
Princess Thailand - And we shine
À Tant Rêver du Roi / LuikVÖ: 24.04.2020
Wo ist jetzt?
Von der Schräglage des modernen Lebens zu berichten, ist kein leichtes Unterfangen. Irgendwie geht es immer weiter, vielleicht auch abwärts. Noch komplizierter wird es, wenn die Berichterstattung via Kunst erfolgt. Was dem einen zu extrem ist, ist dem anderen gerade abseitig genug. Die französische Band Princess Thailand hat sich auf ihrem neuen Album "And we shine" für die Ausfahrt in Richtung Radikalität entschieden. Aus dem verwehten Post-Punk des Debüts ist in der zweiten Iteration ein Tosen geworden. Im Subtext schwirren alle möglichen Einflüsse umher, ob man sie jetzt Noise, Gothic oder Industrial nennt, sei den Schubladenmachern überlassen. Princess Thailand sind "all-in". Was im Angesicht der eingangs erwähnten Schräglage mindestens angebracht erscheint
Der Sound der Band wildert tief in den Achtzigern des vergangenen Jahrhunderts. Monotone Basslinien, verhallte Gitarrenfiguren, ein mächtig stampfendes Schlagzeug. In "Night after day" duellieren sich beispielsweise Feedbackorgien mit einem stoischen Groove, während irgendwo dazwischen melodische Ideen in ihre Einzelteile zerlegt werden. Mächtig, ja unaufhaltsam klingt das. In eine ähnliche Kerbe schlägt "Sonar", dessen Refrain dank raumgreifender Achtelnoten die Sehnsucht nach ewiger Finsternis weckt. Bei aller Sperrigkeit sind die Songs jedoch immer sofort auf einem emotionalen Level greifbar. So packt einen "First time" schon nach wenigen Sekunden am Kragen, während sich "In this room" etwas mehr Zeit lässt, bevor die Gänsehaut kommt. Besonders eindringlich wirken hier die Bläser, welche auch in anderen Songs für Überraschungsmomente sorgen.
Im Auge des Sturms steht allerdings Sängerin Aniela Bastide, deren Singsang von Beginn an fasziniert. Egal, ob sie flüstert, spricht oder schreit. Die großen Melodien vermeidet sie bewusst, an vielen Stellen setzt sie ihre Stimme eher wie ein Instrument ein. Das tut den Songs gut, erst durch das manische Jaulen der Vokalistin wird aus dem wuchtigen "Now / where" das Meisterwerk, das es ist. Ein simpler Rhythmus genügt der Band als Startpunkt, um anschließend sukzessive ein Mahnmal des Krachs zu errichten. Die letzten Minuten sind dann so etwas wie ein Reinigungsritual. Krach ist überhaupt ein wichtiges Stilmittel, besonders erschütternd gerät diesbezüglich "Into her skin". Ganz ohne Schlagzeugbegleitung verlieren sich die Musiker in einer Geräuschorgie, die nur vom Wehklagen Bastides zusammengehalten wird. Anspruchsvoll vielleicht, aber eben auch großartig. Dies könnte die Musik sein, die den Menschen auf dem Weg nach unten begleitet. Selbstvergessen tanzend, mit einem Lächeln auf den Lippen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- In this room
- Now / where
- Into her skin
Tracklist
- First time
- Sonar
- In this room
- Now / where
- We shine
- Night after day
- Into her skin
Im Forum kommentieren
Mann 50 Wampe
2020-05-03 15:42:57
Gefällt sogar mir
slowmo
2020-05-03 14:59:15
Ob es nun ein AdW ist sei mal dahingestellt, aber immerhin ist es ein sehr ordentliches Dark Wave Album geworden. Das besondere ist vllt. etwas dieser Sonic Youth Einfluss. Innerhalb des Genres sicherlich ein kleines Jahreshighlight.
Mr Oh so
2020-05-02 17:22:08
Not bad.
boneless
2020-05-01 10:31:38
mimimimi
Marküs
2020-05-01 09:08:12
Ich hätte auch Ulcerate als AdW eingesetzt
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