The Fratellis - In your own sweet time
Cooking Vinyl / SonyVÖ: 16.03.2018
Fast food
Eingängig oder komplex? Angesichts höchst subjektiver Antennen ist diese Unterscheidung, wenn es um Musik geht, nur schwer objektiv darstellbar. Popmusik hüllt im weitesten Sinne so viele unterschiedliche Spielarten in den großzügigen Genre-Mantel, darf gerne auch mal spielfreudiger, verkopfter und für viele Hörer dennoch ansprechend und unterhaltsam sein. Im Kern jedoch möchte Popmusik unterhalten, und dies funktioniert im oberflächlichen Sinne nun einmal am besten, wenn die Komposition offensichtlich, der Refrain ohrwurmtauglich und der Hit-Faktor hoch ist. Paradebeispiele gibt es unzählige, mittleren und jüngeren Semestern kommen da natürlich auch "Henrietta", "Chelsea dagger" oder "Flathead" von The Fratellis in den Sinn. Nicht, weil diese Songs eine besonders nachhaltige Güte hätten, aber sehr wohl, weil sie auch zwölf Jahre nach "Costello music" besonders penetrante Exemplare jener Kategorie sind. Was nützt der zugegebenermaßen sonnendurchflutete und partytaugliche Schweif dieser Hits, wenn man als Band weiterhin Musik machen will? Nicht immer Gutes, wie die Schotten in der Vergangenheit erfahren mussten.
Klont man sein Rezept, bis der Songbaustein-Mixer nur noch fades Britrock-Brät ausspuckt? Oder macht man sich frei von alledem, was war? Ein schwieriges Unterfangen, auch auf dem fünften Album "In your own sweet time", für das Frontmann Jon Fratelli allerdings einen anderen Weg des Songwritings wählte und zu Protokoll gab, am Anfang fast jedes Stücks habe das Herumfummeln mit Software gestanden. Zugegeben: Zumindest dem Hit "Starcrossed losers", an zweiter Stelle des Albums positioniert, hört man die Grundzutat aus Einsen und Nullen kaum an. Auch das fluffige "Sugartown" schwelgt in den Sechzigern und ist im Grunde ein wirklich gelungener, leicht melancholischer Pop-Song. An der Catchiness liegt es weiß Gott auch nicht, The Fratellis können ja gar nicht anders. Bloß – und da sind wir beim Hauptproblem vieler Stücke – wird der talentierte Jon Fratelli einsehen müssen, dass schon in ein paar Jahren über diese Songs kaum mehr jemand reden wird. Dabei bemüht sich das Trio um Abwechslung: "The next time we wed" schwingt zwischen 70s-Funk und Disco hin und her, liegt in der Nährwert-Tabelle aber doch eher auf der Stufe eines Whoppers mit Käse: kurzzeitig ganz geil, nach einer Stunde hat man aber wieder Hunger – auf etwas anderes.
Interessant tönt immerhin das leicht psychedelische "Told you so", das es sich zwischen Razorlight und neueren MGMT bequem macht. A propos Razorlight: Einen dicken Zug von deren elegant-sympathischem Vibe atmet "Stand up tragedy" ein, und das reicht auch leider schon, um hier als bester Song zu punkten. "Advaita shuffle" taumelt mit Psychedelia- und Blues-Zoten in der Zeitmaschine direkt in die Siebziger und macht dort eine ganz passable Figur. Zumindest für einen Abend. Man möchte ja nicht immer zurückschauen, bleibt aber auch dann etwas verstört zurück, wenn das eigentlich sehr feine, sich steigernde "I've been blind" zum Finale im Glam-Museum bei Meat Loaf vorbeischaut, statt den Rock'n'Roll-Besen zu schwingen. Da kann sich der Tanzflächen-Anwärter "Indestructible" mit seinem knackigen Hüftschwung noch so sehr nach den Schönheiten der Nacht ausstrecken: Von der dreckigen Pub-Punk-Attitüde und den knarrenden, trockenen Gitarren, die einst so viele schwitzen und feiern ließen und die schottischem Bierdurst nicht gewachsen waren, ist so gut wie nichts mehr übrig. Von The Fratellis über weite Strecken auch nicht.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Stand up tragedy
- I've been blind
Tracklist
- Stand up tragedy
- Starcrossed losers
- Sugartown
- Told you so
- The next time we wed
- I've been blind
- Laughing gas
- Advaita shuffle
- I guess ... I suppose
- Indestructible
- I am that
Im Forum kommentieren
Jaggy Snake
2020-07-11 08:23:25
Stimmt, das ist schon ziemlich gut. Man stelle sich nur mal einen Tom DeLonge in so einer Situation vor... :D
StopMakingSense
2020-07-10 22:51:02
Sträflich unterschätzter Singer wie auch Songwriter, der Jon:
https://www.youtube.com/watch?v=lPy2lF2ljiM
Mikro, J-45, Stimme, alles direkt abgenommen. Da käme bei den meisten anderen heutzutage nur Murks raus.
Armin
2018-03-08 22:05:03- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
Meinungen?
Armin
2017-11-06 20:01:35- Newsbeitrag
NEUES ALBUM
THE FRATELLIS
‘IN YOUR OWN SWEET TIME’
VÖ: 09. März 2017
Cooking Vinyl / Sony
The Fratellis sind zurück. Nach vier Alben und hunderten Konzerten auf der
ganzen Welt, veröffentlicht das schottische Trio mit "In Your Own Sweet
Time" am 09. März ihr fünftes Studioalbum auf Cooking Vinyl.
Was haben wir zu den Hits von Costello Music getanzt. Ihr wisst schon, döp
dö dö döp dö dö döp... Doch auch die verspieltesten Lausbuben werden älter
und so präsentieren sich The Fratellis auf "In Your Own Sweet Time"
vielseitiger und gereifter denn je, ohne dabei an Sound oder ihrem schwarzen
Humor einzubüßen. Auf ihrem neuen Album vereinen sie die Stärken des
amerikanischen Pops der 70er Jahre mit der Virtuosität und Spielfreude des
Britrocks.
Bei der Wahl des Produzenten vertrauten The Fratellis erneut dem sechsfach
Grammy und Mercury nominierten Tony Hoffer, der bereits mit Bands wir Beck,
The Kooks, M83 oder Belle & Sebastian gearbeitet hat.
Als ersten Appetizer des neuen Albums servieren die Schotten
„The Next Time We Wed“.
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Jon Fratelli über The Next Time We Wed:
“It started life like a lot of the songs on In Your Own Sweet Time… as a
completely different song! It morphed from a country song in D Minor to a
disco song in A Major; an unusually bright and warm day in Glasgow may be to
blame for this!”
- The Fratellis are back!
Tourdaten sind bereits in Planung.
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The Fratellis
2017-10-31 22:25:21
Der olle Lindner feiert uns immer noch, obwohl wir schon von Beginn an richtig scheiße waren. High five!
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