Grouper - Grid of points

Kranky / Cargo
VÖ: 27.04.2018
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Diesseits und Diesigkeit

Obwohl kurz, ist es komplett. So schreibt es Liz Harris. Etwas mehr als 21 Minuten Spielzeit. Mehr hat sie ihrem elften Album als Grouper nicht gegeben. Acht Songs für Stimme und Klavier. Ergibt: "Grid of points". Nahbarkeit und Verletzlichkeit als die großen Themen dieser kleinen Platte. Obwohl sich Harris hier weit weniger hinter ihrem Sound versteckt. Wie so oft lässt sich die US-Amerikanerin als Charakter, als Künstlerin auf diesem Album kaum greifen oder verstehen. Regisseur David Lynch sieht seine Filme wie Gemälde, in die sich Menschen verirren können. Es würde nicht verwundern, wenn Harris dieselbe Idee ihrer Musik zugrunde legt.

Denn trotz der Aufteilung lässt sich auf "Grid of points" kaum eine Struktur ausmachen, es bleibt der Zustand zwischen Leben und Tod, zwischen Schlafen und Wachen, in dem Harris ihre Songs entstehen lässt. Selbst ein sehr greifbares Stück wie "Blouse" entzieht sich so schnell der Aufmerksamkeit. Alles bleibt Andeutung, bleibt Skizze, bleibt Nebel. In diesen Räumen sollte nichts sein, doch Harris füllt sie mit ihren Worten, ihren Melodien. Kleine Texte, in ihrer Flüchtigkeit kaum zu vernehmen.

Eine der wichtigsten Fragen dabei: Ergibt sich aus diesem Ansatz bei so geringer Spielzeit ein Album, ein Gesamtkunstwerk? Oder zerfällt diese Idee in sich bereits? Harris hat in ihrem Sound genug Routine und entwickelte ihn für die Aufnahmen zu "Grid of points" weiter. Das Ende fügt sich hier dem Anfang, der Anfang fügt sich dem Ende. Alles greift ineinander. Es gibt keine lineare Erzählung, Harris besetzt punktuell die verschiedenen Räume durch ihren Sound – die Zeit muss da kein tragendes Element sein. So führt ihre kürzeste Platte direkt in die Endlosigkeit.

Wer die anderen Alben von Grouper bereits kennt, wird mit "Grid of points" genau deswegen eine Herausforderung finden. Da wäre etwa "Birthday song", der seine Melodie fast komplett manifestiert. Doch Harris schaffte es immer wieder, dass selbst dann sich jeder Ton aus dem Klavier so schnell verzieht, dass nur noch Diesigkeit zurückbleibt. Das hebt ihren bisher ausgearbeiteten Ansatz von Ambient auf ein ganz anderes Niveau.

Es gibt keinen Weg zu einer Identität oder einem Charakter an dieser Stelle. Harris will nicht, dass sie jemand findet. Darum geht es bei ihren Alben nicht und ging es nie. Nur mit ein paar Tönen schafft sie ein Unbehagen, eine Verschiebung in der Wahrnehmung. Stillstand. Das bietet sie an. Eine alles umfassende Stasis. Kein Rhythmus setzt auch nur einen Akzent, einen Punkt auf diesem Album. Der Sound von Harris nimmt alles auf, legt sich auf alles, vereinnahmt alles. Ein Ansatz, auf den sich der Hörer einlassen muss. Eine Skizze wie ein Lebenswerk, ein Lebenswerk wie eine Skizze. Komplett. Kurz. Unendlich.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The races
  • Breathing

Tracklist

  1. The races
  2. Parking lot
  3. Driving
  4. Thanksgiving song
  5. Birthday song
  6. Blouse
  7. Breathing
Gesamtspielzeit: 21:51 min

Im Forum kommentieren

Arbeiter

2018-05-06 12:40:46

Ein schönes Werk, wenn auch recht kurz für ein Album. Aber es heißt nicht zu Unrecht "In der Kürze liegt die Würze"

Armin

2018-05-03 20:58:02- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Old Nobody

2018-05-01 13:41:03

Sehr schön wie eigentlich immer, leider auch ganz schön kurz mit 21 Minuten

Felix H

2018-03-22 14:42:17- Newsbeitrag

Der Untergeher

2018-03-22 12:35:13

Neues Album erscheint am 27.4.

Der Sound von Ruins wird weiterverfolgt, wie die Vorabsingle Parking Lot zuhören lässt. Bin gespannt.

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