Neil Young - Songs for Judy

Shakey Pictures / Reprise / Warner
VÖ: 30.11.2018
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Alle Mann ans Kassettendeck

Wir schreiben das Jahr 1976. Neil Young, gerade 30 Lenze jung und doch schon einer der Großen im Musikbusiness – sein viertes Solowerk "Harvest" war vier Jahre zuvor das bestverkaufte Album in den Vereinigten Staaten – befindet sich mit Crazy Horse auf Tour und teilt seine Konzerte Abend für Abend auf: Eine Hälfte bestreitet er alleine, nur mit seiner Gitarre bewaffnet, für die andere Hälfte der Show holt er seine Band auf die Bühne und macht ordentlich Lärm. Ebenfalls mit an Bord sind der damals noch als Musikjournalist arbeitende Cameron Crowe, später als Regisseur verantwortlich für Filme wie "Singles" oder "Almost famous", und der Konzertfotograf Joel Bernstein. Letzterer ist ein so großer Fan Youngs und derart angetan von dessen Akustik-Performances, dass er sie für private Zwecke auf Kassette aufnimmt.

Über die Jahre verbreiteten sich diese sogenannten "Joel Bernstein tapes" als Bootlegs unter Youngs Fangemeinschaft. Im Zuge seiner eigenen Archivpflege veröffentlicht der mittlerweile 73-jährige Kanadier die Aufnahmen nun selbst auf der Compilation "Songs for Judy". Der Titel bezieht sich auf eine Geschichte, die der vermeintlich bekiffte Young im gleichnamigen Opener erzählt: Da habe er die – einige Jahre zuvor verstorbene – Unterhaltungsikone Judy Garland an jenem Abend im Publikum gesehen, in einem roten Kleid und mit rotem Lippenstift, und sie habe ihn gefragt, wie die Geschäfte liefen. Es ist die womöglich perfekte kleine Anekdote für die darauffolgende Sammlung. 23 Songs, darunter Klassiker wie "Heart of gold" oder auch "The needle and the damage done", aber auch das bisher zumindest offiziell unveröffentlichte "No one seems to know".

Wie schon auf dem 2017 erschienenen "Hitchhiker", ebenfalls bestehend aus Aufnahmen von 1976, ist hier nichts wirklich neu, und auch die Arrangements hat man in Neil Youngs beeindruckend langer Karriere sicherlich schon oft gehört – aber eben nie zu Genüge. Es liegt ein gewisser Charme darin, wie der damals noch so junge Mann fast immer für sich selbst zu spielen scheint, obwohl die Konzertbesucher deutlich zu hören sind. Das Schaffen einer intimen Atmosphäre steht im Vordergrund, der Rest ist quasi zweitrangig, und so stört das Publikum auch an keiner Stelle den jeweiligen Songfluss. Umso bemerkenswerter ist die Detailliebe, mit der Bernstein die einzelnen Stücke Abend für Abend aufgenommen und stets die für ihn passende Version ausgesucht und verwendet hat. Glasklar ist der Klang, ohne künstlich zu wirken, heimelig hört sich das an und doch nicht kitschig. Ein Besuch bei einem alten Freund, der damals wie heute ein Händchen dafür hatte, seine Gäste genau dort abzuholen, wo er benötigt wird. Oder mehr noch: Wo sie sein möchten, ohne es zu wissen.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • White line
  • After the gold rush
  • Give me strength
  • Harvest
  • The needle and the damage done
  • Sugar mountain

Tracklist

  1. Songs for Judy (Intro)
  2. Too far gone
  3. No one seems to know
  4. Heart of gold
  5. White line
  6. Love is a rose
  7. After the gold rush
  8. Human highway
  9. Tell me why
  10. Mr. Soul
  11. Mellow my mind
  12. Give me strength
  13. A man needs a maid
  14. Roll another number
  15. Journey through the past
  16. Harvest
  17. Campaigner
  18. Old laughing lady
  19. The losing end
  20. Here we are in the years
  21. The needle and the damage done
  22. Pocahontas
  23. Sugar mountain
Gesamtspielzeit: 79:38 min

Im Forum kommentieren

Tja,

2018-12-21 07:51:00

wenn er 1946 geboren wäre, wäre er heute nicht, wie Du richtig schreibst, 73. Wie auch immer, Du hast es glücklicherweise verbessert, und jetzt ist es ein Text mit Herz UND Verstand.

Jennifer

2018-12-21 01:34:29

Würde nicht sagen, dass ich mich lustig gemacht habe. Sondern ehrlich ans falsche Geburtsjahr gedacht und auch auf Deinen nach wie vor ziemlich herablassenden Tonfall entsprechend reagiert.

Wie gesagt: besten Dank für den Hinweis.

Kont.rolle ist besser als Vertrauen

2018-12-21 01:03:02

Sich erstmal über Leute lustig machen, die einen auf seine Fehler hinweisen...aber gut, hast du ja mittlerweile editiert. Warum nicht gleich so?

P.S. Wusste gar nicht, dass man als Blau-Nick seine Beiträge selbst editieren kann.

Jennifer

2018-12-20 22:46:21

das Album ist bestimmt gut, hab ehrlich gesagt bisher nur reingehört, die Kritik kann ich nach dem ersten Satz nur schwer durchlesen. NY ist 1945 geboren und war demnach schon 1975 30 Lenze alt. Hm. Wo ist die SPIEGEL-Faktencheck-Redaktion, wenn man sie braucht...

Mein Fehler, besten Dank für den Hinweis. War mir ziemlich sicher, dass ich 1946 gelesen hatte und er während der Tour 30 Jahre alt wurde, weshalb ich mich für das jüngere Alter entschied. Ist jetzt angepasst.

Frau Depner schreibt auch immer mehr mit Herz als Verstand.

Immerhin. So mancher nutzt beim Kommentieren weder das eine noch das andere.

wundert nicht

2018-12-20 21:56:28

Frau Depner schreibt auch immer mehr mit Herz als Verstand.

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