Mine - Klebstoff

Caroline / Universal
VÖ: 12.04.2019
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Unbilliger Pop

Ein Brief ans Zukunfts-Ich: Spätestens seit dem How-I-Met-Your-Mother-Hype der Nuller ist diese Idee wirklich jedem bekannt, der seine philosophischen Impulse am liebsten aus einer Vorabendserie auf ProSieben zieht. Aber es ist eigentlich fast zu böse, hier gleich so motzig einzusteigen, denn niemand erwartet ja von Mine, dass sie das Altern reflektiert wie ein Jean Améry. Nein, Jasmin Stocker soll Pop-Musik machen und die beginnt eben am besten da, wo sie anzunehmenderweise einem beträchtlichen Teil der Hörerschaft gefallen wird. Und so leitet "Klebstoff" eben mit einem Skit ein, der Mines Selbst im Futur adressiert. Vielleicht kann man es an dieser Stelle schon erahnen: Das dritte Studioalbum ein gutes Stück poppiger geworden als seine beiden Vorgänger "Mine" und "Das Ziel ist im Weg".

Schon auf "Alle Liebe nachträglich", dem Kollabo-Album mit Fatoni, zeigte sich die Sängerin eingängigeren Melodien gegenüber aufgeschlossener als in ihrem Frühwerk. Zwar sind die Arrangements auf "Klebstoff" weiterhin kleinteilig, aber sie verlieren sich seltener im Ätherischen. Die zweite Auskopplung "90 Grad" ist dafür ein guter Beleg: Mit einem Ukulele-Sample und Singalong im Refrain eignet sich der Song als verträumter Soundtrack zum im Gras Liegen, der aber auch dann noch weiter laufen darf, wenn die Kollegen den Grill anschmeißen. Auch "Einfach so" hat einen melodiösen Groove, der als Happy-Hymne taugt. Feature-Partnerin Giulia Becker zerfickt da gesanglich alles. Fraglich nur, warum der Hinweis auf ihr Übergewicht in vielen ihrer Texte immer derart präsent sein muss, so auch hier. Es kann doch nicht wahr sein, dass der oder die Dicke sich immer über sich selbst lustig machen muss, um andere auf ihre schmalspurige Perzeption von Schönheit aufmerksam zu machen. Aber das ist eigentlich eine andere Diskussion, von welcher abgesehen Becker für den Song eine absolute Bereicherung ist.

Aber auch die anderen Gäste auf "Klebstoff" müssen sich nicht verstecken: Haller, Bartek und Dissy transformieren das geigenunterfütterte "Schwer bekömmlich" in ein veritables HipHop-Teil, die Reminiszenz an Mac Miller macht sogar ein bisschen Gänsehaut. "Guter Gegner", das ebenso Violinen integriert und von Grossstadtgeflüster unterstützt wird, macht noch ein Stückchen mehr Bock, vor allem wegen der wahnsinnig ohrwurmigen Hook. Einzig das AB-Syndrom-Feature "Spiegelbild" greift ein wenig daneben: "Mirrorkillermirrorkillermirrorkiller", heißt es da zwischen Orgel und Flöte, triefend vor Autotune. Irgendwie muss man an Culcha Candela denken. Uargh. Trotzdem passt es in den Club, so wie auch das dancige "SW", das eine hübsche Funk-Szenerie auffächert und in einem Mia.-esken Diskostampfer à la "Zirkus" mündet. Der Titeltrack und "Vater" hingegen bilden ein melancholisches Doppel. Ersteres agiert zurückgenommen zwischen Breakbeat und Hammond, wobei auch hier wieder der Chorus ganz fies im Gehörgang hängen bleibt. Zweiteres klingt im positiven Sinne nach Coldplay, die Keys genauso wie die Gitarre und die einfallenden Streicher.

Mit Ausnahme dieses sehr persönlichen Titels, so muss man das leider attestieren, bewegt sich "Klebstoff" lyrisch allerdings weitestgehend im Tal der gemeinen Belanglosigkeiten. Oder besser, wie schon gesagt: ProSieben-Vorabendserien-Style. Ist halt einfach die tausendste Wiederholung. Aber trotzdem wird's ja irgendwie nicht langweilig, deswegen soll dieser Kritikpunkt jetzt gar nicht weiter aufgeblasen werden. "Klebstoff" profiliert sich auf ganz andere Weise als mit hochphilosophischer Finesse. Es ist durch und durch ein Pop-Album, weil es gefällig ist bis zum Anschlag. Dabei merkt man dennoch jedem einzelnen Song an, was für eine großartige Produzentin Mine ist, weil der Sound trotz des poppigen Trägermediums fast nie in Billigkeiten verfällt. Notiz ans Zukunfts-Ich: Bei Discogs gucken, ob die Mine-Platten mittlerweile nicht einiges wert sind.

