Gerade das macht "Voices" aber auch zu einem so erstaunlichen wie notwendigen Album: Klar ist das Vogelgezwitscher hier und da ein wenig dick aufgetragen. Aber manchmal braucht es eben den Holzhammer – so wie etwa auch den Elfeinhalbminüter "Chorale", eine Mischung aus den vorgetragenen Textfragmenten der Hörer aus aller Welt und einem Chor, der die Tonleiter spielerisch rauf- und runtersprintet. Währenddessen beginnt die von Streichern getragene Instrumentierung auf dem Erdboden und entgleitet langsam über den Himmel hinaus ins weite Universum, riesengroß, regelrecht raumeinnehmend, trotzdem ruhend.

Die sich immer wiederholenden Sätze in verschiedenen Sprachen unterscheiden "Voices" aber auch von Richters bisherigen Werken, insbesondere von seiner ruhmreichen Soundtrack-Arbeit. Denn wirkt er da oft wie der Alleskönner aus der Ferne, wie einer, dem scheinbar alles gelingt und dessen Melodien manchmal kaum real zu sein scheinen, findet "Voices" ganz nah am Hörer statt. Die Single "All human beings" berührt das Herz und geht tief unter die Haut. "Prelude 6" ist das Wiegenlied aus dem Nebenraum, die Stimmen zum Schluss ein Dialog unter Nachbarn, deren Sprache man nicht spricht. Die Pianonummer "Cartography" ist die sanfte Untermalung für einen Sonntags-Spaziergang. "Mercy", der Abschlusstrack", ist Klage und Bitte zugleich, der sehnsüchtige, flehende, einnehmende Aufruf zur Gemeinsamkeit, zur Besserung, zum Verständnis. Auch wenn sie derzeit reiner Luxus ist, hat man speziell in den letzten Monaten gesehen, dass ein gewisser Kreditkartenriese vor vielen Jahren wohl recht hatte: Freiheit? Die nimmt man sich besser.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • All human beings
  • Chorale
  • Mercy

Tracklist

  1. All human beings
  2. Origins
  3. Journey piece
  4. Chorale
  5. Hypocognition
  6. Prelude 6
  7. Murmuration
  8. Cartography
  9. Little requiems
  10. Mercy
Gesamtspielzeit: 54:11 min

Im Forum kommentieren

Autotomate

2020-07-24 23:18:51

Die Rezi klingt zumindest so, als würde mir der Rest des Albums nicht besser gefallen, als die schon fast traumschiffhafte Gefühlsdimensionen erklimmenden Vorabsingles. Aber abwarten, "From Sleep" mochte und mag ich sehr.

Given To The Rising

2020-07-24 21:40:07

Ich muss mich korrigieren. Sie hat schon From Sleep rezensiert und zwar ziemlich gut. Trotzdem verwundert die 7 bei der Rezension.

Given To The Rising

2020-07-24 21:35:11

Komische Rezension. Kein einziges negatives Wort und doch nur eine 7/10. Ist Klassik überhaupt ihr Steckenpferd?

Armin

2020-07-24 21:13:40- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

2020-07-24 19:21:55- Newsbeitrag

Heute erscheint „Origins“, die dritte Single aus Max Richters neuem Album „VOICES“.
„VOICES“ erscheint in einer Woche, am 31.07.2020, als CD, LP und Digital.
Ein Meisterwerk, entstanden über die letzten zehn Jahre und inspiriert von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Der bahnbrechende europäische Komponist Max Richter gibt mit der Veröffentlichung von „Origins“ einen weiteren Vorgeschmack auf sein demnächst erscheinenden Albums „VOICES" - seine wichtige, große neue Aufnahme, die von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte inspiriert wurde und bei Decca Records am 31.07.2020 veröffentlicht wird. „Origins" folgt auf die Veröffentlichung der Singles „Mercy" und „All Human Beings".

▶ Ansehen: Max Richter „Origins“






Der Kern der Single ist ein tiefes Gefühl der geeinten Gemeinschaft. In einer Zeit dramatischer Veränderungen versucht „Origins" eine klare musikalische Botschaft der Hoffnung und Reflexion zu vermitteln.

Richter suchte für sein Projekt Lesungen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Seinem Aufruf folgend erhielt er Hunderte von Einsendungen in über 70 Sprachen. Diese Lesungen bilden die Klanglandschaft von „Origins": sie sind die STIMMEN („VOICES“) des Albumtitels.

Es war Richter wichtig, dass es sich bei diesen STIMMEN um echte Menschen und nicht um Schauspieler handelte. Das Ergebnis ist unglaublich kraftvoll und bewegend. Max Richter sagt: „At such times it is easy to feel hopeless but just as the problems of our world are of our own making, so the solutions can be. While the past is fixed, the future is yet unwritten, and the Declaration sets out an uplifting vision of a better and fairer world that is within our reach if we choose."

„VOICES" ist Max Richters neuntes Studioalbum und folgt auf so bahnbrechende Aufnahmen wie „Memoryhouse" (2002), „The Blue Notebooks" (2004), „Infra (2010)", „Recomposed: Vivaldi - Die vier Jahreszeiten" (2012) und zuletzt „SLEEP" (2015).

Mit „VOICES“ überschreitet Max Richtet weiterhin die Grenzen von Musik, Kunst und Technologie - und schlägt neue kreative Wege ein, um ein Publikum in der ganzen Welt zu erreichen. Dieses neue Werk ist nicht nur ein Beweis seines außergewöhnlichen Talents, sondern auch ein Aufruf zur Kontemplation und eine Feier der Gemeinschaft in einer sich wandelnden Zeit.

Er gilt als eine der herausragendsten Persönlichkeiten der zeitgenössischen Musikszene. Von der Arbeit mit Synthesizern und Computern bis zum vollen Symphonieorchester umfasst Richters innovatives Schaffen Soloalben, Ballette, Musik für Konzertsaal, Film und Fernsehserien, Video-Kunstinstallationen und Theater. Er schreibt fein ausgearbeitete, durchdachte Werke, deren Ehrlichkeit entwaffnet. Obgleich subtil, ist seine Musik allen zugänglich.

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