
Imagine Dragons - Origins
Interscope / UniversalVÖ: 09.11.2018
Schaf im Wolfspelz
Wer in der Lage ist, einen halbwegs differenzierten Blick auf Musik zu werfen, der weiß natürlich schon längst, dass bei einer Band wie Imagine Dragons die äußere Fassade opulenter wirkt als die tatsächlich darin verborgene Substanz. Auf "Origins" muss diese Oberfläche nun aber auch für jeden bröckeln, der das bisher noch nicht erkannt hatte. Auf seiner neuesten Platte fährt das Quintett die gewaltige Produktion seiner Vorgänger nämlich allmählich zurück und konzentriert sich auf weicher schunkelnde Popsongs, die ohne ihre klanglichen Blendereien gnadenlos ihre fehlende Originalität offenbaren. Dabei versucht Frontmann Dan Reynolds anfangs noch, ein Desaster mit altbekannten Mitteln abzuwenden. Im von flächigen Synthies getragenen "Boomerang" betont er so jede Hookline dramatisch überspitzt, obwohl die Musik das gar nicht erfordern würde. Am besten fahren Imagine Dragons daher mit einem Track wie "Cool out", der einfach nur ein guter Popsong sein möchte und tatsächlich zu den wenigen Highlights von "Origins" gehört. Kleine Akzente kann auch "Love" setzen, das mit dezenter Gospel-Einlage zumindest für ein kurzes Aufhorchen sorgt.
Der Rest von "Origins" ist derartig egal, dass man eigentlich auch schulterzuckend darüber hinwegsehen könnte. In einem kurzen Moment besonnener Gutmütigkeit könnte man Imagine Dragons sogar zugestehen, dass die klangliche Ästhetik ihrer neuen Platte mit ihren vorsichtig eingesetzten elektronischen Beats, den leisen Folk-Einflüssen und der oft sehr drumlastigen musikalischen Untermalung tatsächlich einen gewissen Wiedererkennungswert besitzt. Sonderlich interessant wird das Album dadurch zwar nicht, aber immerhin kann sich die Band so gegenüber den vielen austauschbaren Pop-Nulpen da draußen zumindest ein gewisses Standing bewahren. Doch dann kommt plötzlich ein Song wie das fürchterliche "Zero" hereinerbrochen, und man ist als Rezensent doch wieder gewillt, einen totalen Verriss zu schreiben. Wer um alles Welt könnte bitte auf die Idee kommen, dass eine derart generisch nach Schülerband klingende Komposition gut genug für eine Major-Veröffentlichung wäre? Und wie in Gottes Namen konnte dieser Song auch noch Soundtrack eines Disney-Films werden?
Zum Glück häufen sich derartige Totalausfälle auf "Origins" nicht allzusehr, dennoch spielen Imagine Dragons manchmal gefährlich offensichtlich mit dem totalen Ausverkauf. "Only" klingt zum Beispiel nach einer Club-Hymne, die sich bewusst so zurücknimmt, dass sie weiterhin kompatibel für den TV-Spot einer Telefongesellschaft wäre. "Birds" bringt in seinem Refrain genug melancholische "Ohhhs" unter, um als perfekte Untermalung für einen Movie-Maker-Zusammenschnitt dreizehnjähriger Mädchen zu dienen, die ihrer BFF auf der Facebook-Pinnwand zum Geburtstag gratulieren wollen. Das viel zu schmalzige "Burn out" bringt es sogar fertig, ein recycletes Streichersample aus Carly Rae Japsens "Call me maybe" trist klingen zu lassen. "Origins" belegt mit diesen vielen Egalheiten sehr deutlich, was Imagine Dragons hinter der Fassade eines groß aufgetürmten "Radioactive" schon immer waren: eine zurechtgerückte Pop-Rock-Band, die sich mit ein paar weiterer solcher Fließbandproduktionen locker flockig ihren Ruhestand verdienen wird.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Cool out
- Love
Tracklist
- Natural
- Boomerang
- Machine
- Cool out
- Bad liar
- West coast
- Zero
- Bullet in a gun
- Digital
- Only
- Stuck
- Love
- Birds
- Burn out
- Real life
Im Forum kommentieren
grumps
2018-11-20 18:04:27
reine effekthascherei.
kapomuk
2018-11-19 20:26:01
Einzelne (Hit-)Songs von Imagine Dragons fand ich häufig durchaus gut geschrieben, arrangiert und produziert – das Album ist aber stinklangweilige Einheitssoße. [https://tagpacker.com/user/peterhbg?t=Imagine_Dragons:_Origins_**]
musie
2018-11-16 09:16:19
Das Album ist halt so, wie Musik von Imagine Dragons ist. Wenig sticht aus dem Einheitsbrei hervor und vieles ist an den jüngsten Coldplaywerken angelehnt...
Was die Low- und Highlights anbelangt, gehe ich mit der Rezension nicht einig: Für mich ist ZERO ein guter eingängiger Popsong mit Ohrwurmcharakter, währenddessen ich LOVE grauenhaft schmalzig finde.
hexed all
2018-11-15 23:59:01
Müllmusik für Müllmenschen
Armin
2018-11-15 21:11:34- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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