Mia. - Limbo

Four / Sony
VÖ: 27.03.2020
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Zuckerwatte mit Lakritzgeschmack

"Limbo cool, limbo fine, everybody gets a chance / Come on and move your body down, do the limbo dance!". Ob Mia. wohl diese unvergesslichen Zeilen des großen David Hasselhoff im Ohr hatten, als sie auf der Suche nach dem passenden Titel für ihr mittlerweile siebtes Album waren? Nach fünf Jahren und dem leider nahezu unbeachteten letzten Album "Biste Mode" ließe sich viel mutmaßen, denn so richtig stattgefunden hat die Band seitdem kaum mehr. Nun also Neuanfang zu Calypsobeats und Tanz unter der Stange? Mitnichten.

Richtig weit weg von ihrem einstmals als Elektropunk bezeichneten Debüt "Hieb und stichfest" haben sich die Berliner auf den nachfolgenden Alben nicht entfernt, auch die Neigung zur Wortjonglage hat sich über die vergangenen 20 Jahre kaum verändert. Die Titel sind nach wie vor allesamt von hübschen Wortspielen gesäumt, der Berlin-Bezug ist dieses Mal mindestens durch "Mauerpark" abgedeckt und Mieze singt klar und deutlich von Befindlichkeiten, Lieblingsmomenten und erfrischendem Herzschmerz. Dass das immer noch gut funktioniert, lässt sich vor allem an den ersten drei Songs ablesen. Mit unverhohlenem Positivismus tanzt sich "Limbo" vom "Fahrstuhl zum Schafott" unverschämt eingängig ins Ohr. Obwohl beziehungsweise gerade weil sich die Berliner für ihr neues Werk von ihrem Kreativteam getrennt haben, schäumt die Band über vor Ideen und springt gleich darauf "KopfÜber" in den nächsten Seelenstreichler. Nichts ist einfach, aber man darf alles versuchen. Dazu pluckert ein launiger Beat und Mieze singt von klarem Blick und klarem Wasser.

Mia. wollen alle und jeden mitreißen und sehen in teilweise belanglosen Alltagsbetrachtungen allerlei Fantastereien. So fließt das Neonlicht wie "Tortenguss" und die Bewegungen der zahlreichen Baukräne werden als ein abstraktes Ballett wahrgenommen. Machen Mia. also die Augen zu und verklären die zahlreichen Eindrücke, die sie auf "Limbo" zur Sprache bringen? Weniger, wenn es so gegenständlich wird, wie im hübschen "Mauerpark" oder im energischen, an Spillsbury erinnernden "Immer wenn ich Dich seh". Es scheint, als würde die Band ihre gerne vom Nachvornschauen und positivem Denken handelnden Songs in Zuckerwatte packen wollen. Wenn es ans Eingemachte geht, wird es dann aber doch schnell energisch oder – und das ist leider ein wenig die Krux an "Limbo" – ein wenig gestrig. "Richtig im Falschen" zum Beispiel hat eigentlich eine gefällige Melodie, verschwindet aber so ein wenig in softem Neunziger-Pop und das schlichte "Reisen" hat außer der vorwitzig hoppelnden Bassfigur nur wenig Spannendes hervorzubringen.

"Vorbei" holt die Tugenden empor, die Mia. als Kernkompetenz für sich ausgemacht hat. Knackige Beats und hübsche Virginia-Jetzt!-Melodik, im Text kryptische Klaubereien an eine verflossene Liebe, die sich als Hirngespinst herausgestellt hat. Es scheint nicht von ungefähr, dass sich Mia. "No bad days" als Schlusspunkt für ihr Album aufgehoben haben. Die Berliner wollen einfach keine schlechte Laune verbreiten und selbst wenn mal dunkle Wolken am Horizont erscheinen, kann man sich immer noch vorstellen, dass das Zuckerwatte mit Lakritzgeschmack wäre.

(Carl Ackfeld)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • KopfÜber
  • Tortenguss
  • Vorbei

Tracklist

  1. Limbo
  2. KopfÜber
  3. Tortenguss
  4. Immer wenn ich Dich seh
  5. Richtig im Falschen
  6. Crash
  7. Vorbei
  8. Reisen
  9. Mauerpark
  10. Sorgenfalter
  11. No bad days
Gesamtspielzeit: 38:01 min

Im Forum kommentieren

Armin

2020-03-20 19:55:05- Newsbeitrag





RELEASE INFO

„No Bad Days – so steht’s auf deiner Haut / No Bad Days – gestochen scharf, groß und laut“, singt Mieze Katz auf der neuen Single ihrer Band MiA. Für ein selbstbestimmtes Leben und das leidenschaftliche Anderssein. Für alle Geisterfahrer und Gegendenstromschwimmer Für sich und all die anderen wilden Mädchen und Jungs da draußen.

Die Idee für den Song kommt der Band beim Durchforsten ihres Instagram-Feeds. Auf einem Foto zu sehen: Marie, 25, MiA.-Fan durch und durch, in der ersten Reihe beim Konzert. Auch im Bild: Ihr Unterarm. Auf dem steht, in großen bunten Buchstaben „No Bad Days“ tätowiert. Warum nicht einfach mal die Connection zwischen Künstler und Fan umdrehen? Den Song zum Tattoo schreiben und nicht umgekehrt? Eben.

Wer die bisherigen Videoauskopplungen vom Album „Limbo“ verfolgt hat, der weiß, dass MiA. sich Clip für Clip etwas Neues einfallen lassen. Nach dem tanzenden Tagesschausprecher Thorsten Schröder im Video zum Titeltrack, war die Band dieses Mal auf geheimer Mission unterwegs.

Unter dem Vorwand, eine Doku über MiA.-Fans zu drehen, von der Band aus ihren eigenen vier Wänden gelockt, um dann heimlich das Wohnzimmer kurzerhand zur Bühne umzufunktionieren und dort nach Maries Rückkehr gemeinsam mit jeder Menge Konfetti die Weltpremiere von ihrem Song zu feiern.

Autotomate

2020-03-19 12:20:41

Ah danke, jetzt hab ich's kapiert :)

Vive

2020-03-19 12:04:10

in der review steht "Come on and move your body down".
Ich lasse es mal bleiben, nachzuhören..

Autotomate

2020-03-19 11:27:35

Aha, und was singt er wirklich? "Komm mein Mädchen, reich mir deine Hände"?

Vive

2020-03-19 07:11:08

ich dachte immer, David singt "come on and do the party time", aber das war auch noch in der zeit, bevor ich des englischen mächtig war.

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