(Pascal Bremmer)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Einfach so (feat. Giulia Becker)
  • Guter Gegner (feat. Grossstadtgeflüster)

Tracklist

  1. Zukunfts-Ich (Skit)
  2. 90 Grad
  3. Spiegelbild (feat. AB Syndrom)
  4. Klebstoff
  5. Vater
  6. Einfach so (feat. Giulia Becker)
  7. Nichts
  8. Du kommst nicht vorbei
  9. SW
  10. Guter Gegner (feat. Grossstadtgeflüster)
  11. Schwer bekömmlich (feat. Haller, Bartek & Dissy)
Gesamtspielzeit: 34:34 min

Im Forum kommentieren

Pascal

2019-04-13 13:13:44

Warum?

Damon Albern

2019-04-13 11:12:34

Dämliche Rezi

Mörer

2019-04-12 12:37:20

stark zusammengefasst...trotzdem ne geile platte ;)

Armin

2019-04-11 12:14:54- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

2019-01-25 18:46:00- Newsbeitrag

NEUES MINE-ALBUM "KLEBSTOFF" AM 12.04.

NEUE SINGLE "KLEBSTOFF" AB HEUTE


Mesdames et Messieurs, heute melden wir uns mit besonders guten News: Mine ist zurück!

Die Berliner Künstlerin veröffentlicht heute „Klebstoff“, ihre erste Single bei Caroline International und kündigt zugleich ihr ebenfalls „Klebstoff“ betiteltes neues Album für den 12.04. an. Wir sind superglücklich über Mines Entscheidung, mit uns zusammenzuarbeiten und haben auch gleich ein paar erste Details für euch!

Erinnern wir uns: Mine hat in den vergangenen Jahren mit zwei Studioalben, zahllosen Kooperationen, einer gemeinsamen Platte mit Fatoni und nicht zuletzt aufsehenerregenden Crowdfunding-Kampagnen von sich Reden gemacht, durch die sie etwa ein Orchesterkonzert mit Gästen wie Friedrich Liechtenstein, Grossstadtgeflüster, Tristan Brusch oder dem Kneipenchor im ausverkauften Berliner Huxley’s auf die Beine gestellt hat. Dass sie dabei sämtliche Partituren auf eigene Faust erarbeitet hat, ist für Mine so selbstverständlich wie die Tatsache, dass sie von je her ihre Musik selbst schreibt, einspielt und mittlerweile auch produziert.

So viel Tatendrang und gefeierter musikalischer Output wurde 2016 folgerichtig direkt mit dem ersten Preis für Popkultur als „Lieblingskünstlerin“ belohnt.










Heute veröffentlicht Mine mit „Klebstoff“ ihre erste Single bei Caroline International. Der Song ist ab sofort überall digital verfügbar!

Am 12.04. erscheint das – ebenfalls „Klebstoff“ betitelte – neue Album bei uns.

Hört man das Album zum ersten Mal, dann könnte man meinen, dass es poppiger, vielleicht auch zugänglicher geworden ist als die beiden Vorgänger. Trotzdem gelingt es Mine erneut bravourös, sich vom Grundrauschen „Deutsche Popmusik“ abzusetzen. Wie sie etwa auf „90 Grad“ mit Pauken und Trompeten im Rücken neue Perspektiven einnimmt und Dialoge mit ihrem Zukunfts-Ich führt, ist imposante Introspektive und Hit zugleich. Ähnlich der Song „Spiegelbild“ mit dem Berliner Künstlerkollektiv AB Syndrom, für welchen sich das Trio – angetrieben von Percussions, Flöten und Streichern – einen Reim auf die Rastlosigkeit der Reflektion macht, während „Einfach so“ mit Giulia Becker (Neo Magazin Royale) wunderschönes Selbstverständnis in Songform ist.

Das Album trägt den Titel „Klebstoff“ nicht ohne Grund. Für Mine ist das Wort ein phonetisches Meisterwerk: „Ich bin ja ein großer Fan der deutschen Sprache und mag gerne, dass sie so kryptisch in den Betonungen ist. ‚Klebstoff‘ klingt hart, aber gleichzeitig trotzdem weich und passt genau zu seiner Bedeutung. Ich finde das Bild interessant, dass jeder von uns mit Klebstoff umhüllt durch das Leben geht und alle Dinge, mit denen man in Kontakt kommt – positiv oder negativ – bleiben an einem kleben. Auch, wenn man das gar nicht will. Auch, wenn man schon längst woanders ist.“



Kurz nach der Veröffentlichung von Klebstoff am 12.04. geht Mine auf Tour:

Do.02.05.2019 Köln – c/o Pop
Fr.03.05.2019 Mannheim – Alte Feuerwache
Sa.04.05.2019 Wiesbaden - Schlachthof
So.05.05.2019 Hannover - Musikzentrum
Di.07.05.2019 Konstanz – Kulturladen
Mi.08.05.2019 Stuttgart – Club Cann
Do.09.05.2019 Leipzig – Conne Leipzig
Fr.10.05.2019 Berlin – Columbia Theater
Sa.11.05.2019 Hamburg – Mojo
Mi.15.05.2019 Wien – Porgy Bess
Do.16.05.2019 Nürnberg – Hirsch
Fr.17.05.2019 München – Ampere
Sa.18.05.2019 Zürich – Dynamo



Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv