Against All Logic - 2017-2019
Other PeopleVÖ: 07.02.2020
Richtig gutes Zeug
Ankündigungen aus dem Nichts, das kennt man von Nicolas Jaar. Sowohl "Sirens" und "Nymphs" als auch "2012-2017" unter seinem Alias "Against All Logic" erschienen urplötzlich. Nun ist es wieder soweit und mit einer Woche Vorlauf steht "2017-2019" in den Startlöchern, begleitet von einer Sofortveröffentlichung der EP "Illusions of shameless abundance", und bereits diese ist mehr als nur ein Ausrufezeichen. Der Titeltrack ist Industrial in Reinform, nicht zuletzt dank der stimmlichen Unterstützung von Punk-Ikone Lydia Lunch. Der zweite Song, "Alucinao", bei dem Estado Unido und FKA Twigs mit an Board sind, ist ein neunminütiger Brecher. Dass der auf einem schiefen, polternden Abbruchbeat basierende Wahnsinntrack mit verfremdeten, mechanischen Gesangsspuren nicht auf dem Album zu finden sein wird, ist spätrömische Dekadenz. Beziehungsweise stellt es die Frage: Wie gut muss das Material auf "2017-2019" erst sein, wenn Jaar es sich erlauben kann, dort auf "Alucinao" zu verzichten?
Die Antwort ist: Er kann es sich erlauben, weil noch ganz andere Pfeile im Köcher stecken. Das Album eröffnet "Fantasy", hinter dessen Maske sich ein zerstückeltes "Baby boy" von Beyoncé & Sean Paul verbirgt. Jaar zerlegt die Gesangsspuren, manchmal nur einzelner Wörter, und setzt alles neu zusammen. Er nimmt der Clubmusik den Hochglanz, die blinkende Diskokugel, und trägt selbigen stückweise in alte, kaputte Fabrikhallen. Mit "If loving you is wrong" passiert ähnliches. Hier ist ein Sample von Luther Ingrams "(If loving you is wrong) I don't want to be right" Basis eines recht entspannten IDM-Tracks. Zusammen mit dem triphoppigen "With an addict", welches einige Minuten gemütlich vor sich hinpluckert, bildet es einen entspannten Pol, ehe Lydia Lunch dann ebenfalls ein Auftritt gewährt wird. "If you can’t do it good, do It hard" ist zum einen Titel, zum anderen wiederkehrende Textzeile, die Lunch nach flirrendem Anfang zu harten Technobeats in die Nacht schreien darf. Jaar folgt daraufhin dem zweiten Halbsatz: Es wird sehr, sehr hart.
Schon der kurze Zweiminüter "Alarm" hat die Brachialität und Direktheit eines Boys-Noize-Geballers, ehe das nahtlos folgende "Deeeeeeefers" alles abreißt. Clubtaugliche, völlige Eskalation 2020. Was. Ein. Brett. Zusammen mit "Faith", definiert Jaar in dem Trio mal eben im Vorbeigehen den Zenit elektronischer Musik des Jahres. Dabei ist "Faith" zweigeteilt. Es nimmt einerseits noch den Drive aus "Deeeeeeefers" mit einem leicht schiefen Industrialbeat mit, vollzieht mittig einen unerwarteten Cut und löst sich mit Glockenspiel und Pianotakten in Wohlgefallen auf. Die Radikalität dieses Trios wird "2017-2019" im weiteren Verlauf nicht nochmals erreichen oder anstreben, "Penny" und "You (forever)" dienen dem langsamen Herunterfahren. Sie sind schön komponierte IDM-Titel der Marke Four Tet oder Caribou, durchweg auf sehr hohem Niveau und ein guter Abschluss dieses unvorhersehbaren Monoliths von Album. Das einzige, was nun noch fehlt, ist ein Club, von dem man weiß, dass mindestens Teile davon laufen werden.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Alarm
- Deeeeeeefers
- Faith
Tracklist
- Fantasy
- If loving you is wrong
- With an addict
- If you can’t do it good, do It hard
- Alarm
- Deeeeeeefers
- Faith
- Penny
- You (forever)
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Fiep
2020-02-18 11:23:12
Tip Top. nicht erwartet, besonders da mir die letzte im vergleich zu jaars üblichem zeug nicht so zugesagt hat.
Und der letzte satz der rezension tut weh, da ich weiß das so einer hier nicht existiert =O
Armin
2020-02-17 20:56:56- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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