The Mountain Goats - Songs for Pierre Chuvin

Merge / Cargo
VÖ: 10.04.2020
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Songs for the cassette generation

Alles anders im bisherigen Jahr 2020. Statt den Frühling bei einem kühlen Weizen im Biergarten zu genießen, verbrachte man die Tage als verantwortungsbewusster und vernünftiger Bürger in den eigenen vier Wänden. Statt normal einkaufen zu gehen, hamsterte man als egoistischer Trottel, bis sich das Klopapier bis unter die Decke stapelte. Und Corona hat die Welt weiterhin um ihren ekligen, virenverseuchten Finger gewickelt – die Suche nach Trost, schönen Momenten und Ablenkung ist noch immer allgegenwärtig. Wo findet man all das mitunter am leichtesten? In der Musik, natürlich. Und wer hilft da immer gern weiter? John Darnielle von The Mountain Goats.

Der hatte sich rund ein Jahr nach Veröffentlichung des letzten Albums "In league with dragons" eigentlich mit seinen Bandkollegen verabredet, um mit den Aufnahmen des möglichen Nachfolgers zu beginnen. Aber auch hier machte ihnen ein gewisses Virus einen Strich durch die Rechnung. Kaum wieder daheim angekommen, machte sich Darnielle selbst auf die Suche nach Ablenkung und fand seinen alten Rekorder wieder, den Panasonic RX-FT500, mit dem The Mountain Goats zuletzt das 2002er-Werk "All hail West Texas" aufnahmen. Weil er zudem gerade sehr versunken in das Buch "A chronicle of the last pagans" von Pierre Chuvin und seine Sammlung heidnischer Erzählungen war und im Jahr 2020 nun eben alles etwas anders ist, gibt es mit "Songs for Pierre Chuvin" zwar nicht unbedingt ein neues The-Mountain-Goats-Album, aber immerhin eines von Darnielle und seinem früheren, ebenso treuen Kollaborateur: jenem alten Panasonic-Aufnahmegerät.

Digital und stark limitiert auf Kassette gibt es das gute Teil, das solchen Fans, die ausschließlich die jüngere Diskografie des 53-Jährigen kennen und schätzen, womöglich nicht allzu sehr gefallen wird. Darnielles Wegbegleitern aus den Anfangstagen hingegen dürfte hier ob des Demo-Charakters und DIY-Charmes das Herz aufgehen: So viel Liebe und Hingabe, wie allein der Opener "Aulon raid" versprüht, hört man anderen Musikerkollegen im fast 30. Karrierejahr kaum noch an, und auch das leicht dumpf klingende "For the snakes" sowie "January 31, 438" mit seiner stürmisch-poppigen Art wissen schnell zu überzeugen. Wie kleine Häppchen muten die meisten Stücke auf "Songs for Pierre Chuvin" an, weshalb die kleine musikalische Reise durchs Heidentum nicht mal ganz eine halbe Stunde dauert. Aber Spaß macht das allemal.

Etwa dann, wenn "Until Olympius returns" rau und aggressiv in die Saiten haut und Darnielle quasi nebenher eine kleine Geschichtsstunde abhält. Oder wenn "Their gods do not have surgeons" das Geschehen um die Göttin Isis in Ägypten in die Gegenwart zu holen scheint – Zeilen wie "Give me back my community" gehen zumindest aktuell doch sehr ans Herz. Der beste Moment des Albums wartet jedoch bis zum Ende, wenn Darnielle im sanften "Exegetic chains" nicht nur frühere und neuere Fans miteinander vereint, sondern auch den einsamen Hörer mit sich selbst, der da ebenso einsam vor dem Aufnahmegerät sitzt. "Music on the air / The places where we met to share / Our secrets now and then / We will see them again / Change will come / Stay warm inside the ripple / Of the Panasonic hum." Ja, im Jahr 2020 ist bisher alles etwas anders. Aber manche Dinge ändern sich zum Glück nie. Vielen Dank dafür, John Darnielle.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Aulon raid
  • For the snakes
  • Exegetic chains

Tracklist

  1. Aulon raid
  2. Until Olympius returns
  3. Last gasp at Calama
  4. For the snakes
  5. The wooded hills along the Black Sea
  6. January 31, 438
  7. Hopeful assassins of Zeno
  8. Their gods do not have surgeons
  9. Going to Lebanon 2
  10. Exegetic chains
Gesamtspielzeit: 27:22 min

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Armin

2020-06-03 19:37:39- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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