Alexander Marcus - Pharao

Yuppie / Kontor
VÖ: 30.08.2019
Unsere Bewertung: 3/10
3/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Oder soll man es lassen?

Halt, hier geblieben! Du hast schließlich geklickt und damit bist du Teil des Problems – des Problems namens Alexander Marcus. In echauffiert-distanzierten Kreisen gern als "Phänomen" des Elektro-Schlagers mit der schreiberischen Pinzette angefasst, auf Malle als Gaga-Held gefeiert, in Indie-Kreisen wenigstens teilweise für clevere Persiflage bewundert. Doch ein Witz wird durch ständige Wiederholung nicht besser, auch wenn zumindest in kommerzieller Hinsicht Marcus' fünftes Album "Pharao" immerhin seine bislang beste Chartplatzierung eingefahren hat. Doch obwohl ganze fünf Jahre zurückliegen seit der letzten Platte und dieses Album bei Erscheinen der Rezension bereits über einen Monat draußen ist, krähte bisher kaum ein Hahn nach einer Besprechung. Warum auch? Wenn man nicht mal die halbe Hand braucht, um auszurechnen, ob einem dieses Album gefallen könnte? Wenn "Pharao" keine einzige neue Idee bringt, sondern nur alte mit schlechteren Beats aufwärmt? Wozu also Alexander Marcus noch rezensieren?

Eben: Für Klicks wie Deinen. Was Marcus kann, kann Plattentests.de schon lange. Die immergleiche Kritik am immergleichen Sound aufwärmen, es wird ja sowieso konsumiert. Auch in den elf Songs von "Pharao" sabbert Marcus' Stimme wieder schleimigstmöglich aus den Boxen, was ebenso gewollt wie schwer hörbar ist. Wer noch frühe Hits wie "1, 2, 3" oder "Papaya" im Ohr hat, wird sich jedoch mindestens mal wundern, wie seifig und billig die ganze Hintergrundmusik hier klingt. Im volltrunkenen Megapark würde sowas gnadenlos durchfallen, der daheimgebliebene Rest langweilt sich eben ob der mangelnden Energie und der meist viel zu langgezogenen Songs. Dann wirken auch Textfragmente wie "Jetzt ist die Zeit, dass jeder von Euch weiß / Wie wichtig Ihr mir seid" lediglich wie das sinnentleerte Ranwanzen, das sie vermeintlich zu parodieren versuchen. Die Frage, ob das alles Ernst oder Spaß ist, tritt in den Hintergrund, weil "Pharao" schlichtweg nicht zu unterhalten vermag. Ein Witz, aber auf fast 40 Minuten schier endlose Dauer gestreckt.

Kleine Lichtblicke wie das politisch und rechtschreiberisch höchst unkorrekte "Teeny" machen den Kohl auf ganzer Strecke nicht fett. "Dein Herz, es ist zerbrochen / Und es sind nur noch neun Wochen / Bis zur Geburt von Jochen" – das ist noch einer der lustigeren, dadaistischen Momente, die aufgrund ihrer Häufigkeit und Penetranz an Wirkung verlieren. "Sehr geehrte Frau Mutter / Immer wieder half ich Dir mit Deinem Computer", säuselt Marcus in "Lass mich los" und findet wenigstens einen Alltagsbezugspunkt beim Hörer. Anderweitig schießen die Pointen aber meist meilenweit am Zwerchfell oder überhaupt am eigenen Interesse vorbei. Wen bockt die Geschichte von "Schwimm nicht so weit" – der Rat, den die Fischer ihm gaben, als sie ihn angeblich großgezogen hatten? Wer braucht mit "Der Abend wird gut" die x-te Aufforderung zu irgendeiner Party? Spätestens beim zweiten Song ist es einem ziemlich egal, was der geleckte Hampelmann zu gefakten karibischen Klängen und Tropical-Lounge-Versuchen von sich gibt. Also: Was hast Du hier erwartet? Was wollen wir überhaupt mit einer weiteren Alexander-Marcus-Rezension? Haben am Ende nicht alle Parteien Freizeit verschwendet? Eben.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Denn sie wollen den Nektar
  • Teeny

Tracklist

  1. Der Abend wird gut
  2. Brich das Eis
  3. Krass superschön
  4. Rastafari
  5. Denn sie wollen den Nektar
  6. Schwimm nicht so weit
  7. Lass mich los
  8. Ich will verreisen
  9. Hey Joshua
  10. Teeny
  11. Jetzt hammwas
Gesamtspielzeit: 38:41 min

Im Forum kommentieren

Watchful_Eye

2019-10-03 13:36:25

Haha, hast Recht, jetzt wo du es sagst. Ich hab die Rezension halt entsprechend tatsächlich nicht gelesen.

qwertz

2019-10-03 11:26:11

Marcus bietet natürlich eine Projektionsfläche für lustige Rezensionen, aber in der Sache sind sie irgendwie überflüssig.

Genau diese Problematik hat Felix ja auch zur Conclusio seiner Rezension gemacht hat. Schöner Text und toll gewählte (weil so aufgeladene) Überschrift.

John Bello

2019-10-03 10:34:50

Patty, als dein Lektor ist es ja meine Aufgabe, deine Sätze zu korrigieren, falls nötig. Daher bitte nicht böse sein:
Es muss heissen: "..weil ich mich dort so euphorisch ZUM neuen Hval-Album geäussert habe"

Watchful_Eye

2019-10-03 07:44:37

Marcus bietet natürlich eine Projektionsfläche für lustige Rezensionen, aber in der Sache sind sie irgendwie überflüssig. Nicht nur, weil er imo ohnehin schwer erträglich ist, sondern auch, weil jeder sowieso seinen Sound kennt. Das ist mehr so "die einen lieben es, die anderen hassen es".. und wenn man nicht zu ersteren zählt, wird man vermutlich auch keine nennenswerten qualitativen Unterschiede zwischen den Alben ausmachen können.

peppermint patty

2019-10-03 07:37:02

Doch, einen Hahn kenne ich, der hier nach einer Besprechung gekräht hat: es war Nörtz, der Gockel! Nachzulesen im " Wann kommt das nächste Update?" - Thread. Schätze mal, er wollte mich damals scherzhaft ein bisschen hochnehmen, weil ich mich dort so euphorisch über das neue Hval-Album geäussert habe. :)

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