Broken Records - What we might know

J Sharp
VÖ: 30.03.2018
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Nie mehr allein

Die fetten Jahre sind vorbei für Broken Records. Wohlgemerkt nicht in Bezug auf ihre Alben, sondern lediglich, was renommierte Plattenfirmen angeht: Das Engagement der Schotten beim Nobel-Indie 4AD war 2010 nach "Let me come home" schon wieder beendet, sodass "Weights & pulleys" vier Jahre später auf eigenem Label erschien. Für Sänger Jamie Sutherland kein Problem, gab er doch einmal zu Protokoll, seine Band sei ohnehin nie ernsthaft davon ausgegangen, eines Tages von ihren Songs leben zu können. Was aber wiederum nicht das Schlechteste wäre, denn seit dem dritten Longplayer stand bei den Mitgliedern insgesamt acht Mal Nachwuchs ins Haus und die musikalische Gebärfreudigkeit hintenan. Doch auch in dieser Zeit brodelten im Inneren von Sutherland und Kollegen genug frenetischer Indie-Pop und feinsinnige Melancholie – auch wenn sie den von Kollegin Mautz anlässlich des Debüts "Until the Earth begins to part" imaginierten Orchestergraben inzwischen weitgehend gegen die Tanzfläche eingetauscht haben.

Und wer wollte Broken Records das verdenken, wenn "What we might know" im Gegensatz zum wankelmütigen Titel mit einem entschiedenen, verschwenderischen Paukenschlag eröffnet? Da spielt es kaum eine Rolle, ob "They won't ever leave us alone" nun eine Hymne aufs Nie-mehr-allein-Sein mit der Kinderschar oder ein Loblied auf die Gefühle frischer Verliebtheit singt – Hauptsache, Sutherland lässt der Vehemenz seiner Stimme freien Lauf, während die Drums schmatzend im Uptempo zupacken, das dick aufgetragene Piano die Pathos-Trumpfkarte zieht und eine Bläser-Armada den Song zum Schluss glitzernd am Firmament explodieren lässt. Fast genauso euphorisch jubiliert das symphonische "Let the right one in", stets im festen Glauben, dass die oder der Richtige bereits vor der Tür steht – idealerweise mit diesem Album zum freudigen gemeinsamen Hyperventilieren unterm Arm. Und nach der aus allen Ritzen orgelnden Hetzjagd "The inbetween" schnappen alle erschöpft nach Luft.

Aber natürlich sind Broken Records auch clever genug, die Veranstaltung aufs Allernötigste herunterzukochen, ehe Liebhaber nasenhaariger Vernuscheltheit Marke Frightened Rabbit oder My Latest Novel aufbegehren können. Diese sollten nämlich spätestens bei der wunderbaren Folk-Miniatur "Anytime" verstummen, zu der man einen ähnlichen "Broken afternoon" durchleiden kann wie The Helio Sequence auf "Keep your eyes ahead". Ruhe im Laufstall ist danach jedoch noch lange nicht – weder im mehrstimmigen, von einem akzentuierten New-Order-Bass angetriebenen Instant-Hit "Perfect hollow love" noch bei den strahlenden Keyboards von "Clarity", das auf Arcade Fires "Everything now" vermutlich zu den besseren Stücken gezählt hätte. Und schauen in "Someday you'll remember me" Joy Division um die Ecke, verführt auch das eher zum Popowackeln als zum düsteren Brüten. Falls also gerade keine neue Liebe in Sicht sein sollte: Halb so schlimm. Mit diesem so aufputschenden wie herzensguten Album ist man immer in guter Gesellschaft.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • They won't ever leave us alone
  • Anytime
  • Perfect hollow love
  • Someday you'll remember me

Tracklist

  1. They won't ever leave us alone
  2. Let the right one in
  3. Open ground
  4. The inbetween
  5. Anytime
  6. Perfect hollow love
  7. When all of this is done
  8. To be free
  9. Clarity
  10. Someday you'll remember me
  11. What we might know
Gesamtspielzeit: 43:08 min

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so viele Refernzen....

2018-04-06 15:57:16

doch die absolut offensichtlichste, auffälligste fehlt: wo ist der BOSS?

Armin

2018-04-05 21:10:10- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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