The Wonder Years - Sister cities

Hopeless / Soulfood
VÖ: 13.04.2018
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Rumgekommen

Bloß noch in Nebensätzen referiert der Schlaumeier darüber, welchem Verwesungsgrad der gute alte Emorock doch mittlerweile zuzuordnen sei. Quantitativ und in der Breite dankte dieser jedoch nie ab, allein in den USA und Kanada genießt das oft bloß belächelte Genre eine hohe Aufmerksamkeit. The Wonder Years etwa, in europäischen Musikhirnen eher eine Blanko-Zelle, sind keine allzu dünne Nummer mehr, schickten sich mit "No closer to Heaven" und Hymnen wie "I don't like who I was then" an, weit oben in den Billboard Top 200 zu charten. Längst kristallisiert sich eine neue, vor allem qualitativ auf sich aufmerksam machende Welle der Wiederbelebung heraus: Modern Baseball, Pianos Become The Teeth, Tiny Moving Parts, Iron Chic, The Smith Street Band, Beach Slang und Konsorten kamen mit stilistisch unterschiedlichen Interpretationen daher und wurden nicht nur von Plattentests.de gefeiert.

Nachdem The Wonder Years einst also weit vor dem Himmelstor verharren, erreichen sie nunmehr mit "Sister cities" das "Heaven's gate (Sad & sober)". Zu berichten von dort gibt's eine gewisse Fokussierung, eine Professionalisierung im Songwriting: Das Hauptaugenmerk liegt nach wie vor auf Emotionen und Melodie, doch fühlt sich die Truppe auf ihrem sechsten Album im Vergleich zu frühereren Taten verstärkt im Midtempo wohl und kreist im eigentlich hittigen "Heaven's gate (Sad & sober)" stetig in vorhersehbaren Bahnen: So weiß der Hörer nach zwei Durchgängen genau, wann der nächste Refrain von "The ghost of right now" einsetzen wird. Das ist im Grunde nicht verkehrt, ersetzt aber nicht den wohligen Schauer, den diese Band grundsätzlich zu spendieren in der Lage ist.

"It must get lonely" kommt zunächst fast schmalzig daher, doch gelingt hier der Wechsel aus einfühlsamer, schüchterner Strophe und dem leicht nach vorn preschenden Pop-Punk-Refrain einfach gut. Selbiger wird dann von leicht geschichteten Gitarrenriffs getragen und mündet anschließend in eine feine Bridge und das feuerwerkreife Finale. Apropos Knaller: Leider verpulvern The Wonder Years ihr Potenzial hauptsächlich in der ersten Albumhälfte. Der Titelsong ist ein stringenter Powerpop-Track, den Jimmy Eat World in ihren besten Tagen wohl auch nicht verschmäht hätten, während sich der Opener diesen leicht epischen Charakter bewahrt, dieses sich steigernde, großartige Momentum, die tiefen Gitarren und die kleinen Ausbrüche, die so sehr daran erinnern, warum man Funeral For A Friend immer so mochte. Mögen darf man "Sister cities" natürlich auch, vor allem das schöne Artwork, denn zu den unterschiedlichsten Schauplätzen der neuen Songs kann der Hörer jeweils passendes Fotomaterial bestaunen.

Doch wer wie The Wonder Years mehr und mehr im Stile einer großen Rockband denkt, dem dürfen natürlich zwei Aspekte nicht fehlen: die Ballade(n) und die Hitsingle. Auf der ruhigeren Seite dieses ohnehin nicht sonderlich punkrockenden "Sister cities" stehen das eher lahme "When the blue finally came" und "Flowers where your face should be", ein verzweifelter, aber immerhin schöner Trauerkloß von Song. Und auch die erste Minute des Hits "Pyramids of salt", der sich dann aber umgehend in ein unwiderstehlich hymnisches Midtempo-Biest verwandelt, dem man mit (Gänse-)Haut und (Wuschel-)Haaren verfällt. Ähnlich austarierte Emotionen kann auch der epische Emo-Schmachtfetzen "The ocean grew hands to hold me" zum Schluss entfachen. Leider gilt dieses uneingeschränkte Lob nicht für "Sister cities" in seiner Gesamtheit. Sagt zumindest ein Schlaumeyer.

(Eric Meyer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Raining in Kyoto
  • Pyramids of salt
  • It must get lonely
  • Sister cities

Tracklist

  1. Raining in Kyoto
  2. Pyramids of salt
  3. It must get lonely
  4. Sister cities
  5. Flowers where your face should be
  6. Heaven's gate (Sad & sober)
  7. We look like lightning
  8. The ghosts of right now
  9. When the blue finally came
  10. The orange grove
  11. The ocean grew hands to hold me
Gesamtspielzeit: 42:12 min

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hubschrauberpilot

2018-04-30 17:18:29

So ein Blödsinn, so schlimm sind sie nun auch wieder nicht.

MasterOfDisaster69

2018-04-30 17:04:06

In den Referenzen fehlt Nickelback !

hubschrauberpilot

2018-04-27 14:53:42

Ja.

Doch wer wie The Wonder Years mehr und mehr im Stile einer großen Rockband denkt, dem dürfen natürlich zwei Aspekte nicht fehlen: die Ballade(n) und die Hitsingle.

Eine Ballade fehlt nicht wirklich, es ist alles seicht genug. Aber eine Hitsingle fehlt wirklich, sogar im Vergleich zum wirklich nicht sehr starkem Vorgänger.

Armin

2018-04-27 13:45:42- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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