Efterklang - Altid sammen

4AD / Beggars / Indigo
VÖ: 20.09.2019
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Delikatessen

Nein, Efterklang sind nicht mehr dieselbe Band wie früher. Ein Abriss: Schon auf ihren ersten Alben reduzierten die drei Dänen ihren orchestral-pompösen Art-Pop immer weiter, bis sie schließlich in der rätselhaften Verzärtelung von "Piramida" ankamen. Dann folgte 2014 der Bruch, ein letztes Konzert zelebrierte das vorläufige Ende konventioneller Efterklang-Platten, was ihren Kreativgeist aber nur noch weiter beflügelte. Gemeinsam mit dem Komponisten Karstean Fundal erschufen sie den kontrovers aufgenommenen Opern-Versuch "Leaves – The colour of falling", gründeten ein Electro-Projekt namens Liima und kooperiertem mit dem belgischen B.O.X-Ensemble für eine Verbindung barocker mit moderner Musik. Künstlerischer Stillstand lässt sich der Band wahrlich nicht vorwerfen – das Erscheinen des fünften regulären Efterklang-Albums war ebenso abzusehen wie der Umstand, dass dieses es dem Hörer nicht allzu leicht machen würde. "Altid sammen" fußt auf jener Zusammenarbeit mit B.O.X., geht in Sachen Minimalismus sogar noch weiter als "Piramida" und Sänger Casper Clausen textet zum ersten Mal vollständig in seiner Muttersprache. Was beim Lesen sperrig klingen mag, entfaltet jedoch vom ersten Ton an eine zugängliche, entrückte Schönheit.

Um sich diese vollends zu erschließen, braucht es allerdings Geduld. Weite Teile von "Altid sammen" kommen ohne Schlagzeug aus und bewegen sich nah am Ambient. Die Arrangements sind üppig, aber subtil, auf die krachigen Ausbrüche der ästhetisch vergleichbaren Sigur Rós wartet man stets vergeblich. Efterklang müssen aber auch gar nicht die Gitarren-Sägen anschmeißen, um das ein oder andere Luftloch in ihr dichtes Klang-Gestrüpp zu schneiden. Die eröffnende Ballade "Vi er uendelig" deutet im Refrain gar eine Hymne an und erinnert in ihrer Melodieführung an die frühen Coldplay, als man sich Chris Martin noch ohne Assoziationen von Feuerwerk und bunten LED-Bändchen alleine am Piano vorstellen konnte. "Supertanker" schleppt im Folgenden einen schweren Slowcore-Rhythmus hinein und übt sich im dunklen Indie-Emo-Pop, bis der Song in eine völlig andere Richtung kippt – ein Intermezzo aus drängelnder Elektronik und Bläsern schlägt die Brücke zu einem ungewöhnlich ausladenden Finale. Richard Reed Parry, Sufjan Stevens oder Bon Iver kommen dem bewandten Ohr als Referenzen in den Sinn, aber sie alle umfassen nicht ganz das eigene, aber sehr delikate Süppchen, das Efterklang hier kochen.

Dem lässt sich höchstens vorwerfen, dass es immer recht ähnlich schmeckt, aber Gleichförmigkeit ist bei einem so auf stimmigen Wohlklang ausgelegten Album ja nicht zwingend problematisch. Clausen, Mads Brauer und Rasmus Stolberg gehen auch bei weitem nicht ambitionslos zu Werke. Mit Synth-Arpeggios und sprödem Disco-Glanz würdigt etwa "I dine øyne" das skandinavische Electropop-Vermächtnis, ohne die Intimität und Wärme der restlichen Platte zu missen. Auch die beiden Sieben-Minüter funktionieren: Die Klimax von "Under broen der ligger du" mündet in eine verspielte zweite Hälfte mit vertrackter Rhythmik und markanter Trompete, die sich letztlich im choralen Äther auflöst. "Hold mine hænder" ergeht sich fast fünf Minuten lang in ergreifender instrumentaler Harmonie, bis Clausen und Chor den Deckel auf den besten Efterklang-Closer bisher setzen. "Altid sammen" heißt übersetzt "immer zusammen" und zelebriert tatsächlich das ultimative Beieinander: von organischen und elektronischen, zeitgenössischen und anachronistischen Klangwelten ebenso wie von drei Dänen, die vielleicht nie näher bei sich und ihrer Musik waren. Nein, Efterklang sind nicht mehr dieselbe Band wie früher. Müssen sie aber auch gar nicht sein.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Vi er uendelig
  • I dine øyne
  • Hold mine hænder

Tracklist

  1. Vi er uendelig
  2. Supertanker
  3. Uden ansigt
  4. I dine øyne
  5. Hænder der åbner sig
  6. Verden forsvinder
  7. Under broen der ligger du
  8. Havet løfter sig
  9. Hold mine hænder
Gesamtspielzeit: 43:30 min

Im Forum kommentieren

vincent92

2019-11-29 16:19:47

Stimmt. Ihre letzten Sachen von Liima waren hingegen top.

Voyage 34

2019-11-29 13:42:19

Mich konnte es auch nicht länger packen, ist irgendwie schnell in der Versenkung verschwunden. Für mich eindeutig das schwächste Album der Band, ich kann da ncihts finden was mich wirklich fesselt, trotz netten Momenten und der mutigen Idee auf Dänisch zu veröffentlichen. An der SPrache liegt es eher nicht, sondern daran, dass musikalisch nicht viel spannendes passiert.

AndreasM

2019-11-29 10:37:44

Mein Urteil ist nicht ganz so hart, auch weil ich den Klang der dänischen Sprache mag, aber insgesamt kann ich schon zustimmen. Es passiert wirklich sehr wenig und gleichzeitig ist das Album gerade im Mittelteil dann auch nicht so elegant/raffiniert in dieser Reduktion, dass es einen dauerhaft festhält. Schöne Momente gibt es aber in jedem Falle wieder, insbesondere der Album-Closer ist da aus meiner Sicht hervorzuheben .

Pivo

2019-11-29 10:26:50

Nach einigem Hören bin ich inzwischen leider doch ziemlich enttäuscht von dem neuen Album von Efterklang.
Piramida war einfach eine Klasse für sich und daran müssen sich die Dänen einfach messen lassen.
Ich finde Altid Sammen unterm Strich einfach nur sehr langweilig und selbst zum entspannen zu seicht. Klar es sind ein paar nette Moment drauf aber so richtig gepackt hat mich das Album leider in keiner Phase. Im Endeffekt war ich immer froh wenn es vorbei war und erinnere mich dann einfach lieber an die alten Alben der Bank.

AndreasM

2019-10-04 09:44:59

Das ganze Konzert aus der Elbphilharmonie von vor 2 Wochen gibt es inzwischen übrigens hier:

https://www.youtube.com/watch?v=BpkkaiwRvVY

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