Alanis Morissette - Such pretty forks in the road

RCA / Sony
VÖ: 31.07.2020
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

R, s, t – tut so weh

Quiztime! Bitte vervollständigen:

Letztgenannte Kanadierin, nennen wir sie eben Alanis M., macht ja gerne Alben, zu denen man einen Verriss anhand der Promo-Kassette auf der Terrasse schreiben kann, während die Synapsen Karussell fahren. Die jüngere Generation kennt sie ja ohnehin nur noch, weil im Neunziger-Block auf jeder Party alle ab Mitte dreißig und aufwärts die Tanzfläche stürmen, um lauthals "It's like rä-hi-jääiin!" zu krähen. Das teilzeit-wütende Funkeln von "Jagged little pill" und die hochwertige Rundum-Bedienung durch "Supposed former infatuation junkie" liegen jedoch schon lange zurück, beides seit rund zwei Jahrzehnten unerreicht. Eine seltsame VÖ-Politik nun: Vier Wochen vor Veröffentlichung von "Such pretty forks in the road" wurde noch ausgiebig das 25-jährige Jubiläum ihres Durchbruchsalbums "Jagged little pill" per Deluxe-Edition zelebriert, samt anberaumter Tour im gleichen Jahr. Soll da etwa die Aufmerksamkeit umgelenkt werden? Könnte man fast meinen. Es wäre jedoch überraschend schade um das erste Studioalbum seit acht Jahren.

2020 stehen die Zeichen auf Ballade mit viel Klavier und Drama. "Such pretty forks in the road" enthält keine Rocker, ja nicht mal "Rocker". Midtempo-Pop ist das höchste der Gefühle – und im Fall des furchtbar belanglosen "Ablaze" auch das verzichtbarste. Besser eröffnet die Platte "Smiling", das zwar "Uninvited" schamlos recycelt und irgendwo auch schon mal Radioheads "No suprises" gehört hat, aber äußerst stimmig geraten ist. Doch auch wenn es heißt "This is a life of extremes", gilt das nicht für das weitere Material. In der Mitte der Platte drängeln sich geradezu die Balladen, davon stehen einige Frau M. ganz exzellent. "Losing the plot" legt den Teppich aus für den folgenden Pathos von "Reckoning", ein starkes unheilvolles Gewitter am Horizont, das zwar nie über den Hörer kommt, aber immer in drohender Nähe bleibt. "Brace yourself for this reckoning."

Während nur "Sandbox love" noch in Untiefen des etwas modrigen Nineties-Gitarrenpop greift – besonders unschön ist der öde Refrain aus "Awkward as fuck / Sexy as fuck" und so weiter –, gibt es abseits vom erwähnten "Ablaze" wenig zu mäkeln. Höchstens noch die sehr auf Vocals fokussierte Abmischung, die auch dem Billy Corgan der jüngeren Zeit gefallen hätte. Bei "Diagnosis" wird das im Klangbild leider deutlich, aber die starke Melodie macht es wett. Überraschend auch, dass das sechsminütige "Nemesis" unterschwellig einen Disco-Groove hineinbringt und die Therapiesitzung gen Himmel entführt. "We put our helmets on and threw our confetti / And then was the phone call telling to breathe in through my nose and breathe out my mouth." Kann man hier sogar rhythmisch anwenden.

Die Entschleunigung der Songs bei gleichzeitigem Aufdrehen der Dramatik war die richtige Entscheidung, die "Such pretty forks in the road" zum besten Alanis-Album seit den eingangs genannten Werken macht. Zugleich emanzipiert es sich im Sound genügend, um die Richtung vorwärts zu weisen. "I'm sure you enjoyed the ride, who wouldn't?" Das abschließende "Pedestal" mag da vielleicht ein kleines Augenzwinkern verstecken, spricht aber dennoch die Wahrheit aus. Die Songs bilden ein starkes Werk, das nur an ein paar unnötigen Throwbacks und Fehlgriffen leidet. Bleibt allerdings noch diese eine Frage am Ende. "Call me what you need to / To make yourself comfortable", singt sie. Danke – dann der Einfachheit halber: Alanis Morisete.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Smiling
  • Reckoning
  • Nemesis
  • Pedestal

Tracklist

  1. Smiling
  2. Ablaze
  3. Reasons I drink
  4. Diagnosis
  5. Missing the miracle
  6. Losing the plot
  7. Reckoning
  8. Sandbox love
  9. Her
  10. Nemesis
  11. Pedestal
Gesamtspielzeit: 46:03 min

Im Forum kommentieren

VelvetCell

2020-07-31 14:45:01

Habe da jetzt mal rein gehört.

Der letzte Song, den ich von ihr gehört habe, war vermutlich "Thank You", danach habe ich nichts mehr von ihr mitbekommen.

Wenn ich jetzt "Smiling" höre, dann denke ich, schön, ihre Stimme wiederzuhören. Hatte nicht mehr gewusst, wie toll und unverkennbar sie ist.

Die Songs dann aber: lahm. Die Produktion cheesy.

Schade.

Armin

2020-07-24 21:12:13- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

2020-06-09 18:40:01- Newsbeitrag



Alanis Morissettes neues Album „Such Pretty Forks In The Road“ ist nun ab dem 31. Juli erhältlich. Der Longplayer, der in Zusammenarbeit mit dem Songwriter Michael Farrell (Morrissey, Macy Gray) und der Produzentin Alex Hope (Troye Sivan, Ben Platt, Tove Lo) entstand, ist der Follow-up zu „Havoc And Bright Lights“, das 2012 Platz zwei der Offiziellen Deutschen Charts erreichte und mit Gold ausgezeichnet wurde.



Seit 1995 zählt Alanis Morissette zu den einflussreichsten Singer/Songwritern und Musikern. Ihre Musik und ihre Performances wurden von der Kritik hoch gelobt und mit sieben Grammys ausgezeichnet. Nach Morissettes Debütalbum im Jahr 1995, „Jagged Little Pill“, folgten neun weitere vielseitige und von der Kritik hochgelobte Alben.



Tracklisting:

Smiling
Ablaze
Reasons I Drink
Diagnosis
Missing The Miracle
Losing The Plot
Reckoning
Sandbox Love
Her
Nemesis
Pedestal

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