Isobel Campbell - There is no other...
Cooking Vinyl / SonyVÖ: 07.02.2020
Die kleinen Dinge des Lebens
Isobel Campbell hatte sich rar gemacht. Die Alben mit dem knurrigen Mark Lanegan liegen mittlerweile fast zehn Jahre zurück, das letzte Solowerk "Milkwhite sheets" der einstigen Belle-&-Sebastian-Sängerin datiert sogar aus 2006. Sich nach so einer langen Zeitspanne wieder mit einem Album ins Gedächtnis zu bringen, kann ein heikles Unterfangen werden, schürt es doch Erwartungen, die sich an den bisherigen Veröffentlichungen orientieren könnten. Stillstand wäre hingegen wenig fortschrittlich, eine nur marginale Veränderung vielleicht eine Enttäuschung, eine komplette Neuerfindung hingegen vergrault alte Fans und holt vielleicht keine neuen hinzu. Und wenn man alles in einen Topf wirft und sich somit dem Vorwurf, auf Nummer sicher zu gehen, aussetzt? Hat man die Rechnung ohne schottische Sängerin gemacht.
"There is no other..." ist ein verträumtes, mit psychedelischen Verzierungen durchzogenes Werk, dessen Ecken und Kanten spürbar, aber nur unter dem Mikroskop sichtbar werden. Federnder Folk, der sich an den Sechzigern orientiert und Indiepop, gerne mit leicht frankophiler Anmutung vorgetragen, markieren die Bandbreite, in der sich die Musikerin bewegt. Alles scheint so ein wenig im Halbdunkel zu liegen, viele Melodien flirren wie Glühwürmchen durch den Abendhimmel, nur wenig Licht oszilliert am Himmel, schillert aber in den schönsten pastellenen Farben. Genauso sanft taucht auch "City of angels" auf der Bildfläche auf, Campbell singt mit dem brüchigen Sopran eines jungen Mädchens, Grillen zirpen, Gitarren und Streicher weben einen minimalistischen Teppich. Ganz anders das folgende Tom-Petty-Cover "Runnin' down a dream". Das Tempo zieht an, nicht jedoch die säuselnde Stimme der Sängerin. Zum ersten Mal entsteht ein Hauch von Kontrast, der dem Song wunderbar bekommt, jedoch im Kontext des Albums klar für sich alleine steht.
Ein Punkt, den man "There is no other..." so ein wenig vorhalten könnte, ist, dass es sich doch zuweilen selbst so ein wenig in den Schlaf singt. "Vultures" oder auch das kurze "See your face again" gemahnen an die aktuelle Bedroom-Pop-Mode, doch diese Momente sind zu kurz, um sich dazu wirklich in den Schlaf wiegen zu lassen. Allerdings weckt Campbell den Hörer nicht mit lauten Momenten, sie bleibt beim Flüstern, dem sie kleine, aber feine Versatzstücke beifügt. Einen Hauch von knisternder Elektronik im hübschen "Ant life" etwa, in dem sie die Welt wie einen sich ständig bewegenden Ameisenhaufen betrachtet, eine Spur tropisches Bossa-Nova-Gefühl bei "Rainbow", eine Prise Soul bei "The heart of it all". Es sind eben die Details, die die Songs des Albums ausmachen, und genauso winzig wie die kleinen Krabbeltiere, erschaffen sie in der Draufsicht in jeder Sekunde eine neue Konstellation.
Am besten gelingt Campbell das hingegen nach wie vor, wenn sie sich an ihren Indie-Pop-Wurzeln orientiert. Beim lebensbejahenden "Hey world" etwa, mit seinen choralen Momenten und dem gospeligen Ausbruch am Ende, noch besser im wundervollen "The national bird of India", das sich im Kern auf die frühen Belle-&-Sebastian-Großtaten besinnt. Auch hier sind es winzige Momente, wie der hier orientalisierte, an Gamelan-Musik erinnernde Hintergrund. Vor allem aber ist es die entspannte Lässigkeit, mit der die Musikerin über den einfachen Folkakkorden schwebt, die die insgesamt dreizehn Songs voneinander abgrenzen, ohne den ruhigen Fluss des Albums stören.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Runnin' down a dream
Tracklist
- City of angels
- Runnin' down a dream
- Vultures
- Ant life
- Rainbow
- The heart of it all
- Hey world
- The national bird of India
- Just for today
- See your face again
- Boulevard
- Counting fireflies
- Below zero
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Armin
2020-02-03 20:39:40- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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