Britta - Lichtjahre voraus

Flittchen / EFA
VÖ: 05.09.2003
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Das Leben ein Smiths-Song

"Die klingt ja wie die Stimme vom Kleinen Arschloch", sagte mein Freund Markus einmal, als ich ihm das letzte Album der Berliner Band Britta vorspielte. Erst einmal fand ich das gemein. Doch seitdem kann ich mich nicht mehr dagegen wehren. Wann immer die singende Stimme von Christiane Rösinger erklingt, schwebt mir eben jene Comicfigur vor. Jene Rösinger ist Stimme des Berliner Vierers Britta, der in die Fußstapfen der Lassie Singers trat. Sie singt mit nöligen Charme eines Berliner Großstadtkindes vom Leben in der Stadt. Musiziert wird mit der Gewißheit, daß die ewige Jugend und immerwährende Sexyness ein Fantasieprodukt der blühenden Popkultur sind. Britta antworten darauf mit betonter Weiblichkeit. Sexy sein und im nächsten Moment jeden Tappert-Lookalike-Wettbewerb im Handumdrehen gewinnen. Das ist Frauenpower.

Rock ohne Rock, für die Hälfte der Besetzung gilt die Regel tatsächlich. Auf dem Albumcover stehen die vier Damen in wenig erbauliche Posen vor biederem Interieur. Weltschmerz in der Weltstadt Berlin, wo doch eh die meisten Leute immer gut drauf sind. Jawohl, endlich sagt es mal einer. "Wir müssen hier raus", das Ton-Steine-Scherben-Cover fügt sich nahtlos in elf kleine Lichtblicke ein.Aufgenommen wurde "Lichtjahre voraus" in den traditionsreichen Blackbox-Studios in Frankreich. Das Album klingt rockiger und lebendiger als die beiden Vorgänger "Kollektion Gold" und "Irgendwas ist immer". Die Gitarren werden öfter denn je auf Britta-Alben eigestöpselt. Die Akkorde werden fast fies geschrammelt. Rösinger beobachtet feinsinnig. Im Blick immer eine Spur Ironie. Es macht Spaß, ihren Texten zuzuhören. Die neue positive Befindlichkeit scheint zwar fragile Fassade, doch sie steht da. Nichts zwischen den Zeilen , sondern plakativ und provokativ.

Auf ihrem neuen Album wähnen sich Britta Lichtjahre voraus. Wem oder was allerdings fragt man sich da, und findet die Antwort vielleicht in der ausgedrückten Befindlicheit früherer Britta-Platten. Es geht um Liebe und Vergessen. Allesamt sind diese Lieder "Happy songs". Die alten bösen Lieder, ich sing sie nie mehr wieder," heißt es im gleichnamigen programmatischen Titel. Schade eigentlich. Melodie und traurige Grundstimmung bleiben, dennoch fühlt sich alles auf unverbindliche Art positiver an. "Wir dürfen nicht ins Jammertal der Häuslichkeit entfliehen." Wenn Britta von Leben singen, dann meinen sie die sanfte Emanzipation. Man kann sich ja gewöhnlichen Sachen wie Liebe nicht ganz entziehen. Das Leben ist nunmal die Melange aus langem ruhigem Fluß und Karusselfahrt, manchmal Musical und dann wieder "Wie ein Smith-Song".

(Sebastian Peters)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Britta-Lichtjahre voraus
  • Happy song
  • Wie ein Smith-Song

Tracklist

  1. Fragen
  2. Britta-Lichtjahre voraus
  3. Chinesisches Roulette
  4. Happy song
  5. L****
  6. Es ist nicht immer leicht
  7. Ruf mich nie mehr an
  8. Wie ein Smith-Song
  9. Entschuldigung
  10. Wie müssen hier raus
  11. Was alles fehlt
Gesamtspielzeit: 34:43 min

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